Metzgermeister Franz Richter in Leipzig sorgt in diesen Tagen dafür, dass seine Kundschaft zu Weihnachten nicht ohne Festbraten dasteht. Deshalb hat er seine Weihnachtsware, die er sonst frisch zum Fest anbieten würde, teilweise früher geholt. Er friert sie ein, weil Höfe im Umland wegen Vogelgrippegefahr früher schlachten mussten. "Sonst riskieren wir vor Weihnachten Engpässe und müssten auf Auslandsware zurückgreifen." Rund 160 Gänse und Enten hat er im Angebot, dazu Wild und Kaninchen. Reh und Hirsch würden immer stärker nachgefragt, ebenso Rouladen. "Der Dezember ist unser wirtschaftlich wichtigster Monat."
Die regionale Gans liege preislich auf Vorjahresniveau, Liebhaber von Rinderbraten zum Fest müssten deutlich tiefer in die Tasche greifen. Einen Trend sieht Richter: Der "Braten to go" – vorbereitete oder bereits gegarte Stücke – läuft stark. Fast ein Fünftel der Kundschaft nutzt den Service inzwischen.
Vorbestellungen laufen langsam an
Mit Versorgungslücken rechnet der Sächsische Fleischer-Innungs-Verband trotz Vogelgrippe nicht. Der durchschnittliche Gänsepreis im Bundesgebiet für die Betriebe im Einkauf liege bei durchschnittlich 19,30 Euro pro Kilogramm, sagt Geschäftsführer Lars Bubnick - eine Erhöhung um 53 Cent zum Vorjahr. Endverbraucher kämen damit beim Frischgeflügel im Durchschnitt auf 20 bis 30 Euro je Kilogramm.
"Ein moderater Anstieg. Jeder wird seinen Festbraten bekommen." Allerdings erschwere es den Betrieben die Arbeit, dass viele Bestellungen erst Mitte Dezember eingingen. "Dabei müssen Tierhalter und Verarbeiter früh planen." Der Trend gehe zu Fleischstücken statt ganzen Tieren, viele Menschen feiern in kleinerem Rahmen. Die Nachfrage nach Gänsebraten zum Abholen steigt – meist in einer Box, mit Soße und auf Wunsch auch mit Beilagen.
Unabhängig vom Weihnachtsgeschäft legte der Fleischverbrauch in Deutschland erstmals seit Jahren wieder zu, laut aktuellen Zahlen der Fleischerinnung auf 53,2 Kilogramm pro Person. "Besonders Geflügelfleisch wird jedes Jahr beliebter", so Bubnick.
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Teuerung bei polnischen Gänsen
Trotz Vogelgrippe und allgemeinen Preissteigerungen: Auch der Sächsische Geflügelwirtschaftsverband sei froh, dass der allgemeine Preis im Freistaat für Gänse aus Haltung mit hohen Standards weiter zwischen 18 und 22 Euro pro Kilogramm liegen könne, sagt Geschäftsführerin Katharina Standke. Ab nächstem Jahr jedoch rechnet sie wegen der Mindestlohnerhöhung mit deutlich steigenden Preisen.
Die Importware hingegen sei wegen der Vogelgrippe teils deutlich teurer geworden – polnische Gänse hätten im Großhandel Preisaufschläge von bis zu 120 Prozent. "Mit Blick auf Weihnachten ist zu vermuten, dass die polnische Frischware aufgrund vieler dortiger Vogelgrippe-Fälle knapp wird", so Standke. In Sachsen selbst ist die Lage entspannt: Vier Brütereien produzieren jährlich rund 406.000 Küken. Nur ein Putenbestand war in diesem Jahr von Vogelgrippe betroffen.
Weihnachten im Restaurant
In den Restaurants in Sachsen laufen die Vorbereitungen für die Festtage ebenfalls auf Hochtouren. "Weihnachtsfeiern sind vielerorts ausgebucht", sagt Axel Klein vom Dehoga Sachsen. Auch die Vorbestellungen für Gänsebraten und Co seien gut: "Plätze an den Festtagen sind größtenteils reserviert, unter der Woche ist vereinzelt noch etwas frei." Wer sparen will, greift zunehmend zu Entenbrust.
In der Zeit vor Weihnachten steigt die Nachfrage nach Wildfleisch stark an, beobachtet Udo Lüttschwager vom Sachsenforst, Forstbezirk Adorf (Vogtland). "Besonders in waldreichen Gegenden des Erzgebirges und Vogtlandes werden in dieser Jahreszeit die Wildlager leergekauft." Angeboten werde Rotwild, Schwarzwild, aber am beliebtesten sei Rehfleisch. "Es ist sehr edel, kurzfasrig, schmackhaft."
Bis zu 700 Rehe werden im Adorfer Bezirk pro Jahr geschossen und das Fleisch zum Teil direkt für die Kundschaft aufbereitet - der Rest wird an Gaststätten oder Händler verkauft. "Die Preise sind stabil." Ein Kilogramm Keule kostet 21 Euro, Rücken 28 Euro – unabhängig von der Tierart.
Vegane Alternativen
Währenddessen rüstet sich in Dresden die Vegane Fleischerei für ein Rekordjahr. Im vergangenen Jahr produzierte sie 5.000 Festtagsbraten, diesmal bietet sie 12.000 an, wie Geschäftsführer Nils Steiger sagte. "Wir gehen davon aus, dass wir noch vor den Feiertagen ausverkauft sein werden." Die Manufaktur setzt auf hochwertige Seitanbraten mit Soße und weihnachtlichen Aromen wie Lebkuchen, Aprikosen oder Datteln. Auch der vegane Sauerbraten oder Pflaumenbratwurst seien beliebt. Die Kundschaft wolle auf Fleisch wegen der Zustände in der Tierindustrie verzichten, aber nicht auf das gemeinsame Festessen, so Steiger. Oft bestelle eine Familie, weil Kinder oder Enkel vegetarisch oder vegan lebten.
Auch in Großröhrsdorf (Landkreis Bautzen) entstehen Alternativen zum klassischen Festtagsbraten – durch Fermentation. Das Unternehmen Nosh.bio weitet die Produktion des sogenannten Koji-Proteins aus - ein Myzel, das für fleischähnliche Anwendungen geeignet ist. Der Fokus liegt auf alternativen Hackprodukten. "Unser Koji-Protein liefert eine natürliche, nahrhafte und fleischähnliche Textur", teilt das Unternehmen mit. Für Weihnachten eigne es sich etwa für Hackbraten-Aufläufe, eine Alternative für Beef Wellington oder Soßen. Der Myzelansatz aus Pilzen punktet mit niedrigen Produktionskosten und kleiner CO2-Bilanz – Eigenschaften, die gerade in der festlichen Küche zunehmend gefragt seien.