Vor der Entscheidung über eine Impfpflicht am kommenden Donnerstag im Bundestag haben Akteure im Gesundheitswesen einen Kompromiss gefordert. "Wenn es keine Mehrheit für eine Impfpflicht ab 18 Jahren gibt, brauchen wir als Kompromiss eine Impfpflicht ab 50", sagte der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, der "Welt am Sonntag". Wer sich so vor einem schweren Verlauf schütze, "entlastet damit die Kapazitäten im Krankenhaus".
"Wenn gar keine Impfpflicht zustande kommt, steht auch die einrichtungsbezogene Impfpflicht infrage", fuhr Gaß fort. Diese sei dann den betroffenen Krankenhaus-Beschäftigten nicht mehr zu erklären.
Auch der Präsident der Bundeskammer, Klaus Reinhardt, hält einen solchen Kompromiss für sinnvoll. Eine Impfpflicht ab 50 "wäre ein guter Schritt, um eine mögliche Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern", sagte er der Zeitung. Sie erfasse die Altersgruppe, die ein erhöhtes Risiko für Infektion, Hospitalisierung und schweren Krankheitsverlauf trage.
Neun Menschen erzählen, warum sie sich nicht impfen lassen

"Eine generelle Impfgegnerin bin ich nicht. Vor drei Wochen erst habe ich mich gegen Tetanus impfen lassen. Ich weiß, dass in meiner Altersklasse von 10.000 mit Covid-19 infizierten Menschen im Schnitt nur drei sterben. Dieses Risiko halte ich für vertretbar, denn ich kenne meinen Körper und vertraue auf mein gutes Immunsystem. Über meine Zweifel an den Impfungen spreche ich stets offen. In meinem Freundeskreis halten wir diese Spannungen gut aus. Das würde ich mir auch für den öffentlichen Diskurs wünschen. Denn es gibt einfach zu viele Menschen wie mich, die Fragen haben und deren Stimmen in den Medien kein Gehör finden. Ich informiere mich daher inzwischen zur Hälfte in den sogenannten alternativen Medien, auch wenn sie stark in der Kritik stehen."
Die Impfpflicht ist umstritten. Am kommenden Donnerstag soll der Bundestag endgültig entscheiden, ob eine Impfpflicht gegen das Coronavirus kommt, für wen sie gelten soll und wie sie umgesetzt werden könnte. Allerdings war zuletzt unklar, welches der konkurrierenden Modelle eine Mehrheit bekommt. Auf dem Tisch liegen unter anderem Anträge für eine Impfpflicht ab 18 Jahren sowie ab 50 mit vorgeschalteter Beratungspflicht – jedoch auch Anträge gegen jede Pflicht.
Die Union will bei dem Votum in der kommenden Woche geschlossen für ihren eigenen Vorschlag stimmen, der eine spätere Entscheidung über eine mögliche Impfpflicht vorsieht. CDU- und Unionsfraktionschef Friedrich Merz twitterte am Samstag, Anfang des Jahres habe es "bessere Gründe für eine Impfpflicht" gegeben. Eine Überlastung der Krankenhäuser sei derzeit "nicht beobachtbar".