Angesichts rückläufiger Flüchtlingszahlen in Berlin will die Koalition auf die bisher erwogene Ausrufung einer sogenannten Notlage verzichten und den Bau neuer Unterkünfte vorerst stoppen. 2026 soll lediglich an der Hasenheide noch eine seit langem geplante größere Unterkunft eröffnet werden. Das beschlossen die Spitzen von CDU und SPD bei einer Sitzung des Koalitionsausschusses am späten Donnerstagabend, wie der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und andere Vertreter der Koalition mitteilten.
Demnach ist geplant, sich 2026 auf die großen Unterkünfte Tegel und Tempelhof zu konzentrieren: Am früheren Flughafen Tegel, wo die bestehende Notunterkunft bis Jahresende zunächst leer gezogen werden soll, entsteht ein neues Ankunftszentrum nach EU-Standard mit Platz für 2.600 Geflüchtete. Am früheren Flughafen Tempelhof soll es dem Koalitionsbeschluss zufolge zusätzlich mindestens 1.100 Unterbringungsplätze geben.
Neue Verwendung für Wohncontainer
Weitere zusätzliche Standorte seien 2026 und 2027 auf Basis aktueller Annahmen zur Flüchtlingsbewegung vorerst nicht erforderlich, heißt es im Koalitionsbeschluss. Man bevorzuge stattdessen, Menschen vor allem in bereits genutzten Hotels, Hostels und ehemaligen Schul- oder Bürostandorten unterzubringen. Soweit für neue, bisher geplante Standorte bereits Wohncontainer bestellt seien, könnten diese für die Standorte in Tegel und Tempelhof genutzt werden.
Wegner unterstrich, dass für die Koalition jetzt die Belegung bestehender Flüchtlingsunterkünfte Priorität habe. Allerdings müsse man die Lage stetig beobachten, Flüchtlingsbewegungen könnten sich schnell ändern. Nach Angaben von Finanzsenator Stefan Evers (CDU) wohnen in den Unterkünften derzeit rund 38.800 Flüchtlinge. Mit der Vereinbarung im Koalitionsschuss würden noch einmal zusätzliche 4.000 Plätze "plus x" geschaffen.
Tausende Neuankömmlinge
2024 waren in Berlin gut 21.000 Geflüchtete aufgenommen worden: 10.620 Asylbewerber und 10.408 Ukraine-Flüchtlinge. Das waren rund ein Drittel weniger als im Jahr zuvor. 2025 setzte sich der rückläufige Trend fort. Die Behörden zählten bis einschließlich Oktober 5.104 Asylbewerber und 6.623 Ukraine-Flüchtlinge - zusammen sind das gut 11.700 geflüchtete Menschen.
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Kosten für Geflüchtete fast verdoppelt
Die Kosten für Unterbringung, Versorgung und Integration von Geflüchteten hatten sich in Berlin zwischen 2022 und 2025 auf 2,24 Milliarden Euro fast verdoppelt. In der Koalition gab es deshalb Überlegungen, eine Notlage auszurufen, um sogenannte Notlagenkredite zur Finanzierung aufnehmen zu können. Das ist nun vom Tisch. Nach Einschätzung von CDU und SPD können die Kosten auch so gestemmt werden. Für mögliche zusätzliche Finanzbedarfe sind im Doppelhaushalt 2026/2027 bis zu 870 Millionen Euro pro Jahr als eine Art Reserve eingeplant.