Die Lancet-Drone ist der effektivste Panzer- und Artillerie-Killer der russischen Streitkräfte. Die Kamikaze-Drohne kann sich hochpräzise auf ihr Ziel stürzen – sie gehört zur "Loitering Munition" zu den "Herumhängenden Waffen". Dabei ist sie klein genug, um der Luftabwehr zu entgehen. Die Zeit der großen Kampfdrohnen wie der türkischen TB-2 ging im Ukraine-Krieg schnell vorüber. Aus den Jägern wurden Gejagte, die relativ langsamen Groß-Drohnen werden heute über dem Schlachtfeld effektiv bekämpft.
Die kleinen Drohnen hingegen können fast überall gestartet werden und sind schon wegen ihrer Größe und den Baumaterialien von der herkömmlichen Luftabwehr schwer zu erfassen.
Ukrainisches Militär wertet Drohnen-Wrack aus
Eine abgestürzte Lancet konnte vom ukrainischen Militär geborgen werden. Dabei zeigte sich, dass Elektronikkomponenten von Firmen aus den USA und Südkorea die Drohne so tödlich machen. Im Inneren fand sich ein Einplatinencomputer von NVIDIA (Jetson TX2) und ein Zynq-Chip von Xilinx. Xilinx galt als größter Entwickler und Hersteller von programmierbaren Logik-ICs. Heute gehört das Unternehmen zu AMD, der Stammsitz von Xilinx ist San José in Kalifornien. Dazu steckte ein Chip der südkoreanischen Firma SK Hynix in der Drohne. Die Bauteile stehen auf den Sanktionslisten des Westens und sind durch einen Grauimport nach Russland gekommen. Der Weg der gefundenen Bauteile müsste sich zumindest teilweise rekonstruieren lassen, dennoch wird man einen Schmuggel der verbreiteten Allerweltchips kaum verhindern können. Den Jetson TX2 oder vergleichbare Einplatinencomputer kann man in verschiedensten Leistungsstufen einfach im Internet bestellen.
Effektive Präzionswaffe
Die Lancet-3 ist heute im Einsatz, sie kann einen Gefechtskopf von drei Kilogramm Gewicht transportieren. Mit ihm kann sie die Oberseite eines jeden gepanzerten Fahrzeugs durchschlagen. Beton wird bis zu 500 Millimeter aufgebrochen, das reicht für die Feldbefestigungen in der Ukraine. Die ganze Drohne wiegt nur 12 Kilogramm. Es handelt sich nicht um einen Quadcopter, die Lancet fliegt mit zwei Paar Stummelflügeln. Vorn und hinten am Rumpf sind zwei X-förmige Tragflächenpaare angebracht. Die Drohne besitzt einen Elektromotor, der den zweiblättrigen Propeller am Heck antreibt. Auf diese Weise kann sie 40 Minuten in der Luft bleiben. Die Reichweite liegt bei 40 Kilometern. Die Lancet erreicht Geschwindigkeiten zwischen 80 km/h und 100 km/h, wenn sie sich auf das Ziel stürzt, erhöht sie ihre Geschwindigkeit auf 300 km/h. Nachteilig ist, dass sie mit einem Katapult gestartet werden muss und nicht wirklich sicher landen kann, wenn sie kein Ziel findet. Daher wird die Lancet meist im Tandem mit einer wiederverwendbaren Beobachtungsdrohne eingesetzt. Erst wenn diese ein Ziel ausgemacht hat, wird die Kamikaze-Waffe gestartet. Videos von den Einsätzen der Lancet stammen daher auch meistens von dem Beobachter.
Hergestellt wird die Drohne von der ZALA Aero Group, die wiederum zum Kalaschnikow-Konzern gehört. Die Lancet wurde 2019 erstmals vorgestellt und wurde von den Russen bereits in Syrien eingesetzt. Die meisten Kampfdrohnen Russlands konnten sich im Kriegseinsatz nicht beweisen und lieferten nur enttäuschende Ergebnisse. Anders die Lancet: Sie ist äußerst effektiv. Vermutlich auch dank der westlichen Steuerungselektronik.
Stärkere Version vorgestellt
Kürzlich wurde eine neue, stärkere Version angekündigt. Die Lancet-5 soll die Nutzlast auf 5 Kilogramm erhöhen. Auch sollen die Flügel modifiziert worden sein. Das neue Modell soll ein neues optisch-elektronisches Leitsystem und ein Steuersystem mit neuer Software erhalten haben. Die Drohne kann verschiedene Sprengsätze transportieren. Berechnet auf 5 Kilogramm dürfte die Wirkung des thermobarischen Gefechtskopfs enorm sein.
Mit herkömmlicher Munition sind die kleinen Drohnen nur schwer zu treffen. Airburst-Geschosse, die einen Splitternebel erzeugen, können nur von wenigen speziellen Flugabwehr-Maschinenkanonen eingesetzt werden. Die neue Version der Lancet soll eine Schutzbeschichtung gegen Laserwaffen besitzen.
Es ist unklar, ob die Lancet weiterhin auf geschmuggelte Westtechnik angewiesen ist. Anfang März hob Peking die bisherigen Restriktionen für Ausfuhr von kommerziellen Drohnen nach Russland auf. Die Drohnen werden dort militarisiert, sie könnten aber auch die Elektronik für russische Kampfdrohnen liefern.