Zwei Stunden dauerte die Entwicklerkonferenz Google I/O in diesem Jahr, und in der Zeit zeigte der Suchmaschinenkonzern gleich einen ganzen Reigen neuer Produkte und Dienste. Wir fassen die wichtigsten Neuerungen zusammen.
Google Assistant
Wenn es um Künstliche Intelligenz geht, war Google schon immer weit vorne mit dabei - das zeigten der Smartphone-Assistent Google Now und der Superrechner DeepMind, der jüngst sogar Go-Meister schlagen konnte. Mit dem Google Assistant wendet sich der Konzern nun wieder an Privat-Nutzer: Fragt man den Dienst etwa "Was läuft heute im Kino?", werden einem Filme in einem Kino in der Nähe vorgeschlagen. Bekommt man aber nur Filme ab 16 Jahren vorgeschlagen, weil man sonst eher mit den Kumpels ins Kino geht, kann man auch nach kinderfreundlichen Filmen fragen - und der Assistent sucht direkt passende Filme für die Nachmittagsvorstellung heraus. Kennt man einen Film nicht, gibt's auf Wunsch gleich noch die Durchschnittsbewertungen von Portalen wie RottenTomatoes oder IMDB oben drauf.
Laut eigener Aussage hat Google jahrelang an dem Assistenten gearbeitet und Unternehmens-Chef Sundar Pichai verspricht vollmundig, der Dienst könne mehr als vergleichbare Anwendungen. Die kurze Demonstration im Rahmen der Google I/O wirkte tatsächlich beeindruckend, doch wie er sich in der Praxis schlägt, wird sich zeigen. Und auch die Datenschutz-Debatte dürfte damit noch einmal angefeuert werden.
Google Home: Der smarte Lautsprecher
Eines der Highlights der Google I/O war der zylindrische Lautsprecher Google Home. Er spielt auf Sprachkommandos Musik ab, erstellt Einkaufslisten oder beantwortet Fragen. Ähnliches kennt man bereits von Amazons Echo mit dem persönlichen Assistenten Alexa, doch Googles Lösung scheint noch etwas weiter zu gehen.
Selbstverständlich bietet der Player auch eine Multiroom-Funktion, sodass man denselben Song in unterschiedlichen Räumen hören kann. Das soll nicht nur von Android-Geräten, sondern auch von iOS aus funktionieren. Neben Spotify oder MyTaxi wird standardmäßig auch Whatsapp unterstützt - man könnte also freihändig Nachrichten diktieren. Ob das Gerät hierzulande überhaupt auf den Markt kommt, ist noch nicht klar.
Android N: Updates im Hintergrund
Wird es Nutella? Nuts? Nerds? Wofür das N in Android N steht, weiß Google offenbar selbst noch nicht so richtig. Derzeit befindet sich der Konzern noch auf Namensfindung - und die Community kann dafür Vorschläge einreichen. Deutlich konkreter wurde Google-Manager David Burke hingegen, was die Features des kommenden Mobil-Betriebssystems betrifft. So wurde die Performance verbessert, vor allem die von 3D-Games. Zudem lassen sich Apps zukünftig schneller installieren.
Bei der Sicherheit hat Google ebenfalls seine Hausaufgaben gemacht. Der Konzern bietet mit Android N eine dateibasierte Verschlüsselung an. Und: Android N soll System-Updates automatisch im Hintergrund herunterladen und beim Neustart direkt installieren. Das kennt man ähnlich bereits vom Chrome-Browser. Darauf dürften viele Nutzer gewartet haben.
Neuerungen gibt es auch im Bereich der Produktivität: Mit Android N kann man schneller zwischen zwei Fenstern hin- und herwechseln. Zudem gibt es einen neuen Splitscreen-Modus für Tablets und große Smartphones (Phablets), für Android-TV gibt es einen verbesserten Bild-in-Bild-Modus. Auf Nachrichten kann man zukünftig direkt aus der Benachrichtigungsleiste antworten, ohne die einzelnen Apps starten zu müssen. Android N soll im Herbst erscheinen.
Android VR: Willkommen in der Virtuellen Realität
Mit der Pappkarton-Brille Cardboard sammelte Google vor zwei Jahren erste Erfahrungen mit der Virtuellen Realität. Nun hat man mit der VR-Plattform Daydream, welche direkt in Android N verbaut ist, die nächste Stufe vorgestellt. Passend dazu bringt Google ein Headset auf den Markt, das diesmal vermutlich nicht aus Pappe bestehen wird. Dafür benötigt man außerdem noch ein potentes Smartphone, weshalb Google ein neues Label eingeführt hat: Daydream-ready. Das heißt, dass die Handys genug Rechenpower haben, um VR-Apps ohne nervige Ruckler darzustellen. Zu den Partnern gehören namhafte Hersteller wie Asus, HTC, Huawei, LG und Samsung.
Gesteuert werden das VR-Menü und die Apps über einen Controller, der an eine Fernbedienung erinnert. Google lässt das System aber bewusst offen, sprich: Andere Hersteller können ebenfalls Brillen und Controller bauen.
Zwei neue Apps: Allo und Duo
Google hat auf der I/O 2016 auch zwei neue Anwendungen vorgestellt, welche die Kommunikation erleichtern sollen. Da ist zunächst der Messenger und Whatsapp-Herausforderer Allo. Der Clou: Durch eine Direktanbindung an den Google-Assistenten soll er cleverer sein als die Konkurrenz. Ein Beispiel: Schickt man seinem Gesprächspartner das Foto eines Hundes, ist die Software dank der Bilderkennungstechnologie aus Google Photos in der Lage, zu erkennen, um was für einen Hund es sich handelt - die Textvorschläge reichen dann von "Awww, wie süß" bis zu "Was für ein hübscher Pudel!". Ebenfalls spannend: Der Messenger kann Restaurants in der Umgebung suchen und auf Wunsch direkt einen Tisch reservieren. Wie gut das am Ende vor allem in Deutschland funktioniert, wird man sehen. Das Prinzip erinnert an Facebooks M, in dem ebenfalls mehrere Dienste verzahnt werden.
Die zweite neue App ist Duo, eine Android- und iOS-Anwendung für Videotelefonie. Die Besonderheit: Wenn ein Nutzer anruft, sieht der Besitzer des Telefons bereits eine Videovorschau seines Gesprächspartners, auch wenn er noch gar nicht abgehoben hat. Andersrum funktioniert der Effekt natürlich nicht. Nett, aber nicht spektakulär. Ob das reicht, um Skype und Apples FaceTime vom Thron zu stoßen? Und hat die Welt wirklich noch auf einen weiteren Messenger gewartet? Beide Apps sollen im Sommer zum Download angeboten werden.
Android Wear 2.0: Uhr ohne Smartphone
Smartwatches gelten als das nächste große Ding, doch bislang ist der Markt noch relativ überschaubar. Apple ist mit seiner Apple Watch der Platzhirsch. Das will Google ändern. Mit Android Wear 2.0 hat man die nächste Stufe des Handgelenk-Betriebssystems vorgestellt. Die wichtigsten Neuerungen: Ab sofort gibt es Standalone-Apps, die Anwendungen benötigen also kein gekoppeltes Smartphone, sondern können selbstständig Daten aus dem Netz herunterladen.
Watchfaces erhalten mehr Schnittstellen für Komplikationen, das kennt man bereits von der Apple Watch. Und Android-Uhren unterstützen demnächst die handschriftliche Eingabe, die anschließend direkt in Text übersetzt wird. Auf diese Weise soll man schneller auf Nachrichten antworten können: Alles praktische und nette Änderungen, aber auch kein großer Wurf, der Smartwatches enorm voranbringen wird. Denn bislang mangelt es noch an brauchbaren Apps und wirklichen Nutzungsszenarien, sieht man einmal von Fitness und Benachrichtigungen ab.
Android Instant Apps
Die Pläne waren schon länger bekannt, nun wurde die Technologie offiziell vorgestellt: Auf der Google I/O wurden erstmals die Android Instant Apps gezeigt. Das sind quasi Apps aus der Cloud. Und so funktionieren sie: Bekommt man einen Link zugeschickt - etwa zu einem Rezept in einer Koch-App -, öffnet sich beim Klick des Links die Anwendung, ohne dass man diese zuvor installieren musste. Anschließend kann man ganz normal in der Anwendung durch das Menü wischen oder im System hinterlegte Zahlungsdaten nutzen, etwa bei Shopping-Apps.
Das funktioniert, weil im Hintergrund nur die wirklich benötigten Daten und nicht die ganze App heruntergeladen wurde. Dafür müssen die Entwickler aber ihre Apps in Module unterteilen. Doch der Arbeitsaufwand dafür soll sich in Grenzen halten: Laut Google zerlegt man eine Anwendung in weniger als einem Tag.