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Selbstliebe, Körperhaare, Sexualität Influencerin Rebecca Chelbea: "Es ist immer noch ein Akt der Rebellion, sich als Frau nicht zu rasieren"

Rebecca Chelbea sitzt in einem Feld
Rebecca Chelbea lebt in Wien. Sie arbeitet als Influencerin und postet auf Instagram Inhalte zu Selbstliebe und Körperakzeptanz.
© Lauri Melone
Es ärgert Rebecca Chelbea, dass ein paar Haare an den Beinen einer Frau so eine riesige Sache sind. Auf Instagram möchte sie für andere Frauen ein Vorbild sein – es ihnen leichter machen, ihren Körper so zu akzeptieren, wie er ist. Ein Gespräch über Selbstliebe, Körperhaare, Selbstfindung und Sexualität.

Auf Instagram zeigst du dich mit unrasierten Achseln und Beinen – du setzt dich dafür ein, Körperbehaarung bei Frauen zu normalisieren. Wie kamst du dazu?

Rebecca Chelbea: Es hat mit meiner persönlichen Geschichte zu tun – als Kind war es mir gar nicht bewusst, dass ich eine stärkere Körperbehaarung habe als andere. Doch ich lernte es schnell durch die Kommentare der anderen Kids. Ich habe persische Wurzeln und dadurch vielleicht auch dunklere Haare am Körper und ein paar mehr. Ich wurde damals bodygeshamed. Was sie gesagt haben, hat mich geprägt – bereits mit 13 Jahren fing ich an, meinen Körper zu enthaaren.

Ziemlich schnell ist es dann zu einer Obsession geworden – es hat sich so angefühlt, als müsste ich es tun, um nicht als komisch oder anders wahrgenommen zu werden. Ich wollte akzeptiert werden. Irgendwann ist mir bewusst geworden, dass ich meinen Körper gerne so annehmen möchte, wie er ist. Ich war damals auf Reisen in Lateinamerika und ich habe mich dazu entschieden, eine Challenge zu machen: vier Wochen keine Enthaarung. Daraus wurden schnell sechs Monate. Es hat mir extrem geholfen, mich so anzunehmen, wie ich bin.

Und warum ist dir das so wichtig?

Ich finde es so wichtig, weil diese Haare ein Teil von mir sind und ich es abnormal finde, dass ich und andere weiblich gelesene Personen lernen, in den Spiegel zu schauen und ihre Körperbehaarung eklig zu finden. Oder sich nicht zu erlauben, ins Schwimmbad zu gehen, weil sie sich nicht rasiert oder enthaart haben – warum ist das normal? So sehr ich mir wünsche, dass es banal ist, so ist es noch immer ein Akt der Rebellion, die Beine, Achseln oder den Intimbereich als Frau nicht zu rasieren.

Deine Follower:innen hast du auch schon mehrmals zu einer Haarwachs-Challenge aufgerufen. Wie waren die Rückmeldungen?

Ich habe es Haarmony-Challenge genannt – vier Wochen ohne Enthaarung. Das Feedback von meinen Follower:innen war unwahrscheinlich schön. Einigen ist es schwergefallen, anderen wiederum nicht. Es war schön zu sehen, wie viele Frauen dabei mitgemacht haben. Ich bekomme immer wieder das Feedback, dass sich weiblich gelesene Menschen durch meinen aufklärerischen Content selbst mehr annehmen können. Und das ist für mich die allerschönste Rückmeldung – ich hätte mir früher so ein Vorbild gewünscht. Ich hätte mir gewünscht, dass ich in Medien eine Frau oder eine weiblich gelesene Person mit Axelhaaren sehe oder mit Haaren auf den Beinen.

Du sprichst auch oft über Selbstliebe.

Ich finde es besonders wichtig, auch in schlechten Momenten oder schlechten Tagen für sich selbst da zu sein – sich auch in solchen Situationen zu akzeptieren. Sich selbst die beste Freundin zu sein, ist ein guter Leitgedanke, um einen liebevollen Umgang mit sich selbst zu pflegen.

Wie hast du es geschafft, selbst liebevoll mit dir umzugehen?

Ich glaube, das war einfach ein stetiger Prozess. Für mich war es wichtig, mich mit meinen Gedanken auseinanderzusetzen. Ich habe irgendwann erkannt, dass ich die Wahl habe, ob ich fiesen Gedanken nun Glauben schenke oder nicht. Ich habe gelernt, in meine Gefühlswelt einzutauchen, keine Gefühle zu unterdrücken und für meine Bedürfnisse einzustehen.

Was sind deine Tipps für alle, denen es noch schwerfällt, sich selbst zu akzeptieren?

Zunächst ist es wichtig, ein Bewusstsein zu entwickeln, dass du einen Körper hast, aber nicht nur der Körper bist. Es ist super, dass wir dieses Werkzeug haben und wir werden in unserem Leben auch nur diesen einen bekommen. In unserer Gesellschaft neigen wir dazu, uns so sehr darauf zu konzentrieren, wie unser Körper aussieht, dass wir ganz vergessen, dass uns so viel mehr auszeichnet als der Körper.

Und wie kann ich das ganz einfach umsetzen?

Auf Social Media sollte man nur Accounts folgen, die inspirierend und motivierend sind. Accounts folgen, die eine ähnliche Körperform präsentieren, verschiedene Perspektiven suchen und sehen, wie divers die Welt ist, und das mehr in das eigene Leben holen.

Sich in den eigenen Körper einzufühlen, darauf zu achten, was ich sehe, höre, rieche, schmecke oder auch mal barfuss zu gehen, hilft im Moment anzukommen und ein Bewusstsein für den eigenen Körper zu schaffen.

Wenn dein Körper eine Pause benötigt, gönnst du dir Ruhe. Hattest du schon immer so ein Gespür dafür, was dir gut tut?

Ich hatte schon immer eine starke Verbindung zu meiner Intuition. Ich hatte zwar schon immer ein gutes Körpergefühl – das heißt aber nicht, dass ich schon immer darauf gehört habe. Für mich ist es immer hilfreich, sich auch an hektischen Tagen einen Moment zu nehmen, um in mich hineinzufühlen und mich zu fragen, wie es mir geht und was ich gerade brauche. Und die Bedürfnisse auch zu kommunizieren. Habe ich zum Beispiel meine Menstruation und habe ich starke Schmerzen? Werfe ich mir eine Pille ein oder kommuniziere ich, dass ich jetzt eigentlich ins Bett muss?

Studien zeigen, dass Menschen durch Social Media unglücklicher gemacht werden, weil sie sich vergleichen und weil sie denken, ihr Leben ist vielleicht langweilig oder nicht so perfekt. Wie blickst du darauf?

Wir verbringen einfach viel Zeit auf Social Media und wenn man das tut, dann sollte man einfach reflektieren, welchen Accounts man folgt. Es gibt viele Accounts, die wirklich inspirieren, die dazu aufrufen, Gefühle zu fühlen und eben für Diversität stehen. Und das finde ich mega hilfreich. Ich folge keinen Accounts, die bei mir Druck auslösen. Ich habe ja in der Hand, was mir in meinem Feed gezeigt wird.

Als Frau die Haare nicht zu entfernen oder keinen BH zu tragen, kann in unserer Gesellschaft dazu führen, dass man komisch angeschaut wird, sexualisiert wird oder einem einfach dumme Sprüche an den Kopf geworfen werden. Wie gehst du damit um?

Ich möchte mir die Freiheit nicht nehmen lassen, keinen BH zu tragen oder mich nicht zu rasieren, nur weil mir von außen suggeriert wird, dass es falsch ist. Aber grundsätzlich ist es einfach ärgerlich. Es ist ärgerlich, als Frau sexualisiert zu werden, nur weil ich Nippel habe und das bei einer männlich gelesenen Person einfach nicht so ist. Wir müssen das Problem an der Wurzel packen – die Lösung kann nicht sein, dass sich alle Frauen einen BH anziehen müssen. Wir müssen uns fragen, warum sich Menschen das Recht herausnehmen, andere Körper zu beurteilen, zu objektifizieren oder zu sexualisieren. Da muss angesetzt werden.

Und du hast deine letzte Beziehung auf Instagram recht offen geteilt und hast dich dann auch entschieden, dafür dein Outing öffentlich zu machen. Warum ist es dir wichtig, dass auch diese Bereiche deines Lebens Teil deines Profils sind und damit ja auch in einer gewissen Öffentlichkeit stehen?

Es ist leider noch so, dass Menschen aus der LGBTQIA+-Community diskriminiert werden und dass es leider nicht normal ist. Menschen werden auch heute noch wegen ihrer Sexualität ermordet. Man kann es nicht überall auf der Welt öffentlich zeigen. Genau deswegen finde ich es persönlich wichtig, dass ich es auch nach außen kommuniziere, weil ich mich sicher fühle und die Kapazität dafür habe. Es sorgt für mehr Akzeptanz und ich kann vielleicht Menschen motivieren, dass sie auch mehr zu sich stehen.

Du hast dich mit 30 geoutet. Findest du es in unserer Gesellschaft, wo Heterosexualität als normal gilt, schwierig, die eigene Sexualität zu finden?

Ich kann da auch ein Lied von singen, weil ich in einer total heteronormativen Blase aufgewachsen bin. Und in diesem Umfeld irgendwie herauszufinden, dass meine Sexualität vielleicht fluide ist, ist schwierig. Ich wurde in eine heteronormative Welt hineingeboren und man geht einfach direkt davon aus, heterosexuell zu sein. Wer es nicht ist, braucht ein Outing. Darum hat es für mich lange gedauert und ich hatte eben erst mit 30 Jahren mein Outing. Ich fand auch vorher schon Frauen attraktiv, aber ich habe mir nie diese Erlaubnis gegeben zu sagen: Okay, ich zähle mich zur queeren Community. Ich musste erst lernen, dass ich mich zur queeren Community zählen darf.

Denkst du, dass wir mehr Vorbilder bräuchten?

Ja, absolut. Repräsentation ist alles. Es ist so wichtig, dass im TV, in Magazinen, auf Social Media überall auch diverse Vorbilder gezeigt werden. Ob es jetzt mehrgewichtige Personen sind, queere Menschen, Menschen mit Migrationshintergrund, People of Color – wir brauchen viel mehr Repräsentation dieser Gruppen. Ich sehe jetzt in Bezug auf die queere Community schon ein bisschen Fortschritt in den Medien. Es gibt inzwischen ein paar Serien, die einfach queere Personen und ihre Beziehungen zeigen, ohne dass nur ihre Probleme gezeigt werden.

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