Die Autoindustrie hat sich von den einst so wichtigen Großevents in Genf, Frankfurt, Paris oder Tokio weitgehend verabschiedet. Doch auf der CES trumpfen die Autohersteller, die so gerne zu Techkonzernen mutieren würden, diesmal so richtig auf. BMW zeigt mit dem i Vision Dee einen hollywood-reifen Ausblick auf seine neue Elektroklasse, die 2025 mit dem neuen Dreier ihre Premiere feiern soll. Für die große Show hatte sich BMW-CEO Oliver Zipse Arnold Schwarzenegger, David Hasselhoff, sowie die so menschlichen Filmautos Herbie und Kitt auf die Bühne des Pearl Theaters geholt. Die neue Klasse soll nicht mit Großdisplays glänzen, sondern der ideale Kumpan in Straßenverkehr und Leben sein. Der elektrisch angetriebene Dee – Digital Emotional Experience - ist eine Mittelklasselimousine nach Dreier-Vorbild – mit klassischen Drei-Box-Design, kurzen Überhängen und einem reduzierten Innenraum. Besonderer Bedeutung kommt dabei das neue Head-Up-Display zu, das sich nahezu über die gesamte Frontscheibe ziehen soll. Hierbei werden nicht wie bisher die wichtigsten Informationen in den Sichtbereich des Fahrers projiziert, sondern die Frontscheibe dient großflächig als Display der Zukunft.
Gute Laune inklusive

Bei so viel Entertainment hatte es Carlos Tavares schwer, den Stellantis Konzern stilecht in Szene zu setzen. Umso überraschender, dass Tavares zwar mit dem Ram 1500 Revolution BEV auch einen elektrischen Pick Up für die USA ankündigte und die Muscle-Car-Fans mit dem elektrischen Dodge Charger Daytona SRT verzückte. Die große Neuigkeit in der Wüstenstadt war jedoch die spektakuläre Studie des Peugeot Inception Concept, einer 500 kW / 680 PS starken Luxuslimousine im Stile eine gläsernen Raumschiffs, das erst nach 800 Kilometern wieder an die Ladesäule muss. So sieht die neue Elektroplattform aus – bis 2030 will Stellantis-CEO Tavares insgesamt 75 neue Elektroautos zu den Kunden bringen.
Doch bei der CES geht es selbst in der neu erschaffenen Autohalle nicht allein um die Fahrzeuge an sich. Die Großveranstaltung für bis zu 150.000 Fachbesucher ist in erster Linie eine Leistungsschau der Unterhaltungs- und Computerindustrie. Anders als man es von einstigen Automessen in Genf, Detroit, Tokio oder Frankfurt kennt, waren die Autohersteller unter den knapp 2.500 Ausstellern eher kleinere Nebenakteure, denn die Unterhaltungsindustrie zeigt hier neue Displays, Entertainment von morgen, während die IT-Hersteller mit neuesten Prozessoren und Chips glänzen. Es geht um Cybersecurity, smarte Telefone, Sensortechnik und bespielbare Flächen – oft blieb da im Schatten von Samsung, Nikon oder Qualcomm für die sonst so selbstbewussten Autohersteller nur die Rolle des Spartenanbieters. Diesmal drückten die Autohersteller der CES 2023 jedoch lautstark ihren Stempel auf. Kein Wunder, ist die CES längst zur Lieblingsmesse vieler Automarken geworden ist und entsprechend lautstark wird im Las Vegas Convention Center und vielen der großen Hotels am Strip getrommelt.
In diesem Jahr hauen nicht nur Marken wie BMW, Stellantis oder Volkswagen mächtig auf die Pauke. Sony räumte nach zwei überraschenden Messeauftritten endgültig die Zweifel beiseite, dass man ins Autogeschäfts einsteigen möchte. Statt des bisherigen Entwicklungspartners Magna wird zusammen mit dem japanischen Hersteller Honda die neue Elektromarke Afeela ins Leben gerufen, die ab 2026 Elektromodelle produzieren soll. Volvo zeigt erstmals auf dem nordamerikanischen Kontinent sein Aushängeschild EX90 und Volkswagen zieht das Tuch vom ID7, seiner elektrischen Oberklasselimousine. Die soll mit einer Akkuladung locker 700 Kilometer schaffen und damit der elektrische Passat der nahen Zukunft werden. Volvo stellt bei seinem neuen EX90 nicht Design oder Elektroantrieb in den Vordergrund, sondern seine Technikplattform, denn hier setzt der chinesische Schwede mit unzähligen Sensoren, einem Lidar und acht Kameras neue Maßstäbe und will das sicherste Auto der Welt sein.
Mercedes präsentiert neben der coolen Elektroflunder des EQXX auf der Messe nicht nur einen überdimensionalen Superdackel und sein eigenes Ladenetz, mit mehr als 10.000 Schnellladepunkten in den USA, Europa und China, sondern auch die Kooperation mit MN8 Energy. Bis 2027 soll nach Tesla-Vorbild ein Netzwerk – offen für alle Hersteller - von mehr als 400 Ladeparks mit mehr als 2.500 Hochgeschwindigkeitssäulen (bis 350 kW) entstehen. Aus dem Fahrzeug heraus kann der Mercedes-Kunde die Ladesäule reservieren, sodass keine Wartezeiten entstehen.
Togg hat nach der Premiere im vergangenen Jahr seinen zweiten großen Auftritt. Nächstes Jahr soll das erste rein türkische (Elektro-)Auto zunächst im eigenen Land auf die Straße rollen. Bestellt werden kann der elektrische Mittelklasse-SUV ab kommendem Monat in der Türkei und ab Ende 2024 in ganz Europa – nach Gaming-Vorbild. Audi lässt die Fondinsassen mit einer Holoride-Brille in ferne Entertainmentsphären eintauchen, während Hyundai und Kia auf der CES 2023 mit „Zero1Ne“ eine Plattform für kreative Talente zeigen, die ein Ökosystem für Kreative und Start-ups fördern. Zulieferer Continental arbeitet auf dem Weg zum autonomen Fahren zukünftig mit dem amerikanischen Halbleiterhersteller Ambrella zusammen. Konkurrent ZF zeigt auf der CES die nächste Generation von autonomen Shuttles der Stufe 4, die in Innenstädten auf baulich abgetrennten Fahrspuren zur Personenbeförderung eingesetzt werden. Dafür sin die People Mover mit modernster Sensortechnik bestehend aus Lidar-, Radar-, Kamera- und Geräuscherkennungssystemen ausgestattet, die eine präzise Umfelderkennung garantieren. Einfallsreich der beheizbare Gurt von ZF, der nicht nur in Elektroautos für Wohlfühlatmosphäre sorgen soll.