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Leicht, schlank, teuer Der neue Kindle ist großartig - bis man das Preisschild sieht

Amazons neuer Kindle Oasis ist der leichteste und beste E-Book-Reader aller Zeiten - aber auch der teuerste. Und der hohe Preis ist nicht der einzige Haken. Unser Test verrät, für wen sich der Kauf lohnt.

Nie mehr schwere Bücher schleppen: Vor allem in der Urlaubszeit erfreuen sich E-Book-Reader großer Beliebtheit. Die populärsten Lesegeräte kommen seit Jahren von Amazon, mit dem ersten Kindle hat der Konzern digitale Bücher quasi en vogue gemacht. Doch seitdem ist viel passiert: Die Geräte werden immer schlanker, mit der Tolino-Allianz mischt nun auch der deutsche Buchhandel im Geschäft mit digitalen Büchern mit. Mit dem Kindle Oasis will Amazon nun wieder neuen Schwung in den E-Book-Markt bringen. Wir haben das Gerät getestet.

Leicht, schlank, teuer

Der neue Kindle Oasis ist der schlankste und leichteste E-Book-Reader im Amazon-Portfolio. Zwei Drittel des Gehäuses sind extrem dünn (3,4 Millimeter), ein Drittel ist mit 8,5 Millimetern spürbar dicker. Dort sind die Elektronik und der Akku verbaut. Insgesamt bringt der Kindle Oasis 131 Gramm auf die Waage, damit ist er 36 Prozent leichter als der Kindle Paperwhite.

Die Verarbeitung ist exzellent, was man bei einem Preis von 289 Euro aber auch erwarten darf. Der neue Kindle Oasis wirkt ziemlich stabil, ist aber nicht wasserdicht. Wem das wichtig ist, der muss bei der Tolino-Konkurrenz zugreifen.

Oben und unten ist der Kindle Oasis knapp zwei Zentimeter kürzer geworden, wodurch der E-Reader fast quadratisch wirkt - wäre da nicht der Bildschirm. Der befindet sich nicht mehr mittig, sondern ist asymmetrisch verbaut. Der Bildschirm besitzt wie beim Kindle Voyage oder Paperwhite eine Diagonale von sechs Zoll (15,2 Zentimeter). Der Screen ist scharf, hell und gleichmäßig ausgeleuchtet.

Der Bildschirm dreht sich mit

Auf dem breiten Rahmen sind zudem zwei physische Tasten untergebracht. Damit kann man durch das Menü und die Seiten blättern, außerdem geben sie dem Daumen bei einhändiger Bedienung mehr Halt. Ein versehentliches Blättern ist damit nicht möglich. Natürlich kann der Kindle Oasis auch über den Touchscreen bedient werden.

Die Bauform mutet zunächst merkwürdig an, doch tatsächlich liegt der Kindle sehr gut in der Hand, auch weil sich der Schwerpunkt weiter zum Rand und damit zum Handballen verlagert. Ob man Links- oder Rechtshänder ist, spielt keine Rolle. Ein Lagesensor erkennt, in welcher Hand man den Kindle hält, das Bild dreht sich dann entsprechend um 180 Grad.

Kindle mit wenig Puste

Das minimalistische Design hat aber auch einen Haken: Weil in dem schlanken Gehäuse kaum noch Platz für einen vernünftigen Akku ist, erreicht der E-Reader deutlich kürzere Laufzeiten als die Vorgänger. Die Fachzeitschrift "c't" hat in einem ersten Test unter der aktuellen Firmware (Version 5.7.4) eine Laufzeit von 12 Stunden bei mäßiger Benutzung (zweimal Blättern pro Minute, deaktivierte Hintergrundbeleuchtung) ermittelt. oder anders ausgedrückt: 20.000 Seiten sind mindestens drin. Zum Vergleich: Frühere Modelle schafften beim Lesen ohne Beleuchtung gut 50 bis 80 Stunden.

Um das Akku-Manko auszubügeln, hat sich Amazon einen Trick einfallen lassen. Im Lieferumfang ist eine Leder-Hülle (drei Modelle in Schwarz, Rot und braunem Wildleder) enthalten, die mittels Magneten an der Geräteunterseite befestigt wird. In der Hülle ist ein XXL-Akku enthalten, mit dem der Reader fünf weitere Male aufgeladen werden kann. Damit hält der Reader ein paar Wochen durch. Im Standby sollen so sogar mehrere Monate drin sein, verspricht Amazon. Das konnten wir aufgrund des kurzen Testzeitraums nicht überprüfen.

Die Hülle ist schick und unterstreicht den Premium-Eindruck des Kindle Oasis. Allerdings macht sie das Gerät auch spürbar klobiger: Die Dicke steigt auf einen Zentimeter, das Gewicht auf etwa 240 Gramm.

Neue Systemoberfläche und Schriftart

Die Software-Oberfläche kennen Besitzer des Kindle Paperwhite und Voyage bereits. Die ist etwas moderner, allerdings auch unübersichtlicher, denn neben den eigenen Büchern werden auch Empfehlungen aus dem Amazon-Store angezeigt. Auf Wunsch kann die neue Startseite in den Einstellungen (Geräteoptionen -> persönliche Einstellungen -> Erweiterte Optionen  -> Startseitenansicht) deaktiviert werden, dann sieht man nur noch die eigene Bibliothek. Neu ist dagegen die serifenlose Schriftart Amazon Ember.

Wie bei den Kindle-Lesegeräten üblich ist man an das Amazon-System gebunden. Sprich: Bücher kann man nur direkt bei Amazon kaufen. Andere E-Book-Formate wie das populäre ePub werden von Haus aus nicht unterstützt. Das ist aber auch nur im Ausnahmefall nötig, denn der Kindle Store ist in puncto Umfang (drei Millionen Bücher) immer noch das Maß aller Dinge im E-Book-Sektor.

Fazit: Der Kindle für Luxus-Leser

Der neue Kindle Oasis ist der leichteste E-Book-Reader. Er ist auch einer der ausdauerndsten. Der Haken: Er ist nie beides zugleich. Denn entfernt man die Schutzhülle mit eingebautem Akku, spart man zwar viel Gewicht, reduziert aber die Akkulaufzeit drastisch. Allerdings dürften die meisten Leser ihren Kindle ohnehin in eine Schutzhülle stecken, um das Gerät vor Kratzern zu schützen. Dann ist wiederum der Vorteil des schlanken Readers dahin.

Das Display ist hell und kontraststark, allerdings nur unwesentlich besser als die Bildschirme der günstigeren Modelle. Nichts zu meckern gibt es bei der Verarbeitungsqualität des Readers und der Hülle. Die Software funktioniert ohne Probleme. Lobenswert sind die Blättertasten am Bildschirmrand.

Mit einem Gesamtpreis von 289 Euro richtet sich der Kindle Oasis ausnahmslos an Vielleser mit großem Geldbeutel, die stets die neueste und beste Technik wollen. Denn Geräte mit ähnlich gutem Bildschirm bekommt man bereits für ein Drittel des Preises (Kindle Paperwhite), der Tolino Vision 3 HD ist sogar wasserdicht und übersteht damit auch ein unfreiwilliges Bad in der Wanne. Der Markt für den neuen Kindle Oasis dürfte deshalb überschaubar sein. Doch wer sich das Gerät gönnt, bekommt den wohl besten E-Reader am Markt, der sich deutlich von der Konkurrenz unterscheidet. Wer dagegen nur ab und zu im Urlaub schmökern möchte, greift besser zum günstigeren Kindle Paperwhite 3.

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