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Bericht zurückgezogen "Tagesschau" geht angeblichem Erfinder auf den Leim – der Mann ist kein Unbekannter

Tagesschau Schwindler
Maxwell Chikumbutso in einem Instagram-Video vor seiner angeblichen Erfindung. Die "Tagesschau" nutzte ein ähnliches Motiv als Aufmacher
© Screenshot Instagram/saithtechgroup
Die "Tagesschau" berichtet online über einen Fernseher, der autonom Energie erzeugen soll, und seinen angeblichen Erfinder. Nach Kritik wird der Beitrag zurückgezogen. Der Protagonist ist allerdings nicht zum ersten Mal negativ aufgefallen.

Man stelle sich einen Fernseher vor, der keinen Strom verbraucht, sondern erzeugt. Und der, wenn ausgeschaltet, sogar als Stromquelle für andere Elektrogeräte dient. Völlig autonom, durch eine Umwandlung von Funkwellen. Klingt zu schön, um wahr zu sein? Ist es wohl auch. Es gibt keinerlei Bestätigung, dass das, wie eingangs angegeben, funktioniert. 

Trotzdem berichtete die "Tagesschau" auf ihrer Webseite in der vergangenen Woche mit der Überschrift "Der Fernseher, der Energie erzeugt" über das Gerät und seinen angeblichen Erfinder Maxwell Chikumbutso. Eine ARD-Afrika-Korrespondentin ließ sich das Gerät offenbar vorführen und erklären und machte dann einen Beitrag daraus. Allein das Gerät auf dem Tisch vor seinem angeblichen Erfinder macht bereits stutzig: Es ist offenkundig kein Prototyp, sondern ein professionell designter und produzierter High-End-Fernseher. Auf dem Instagram-Kanal seiner angeblichen Firma Saith Tech Group schreibt Maxwell Chikumbutso, es sei ein umgerüstetes Samsung-Gerät. Nun, wenn dem so ist, ist die Technologie so winzig, dass sie in das Originalgehäuse passt und das Gerät keinerlei Bearbeitungsspuren aufweist.

"Tagesschau"-Beitrag: Angeblicher Erfinder fiel schon einmal negativ auf

Im "Tagesschau"-Beitrag heißt es weiter, die Technologie wäre von Forschern aus den USA getestet und ihre Funktion bestätigt worden. Von wem und wann genau, bleibt offen. Später räumt die Autorin auf Twitter ein: "Ich habe trotz all meiner Nachfragen keinen Kontakt zu Wissenschaftlern aus den USA bekommen, die laut Maxwell Chikumbutso dessen mutmaßliche Erfindung geprüft und verifiziert haben sollen". Trotzdem wurde der Beitrag veröffentlicht und erst nach Kritik wieder zurückgezogen. 

Auch weitere angebliche Erfindungen des Protagonisten wurden im Text angepriesen: "Straßenbeleuchtung, die nicht mehr solar gespeist wird, sondern mit Funkwellen - auch eine Erfindung von Chikumbutso. Sie leuchten schon in Mexiko und Nordamerika", heißt es. Auch hier wieder ohne weitere Informationen, wo genau die angeblichen Laternen brennen sollen. 

Unabhängig vom eigenen Verständnis für Physik und Elektrotechnik: Dass beim Namen Maxwell Chikumbutso Obacht geboten ist, hätte sich schnell herausfinden lassen. Der Mann aus Simbabwe war vor einigen Jahren schon einmal mit einer ganz ähnlichen Geschichte aufgefallen: Damals wollte er ein E-Auto erfunden haben, dass nicht aufgeladen werden muss. Die Behauptung wurde unter anderem von den US-amerikanischen Fact-Checkern von "AP" und "Snopes" als falsch entlarvt. Die Domain saithgroup.com von Chikumbutsos angeblicher Firma steht mittlerweile zum Verkauf. Auf Instagram werden deren angebliche Innovationen und Events allerdings weiterhin beworben – offenkundig auf der Suche nach Investoren. 

Technologien zur autarken Nutzung von Energie aus der Umgebung – unter anderem auch elektromagnetische Wellen – sind indes kein völliger Mumpitz. An ihnen wird geforscht und entwickelt. "Energy Harvesting" nennt sich das Prinzip, das unter anderem auf der Webseite vom Fraunhofer-Institut näher beschrieben wird. Allerdings, so heißt es dort, "um kleine elektronische Verbraucher zu versorgen". TV-Geräte oder gar Autos fallen ganz offenkundig nicht in diese Kategorie. 

Quellen: Tagesschau.de (archiviert), "Snopes", "AP", Jana Gendt/Twitter,  Fraunhofer, Instagram/saithtechgroup,  

In der Fotostrecke: Es ist geschafft: Das finale Serien-Design des Solar-Elektroautos Sion des Münchener Herstellers Sono Motors steht. Ab Mitte 2023 soll es gebaut werden.

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