Als Masoud S. am Freitagabend das Internet-Video des Amoklaufs sieht, ist er doppelt geschockt. Denn der junge Mann, der dort vor dem McDonald's um sich schießt, ist sein Sohn. Noch während der Einsatz läuft, meldet sich der Vater bei der Polizei. Wenig später weiß er: Sein Sohn David hat neun Menschen erschossen und dann sich selbst.
Bis zuletzt hatte der 18-jährige Schüler bei seinen Eltern gelebt. Die Familie, zu der noch ein jüngerer Sohn gehört, wohnt im zentral gelegenen Münchner Stadtteil Maxvorstadt. Die Eltern stammen aus dem Iran, die Kinder sind in Deutschland geboren. Vater Masoud soll gut deutsch sprechen und ist Taxifahrer, die Mutter arbeitet in einem Kaufhaus.
Eine nette Familie
Die Nachbarn sind geschockt und können es kaum glauben, dass der Täter aus ihrem Haus stammt. "Er war eine gute Person, ein guter Mensch", sagte eine Nachbarin der Nachrichtenagentur AFP über David S. "Er hat gelacht wie ein normaler Mensch." Auch andere Nachbarn haben die Familie als höflich und nett erlebt. Doch in der Wohnung brütete David S., der psychische und schulische Probleme hat, seit mehr als einem Jahr über seinen Amokfantasien.
Die Eltern von David S. stehen unter Schock und sind laut Polizei zunächst nicht vernehmungsfähig. Bei der Durchsuchung finden Ermittler das Buch "Amok im Kopf - warum Schüler töten" sowie Zeitungsausschnitte von früheren Amoktaten. Außerdem steht David auf Ballerspiele wie "Counterstrike", ehemalige Mitspieler sollen ihn aus ihrer Gruppe ausgeschlossen haben, weil er sie bedroht habe.
Eltern suchten professionelle Hilfe
David reist sogar extra nach Winnenden, um sich auf die Spuren des Schülers Tim K. zu begeben, der im Jahr 2009 in einer Schule Amok lief. David ist zum Zeitpunkt der Reise 17 Jahre alt, Winnenden 250 Kilometer von München entfernt.
Die Eltern versuchen, ihrem depressiven Sohn zu helfen - und suchen sich professionelle Hilfe. Von Juli bis September 2015 - kurz nach dem Winnenden-Ausflug - ist David in einer Kinder- und Jugendpsychatrie stationär in Behandlung. Er bekommt Medikamente und besucht auch danach noch einen Psychiater. Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch erklärte, David habe nicht nur an Depressionen, sondern auch unter Angststörungen und sozialen Phobien gelitten.
Doch offensichtlich ist die Behandlung nicht erfolgreich. Für seinen Amoklauf wählt David den Jahrestag des Attentats des norwegischen Massenmörders Anders Breivik.