HTC. Der Name hatte unter Handy-Käufern einmal Gewicht, in der Frühphase der Smartphone-Ära war der taiwanische Konzern einer der Innovationstreiber. Doch mittlerweile steckt HTC in seiner wohl schwersten Krise: Die letzten Quartalszahlen waren desaströs, die Firma rutscht immer tiefer in die Verlustzone. Viele sehen in HTC schon das nächste Blackberry oder Nokia. Mit dem neuen Smartphone-Flaggschiff HTC 10 wollen die Taiwaner nun wieder ganz oben mitmischen. Doch ob das klappt? Wir haben das Smartphone getestet.
HTC 10 setzt auf Kanten
Was schon beim Auspacken auffällt: Einen optischen Neuanfang wagt HTC nicht. Das HTC 10 steckt wie seine drei Vorgänger in einem Unibody-Gehäuse aus Aluminium, das ziemlich robust wirkt. Auf der Rückseite befinden sich erneut die markanten Antennenstreifen. Allerdings sind die Ränder stark abgeschliffen, statt Rundungen regieren Kanten. Ob einem das gefällt, ist Geschmackssache - durch den Schliff wirkt es aber schlanker, als es eigentlich ist. An der dicksten Stelle misst das HTC 10 nämlich satte neun Millimeter. Zudem ist es mit 161 Gramm auch kein Fliegengewicht.
Das Display misst 5,2 Zoll und hat 2560 x 1440 Pixel. Einzelne Bildpunkte sind mit bloßem Auge nicht mehr zu erkennen. Die Schrift wirkt gestochen scharf. Die Farbtreue liegt auf einem Niveau mit dem Galaxy S7, allerdings sind die Kontraste nicht ganz so hoch, was an der verwendeten Display-Technologie liegt (LCD statt AMOLED). Ein Pluspunkt: Die Farbtemperatur lässt sich an den persönlichen Geschmack anpassen. In puncto Helligkeit machen das Galaxy S7 oder Apples iPhone 6s aber eine bessere Figur.
Toll: Das HTC 10 ist das erste Android-Smartphone, das von Haus aus Apples Airplay-Technologie unterstützt. Damit ist es möglich, Musik über passende Lautsprecher oder etwa einen Apple TV wiederzugeben. Unter dem Bildschirm ist beim HTC 10 ein Fingerabdrucksensor verbaut, der zugleich als Home-Button dient. Links und rechts davon befinden sich die Menütasten, die nur leuchten, wenn sie angetippt werden.
Kamera mit großen Pixeln
Und noch eine Neuheit für Selfie-Freunde: Die Frontkamera hat einen optischen Bildstabilisator spendiert bekommen. Dadurch verwackeln Aufnahmen nicht so leicht. Die Frontkamera hat eine 5-Megapixel-Aflösung und eine lichtstarke Blende. Auf Wunsch wird beim Auslösen auch noch das Display strahlend hell, womit es als Blitz-Ersatz dient - diesen Trick hat sich HTC bei Apple abgeschaut. Dort heißt die Technik Retina Flash.
Die Hauptkamera (12 Megapixel) auf der Rückseite setzt wieder auf die sogenannten Ultrapixel, also besonders große Bildpunkte, die mehr Licht einfangen sollen. Die Kamera macht bei Tageslicht gute Bilder, doch die Top-Konkurrenz - Samsungs Galaxy S7, das iPhone 6s Plus, Lumia 950 XL oder das Nexus 6p - sticht sie nicht aus. Bei Dunkelheit sind die Aufnahmen meist etwas heller, sie neigen aber zum Überstrahlen. Hier hätten wir mehr erwartet.
Wie auch das LG G5 hat das HTC 10 einen Laser-Autofokus, mit dem Bilder besonders schnell scharfgestellt werden. Allerdings muss man aufpassen, dass man den Laser beim Knipsen nicht versehentlich blockiert - in unserem Test poppte mehrfach eine entsprechende Warnmeldung auf.
Der verbaute Qualcomm-Prozessor (Snapdragon 820) ist rasend schnell und dürfte auch für die Anforderungen der nächsten Jahre gut gerüstet sein. Der mit 32 Gigabyte eher mager bemessene interne Speicherplatz lässt sich via microSD-Karte erweitern. Lobenswert: HTC verzichtet weitgehend auf überflüssige, vorinstallierte Apps, das ganze Betriebssystem ist schlank gehalten.
Akku und Sound
Der Akku ist mit 3000 Milliamperestunden gut bestückt. Je nach Nutzung kommt man ein bis zwei Tage ohne Steckdose aus. Dank Quickcharge-Technik und USB-C-Anschluss ist der Akku in anderthalb Stunden wieder aufgeladen.
Die HTC-typischen BoomSound-Lautsprecher sind ebenfalls wieder mit an Bord. Das Zwei-Wege-System sorgt für klaren, tollen Sound, selbst die Bässe klingen rund. Im Lieferumfang sind außerdem gute Hi-Res-Audio-Kopfhörer enthalten, die besser klingen als die In-Ear-Kopfhörer der meisten Hersteller.
Fazit: Gut, aber zu teuer
Das HTC 10 ist extrem schnell, edel verarbeitet und hat einige tolle Tricks auf Lager, etwa Apples AirPlay-Technologie oder eine Schnellladefunktion. Etwas unter den Erwartungen bleibt die Kamera. Die knipst zwar gute Bilder, kommt aber nicht an das Galaxy S7 heran. Hier hätte HTC mehr abliefern müssen, um wieder ganz oben mitspielen zu können.
Zusammenfassend muss man sagen, dass das HTC 10 ein solides Top-Smartphone für das Jahr 2016 ist. Es beweist, dass HTC die umstrittenen Experimente der vergangenen zwei Jahre hinter sich gelassen hat. Mit dem HTC 10 macht man nichts verkehrt, doch einen wirklichen Kaufgrund gibt es ebenfalls nicht. Und dafür sind knapp 700 Euro einfach zu teuer. Das ein Jahr alte Galaxy S6 bekommt man etwa schon für 400 Euro, für das bessere S7 legt man immer noch 100 Euro weniger hin als für das HTC 10. Um Marktanteile zu gewinnen, sollte HTC deshalb den Preis nach unten korrigieren.