Die Weihnachtsmarktsaison in Hessen steht vor der Tür. Als Folge von Terroranschlägen wie dem in Magdeburg im vergangenen Jahr werden die Sicherheitsvorkehrungen in diesem Jahr weiter hochgefahren. Für die Veranstalter bedeutet das hohe Zusatzkosten.
Hohe Kosten für Sicherheitsmaßnahmen in Marburg
So gibt die Stadt Marburg in diesem Jahr über 100.000 Euro zusätzlich für die Absicherung der zwei Weihnachtsmärkte aus. "Das Sicherheitskonzept ist deutlich umfangreicher und detaillierter als zuvor", sagte der Geschäftsführer des Stadtmarketings Marburg, Jan-Bernd Röllmann. Es umfasse circa 50 Seiten und definiere alle erforderlichen Maßnahmen, ausgearbeitet durch einen zertifizierten Sicherheitsexperten.
Neben den gesetzlich vorgeschriebenen Waffenverboten sieht das Konzept laut Röllmann Zufahrtssperren mit personeller Besetzung für die Durchfahrt der Rettungskräfte, eine Koordinierungsgruppe sowie im Notfall einen Krisenstab mit allen Beteiligten vor. Geplant sind überdies der verstärkte Einsatz von Polizei und Ordnungspolizei sowie engmaschige Kontrollgänge. Die Krisenkommunikation und die Risikobewertung seien ausgeweitet worden, die Zahl der Zufahrtssperren angepasst. Die Zusatzkosten übernehme die Stadt.
Darmstadt hat neue Überfahrsperren angeschafft
Auch in Darmstadt werden die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt. "Neu ist in diesem Jahr, dass die Zufahrten zu den Veranstaltungsflächen teilweise vollständig gesperrt werden", sagt Pressesprecher Frank Horneff. Um die Innenstadt und insbesondere die Bereiche rund um Marktplatz, Ernst-Ludwigs-Platz und Friedensplatz optimal abzusichern, seien für rund 500.000 Euro zertifizierte Überfahrsperren angeschafft worden. Diese könnten künftig auch an andere Kommunen zur Refinanzierung der Ausgaben vermietet werden.
"Die neuen Sperren gewährleisten, dass der öffentliche Nahverkehr weitgehend regulär verkehren kann und die Erreichbarkeit der Fußgängerzone für Bewohner und Gewerbetreibenden gewährleistet ist", führte Horneff aus. Das Sicherheitspersonal werde Zufahrtskontrollen vornehmen.
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"Zudem wurde das Sicherheitskonzept überarbeitet und angepasst. Auf dem gesamten Marktgelände gilt – wie bereits in den vergangenen Jahren – eine Waffenverbotszone, auf die durch zusätzliche Beschilderung hingewiesen wird." Besonders wegen erweiterter Sicherheitsanforderungen sei der Aufwand für die Stadt in diesem Jahr nochmals gestiegen und erfordere einen noch höheren personellen und finanziellen Einsatz.
Frankfurt: Stadt unterstützt Veranstalter bei Investitionen
Auch aus Hessens größter Stadt Frankfurt hieß es, die Kosten für die Sicherheit im Allgemeinen seien in den vergangenen Jahren enorm gestiegen, etwa für Notfall-Durchsage-Anlagen, zertifizierte Sperranlagen und Sicherheitspersonal. Die Sicherheitskonzepte für Feste und Veranstaltungen, so auch für den Weihnachtsmarkt, würden jedes Jahr überarbeitet und den aktuellen Gegebenheiten angepasst, sagte eine Sprecherin der Tourismus+Congress GmbH Frankfurt (TCF). "Details zu einzelnen Maßnahmen und Anpassungen werden nicht veröffentlicht", erklärte sie.
Die Stadt Frankfurt hatte als Gesellschafterin der TCF einen Investitionskostenzuschuss bewilligt, um Investitionen in die Sicherheitsinfrastruktur für öffentliche Veranstaltungen zu ermöglichen.Daraufhin habe man mobile Zufahrtssperren beziehungsweise zertifizierte Anfahrschutz-Systeme angeschafft, führte die Sprecherin aus. Somit müsse die TCF die Sperren nicht anmieten, sondern lediglich die Aufstellung und das Sicherheitspersonal dazu bezahlen.
Enger Austausch mit Sicherheitsbehörden in Wiesbaden und Kassel
In der Landeshauptstadt Wiesbaden seien die Kosten für die Sicherheitsvorkehrungen im Vergleich zum Vorjahr nicht gestiegen, erklärte ein Pressesprecher der Stadt. Alle Sicherheitskonzepte würden fortlaufend den aktuellen Gefährdungslagen und behördlichen Maßnahmen angepasst und mit den zuständigen Polizei- und Gefahrenabwehrbehörden abgestimmt, erläuterte er. Beim Sternschnuppenmarkt 2025 kämen die in diesem Jahr neu angeschafften Zufahrtsschutzsysteme zum Einsatz. "Diese haben sich bereits bei den vergangenen Veranstaltungen in diesem Jahr bewährt."
In Kassel entsprechen die Anforderungen an das Sicherheitskonzept denen aus dem Vorjahr, wie ein Sprecher der Stadt mitteilte. Grundsätzlich würden unter Berücksichtigung aktueller Entwicklungen die Anforderungen an Sicherheitsmaßnahmen im Austausch innerhalb der Sicherheitsbehörden ständig neu bewertet. Daher könne sich eine Veränderung der Maßnahmen auch kurzfristig ergeben. Aussagen zu den Kosten werden seitens des Veranstalters Kassel Marketing dem Sprecher zufolge nicht gemacht.
Steigende Kosten sind zunehmendes Problem
Jan-Bernd Röllmann, der zugleich hessischer Landesvorsitzender der Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland ist, sieht die zunehmenden Kosten für Sicherheitsvorkehrungen mit Sorge. "Unsere Städte werden auf Dauer nicht in der Lage sein, diese finanziellen und personellen Aufwände zu betreiben", sagte er. "Wir sehen bereits jetzt, dass erste Städte ihre Weihnachtsmärkte absagen. Private Veranstalter und Vereine können bereits jetzt diese Anforderungen nicht mehr erfüllen und viele geben resigniert auf."
Hundertprozentige Sicherheit sei nicht möglich, das Risiko auf deutschen Volksfesten jeglicher Art sei extrem gering. "Wir sichern im Moment Risiken in Folge von extrem unwahrscheinlichen Kausalketten ab. Wenn wir das weiterhin so tun, werden Veranstaltungen im öffentlichen Raum immer seltener werden", befürchtet er.
"Die Kostensteigerungen sind schon gravierend und werden ein immer größeres Problem", sagte auch Manuela Siedenschnur vom Hessischen Städte- und Gemeindebund. Wichtig sei, mit Augenmaß die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen individuell und verhältnismäßig auf die jeweilige Veranstaltung abzustimmen.
Aktuell keine Hinweise auf konkrete Gefährdung
Eine konkrete Gefahr für Weihnachtsmärkte sieht das Land derzeit nicht. "Den Sicherheitsbehörden liegen aktuell keine Erkenntnisse oder Hinweise vor, aus denen sich eine konkrete Gefährdung speziell für Veranstaltungen im Zusammenhang mit der Adventszeit, insbesondere für Weihnachtsmärkte, ableiten lassen", erklärte Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Klar sei aber auch, dass es keine hundertprozentige Sicherheit geben könne. "Unser Anspruch ist ein möglichst hohes Maß an Sicherheit", erklärte er.
"Wir wollen, dass die Bürger unbeschwert Weihnachtsmärkte besuchen können", betonte Poseck. "Wir tun alles, damit die Menschen sicher sind und sich vor allem auch sicher fühlen können." Erhöhte Polizeipräsenz, verstärkte Kontrollen und andere Maßnahmen wie Absperrungen und die Durchsetzung des Waffengesetzes trügen zu einem Mehr an Sicherheit bei.
Es komme bei diesem Thema auch auf einen fortlaufenden engen Dialog an, erklärte der Innenminister. Deshalb habe er am kommenden Montag auch zu einer Besprechung unter anderem mit Vertretern der kommunalen Spitzenverbände, der kommunalen Ebene und des Stadtmarketings eingeladen. "Mir geht es weiter darum, Unsicherheiten abzubauen und gemeinsam pragmatisch vorzugehen."