Während im Foyer des Hessischen Landesmuseums für Kunst und Natur Popmusik aus den Boxen läuft, sitzen junge Frauen an den aufgebauten Tischen und knüpfen Freundschaftsbändchen. Sie tragen Taylor-Swift-Shirts oder sind verkleidet als Ophelia. Insgesamt rund 200 Fans der amerikanischen Popikone sind am Sonntagnachmittag zur ersten Swift-Sonderveranstaltung ins Museum Wiesbaden gekommen. Und das, um ein Jugendstilgemälde aus dem 20. Jahrhundert zu sehen.
"Es ist ein Geschenk, es ist großartig", sagt Andreas Henning über den Ansturm der Swift-Fans auf das Museum. Henning ist der Direktor des Museums in dem das Gemälde "Ophelia" von Friedrich Heyser hängt. Der Superstar Swift verschaffte dem Gemälde mit dem Musikvideo zu ihrem neuen Song "The Fate of Ophelia" unerwartete Berühmtheit. Seit der Veröffentlichung ihres Albums "The Life of a Showgirl" am dritten Oktober pilgerten bereits tausende Swifties in das Museum. Allein am vergangenen Samstag seien rund 1.000 Menschen gekommen, um das Bild zu sehen.
Geburtstagsgeschenk von Taylor Swift
In der Anfangsszene des Musikvideos schlüpft Swift in die Rolle der Ophelia und wird zu einem lebendigen Gemälde. Der direkte Vergleich zeigt eine große Ähnlichkeit zum Werk des Jugendstilmalers Heyser (1857-1921) aus der Wiesbadener Sammlung. Das Gemälde sei um die Jahrhundertwende möglicherweise in Dresden entstanden. Seit 2019 werde das Gemälde in Wiesbaden präsentiert.
"Gleich nach dem Release am 3. Oktober haben uns Fans angesprochen und gesagt: Leute, das ist doch euer Gemälde!", sagt Henning. Das eigentlich berühmtere Ophelia-Gemälde sei die Version von John Everett Millais. Das Gemälde von Millais hängt in der Londoner Kunstgalerie Tate Britain.
Henning sieht Swifts Inspiration jedoch eher in der Wiesbadener Version. "Wir nehmen es als Geschenk von Taylor Swift, dass sie gerade jetzt in unserem Geburtstagsjahr ein Gemälde aus unserer Sammlung ausgewählt hat." Das Museum feiert in diesem Jahr das 200-jährige Bestehen.
Museum stellt sich auf den Hype ein
Das Museum wolle sich nun verstärkt auf den Hype rund um das Gemälde einstellen. Es soll umgehängt werden, um es besser zugänglich zu machen. Zudem sei eine Medienstation entwickelt worden, an der Informationen ablesbar sind. Und mit Veranstaltungen rund um das Gemälde sollen junge Menschen auch nachhaltig für Kunst begeistert werden.
Zur ersten Veranstaltung dieser Art ist Emma Sawadsky ins Museum nach Wiesbaden gekommen, ihre Mutter Bärbel hat sie auch mitgebracht. Das Album habe sie mittlerweile mehr als 80-mal durchgehört, auch das Musikvideo habe sie sich mehrfach angeschaut. "Ich hab das Gefühl, dass sie Gefühle, die ich nicht ausdrücken kann, in ihren Songs ausdrückt", sagt sie über die Künstlerin.
Wilma Estelmann von den "Freunden des Museums Wiesbaden" freut sich über die vielen jungen Leute im Museum. Sie hat sich getreu der Veranstaltung verkleidet. Die 74-Jährige trägt ein Paillettenkleid, das verdächtig nach Taylor Swift aussieht. "Seit drei Wochen sind wir ja alle im Swiftie-Fieber hier im Museum", sagt sie. "Ich finde es so toll, dass junge Leute kommen, dass Menschen kommen, die nicht so museumsaffin sind."
Fans lassen sich im Museum inspirieren
"Das Schöne ist, dass die Swifties sich nicht nur das Gemälde anschauen, sondern sich dann auch durch das Museum weiterbewegen und neugierig sind", sagt auch Museumsdirektor Henning. Die Swift Fans würden sich im Museum inspirieren lassen. Henning selbst sei noch kein Swiftie, aber er lerne jeden Tag dazu, was zum Kosmos dazugehöre, sagt er. Und: "Dieser Song geht natürlich auch mir nicht mehr aus dem Ohr."