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Behindertenausweis Beinamputiert heißt noch lange nicht schwerbehindert – jedenfalls in Kiel

Posse um Behindertenausweis: Beinamputiert ist nicht schwerbehindert
Mit Behindertenausweisen werde "viel Schindluder getrieben". Diesen Ausflug nach Kiel wird Gerhard Roch so schnell nicht vergessen
© Roch
Einem beinamputierten Rollstuhlfahrer wurde von der Kieler Verkehrsgesellschaft die Behindertenermäßigung verweigert. Grund hierfür soll sein "falscher" Behindertenausweis sein. Dieser stamme nämlich aus Österreich.

Behindertenermäßigung nur für Deutsche? Was absurd klingt, ist in Kiel offenbar so passiert. Wie zuerst die "Kieler Nachrichten" berichtet hatten, wollte der Kielbesucher Gerhard Roch gern die öffentlichen Verkehrsmittel in Kiel nutzen. Hierfür legte er beim Fahrkartenkauf seinen Behindertenausweis vor. Für gewöhnlich erhält man damit eine günstigere Fahrkarte, um die Beschwerlichkeiten, die der Nahverkehr für körperlich Eingeschränkte mit sich bringt, zu erleichtern.

Diese Erleichterung wurde ihm jedoch verwehrt. Sein Behindertenausweis stammt nämlich aus Österreich, was offensichtlich ein Problem darstellte. Wiebke Bonow, zuständige Abteilungsleiterin für ÖPNV beim Kieler "Eigenbetrieb Beteiligungen", verteidigte die Handlungsweise mit den Worten "Die Regeln sind eindeutig: So wie alle Verkehrsunternehmen in Deutschland akzeptieren auch wir nur deutsche Schwerbehindertenausweise mit Wertmarke und Angabe des Behindertengrades."

Der Einwand, dass ein Ausweis nur das ausweisen solle, was nicht ohnehin offensichtlich sei, führte nicht zum Erfolg. "Die bestehenden Regularien lassen aus unserer Sicht keinen Ermessensspielraum zu", legte KVG-Geschäftsführer Andreas Schulz in den "Kieler Nachrichten" nach.

Schindluder mit Behindertenausweisen

Es werde erstens mit Behindertenausweisen "viel Schindluder getrieben", sodass die Ablehnung Herrn Roch gegenüber völlig zurecht geschehen sei. Zweitens würden bestehende Verträge mit anderen ortsansässigen Verkehrsbetrieben eine Ermäßigung verbieten, da den Vertragspartnern unrechtmäßig Geld entzogen würde. Nämlich der Betrag, um den Gerhard Rochs Fahrkarte ermäßigt worden wäre. 

Die Sichtweise, dass Roch, wie auch andere Kielbesucher, durch diese Argumentationsweise abgeschreckt sein könnten, den Kieler Nahverkehr überhaupt zu nutzen und somit keinerlei Fahrtgelder bei den Verkehrsbetrieben landen würden, spielte offenbar keine Rolle.

Inzwischen erklärte sich Gerd Radisch, Bürgermeister des bei Kiel gelegenen Schönkirchen, gegenüber dem stern bereit, dem Betroffenen den Fahrpreis zu erstatten und somit die Unannehmlichkeiten für Gerhard Roch zumindest ein wenig abzumildern. Was andere ausländische Kiel-Touristen mit Beeinträchtigungen von der strikten Haltung der Verkehrsbetriebe halten, bleibt allerdings offen.

km

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