Etwas verwunderlich ist es schon, dass trotz der zunehmenden Digitalisierung immer noch so viele Menschen "echte" Lektüre kaufen. Andererseits ist es auch ein gutes Zeichen, dass immer noch so viele Leser ein gutes Buch zu schätzen wissen. Aus diesem Grund finden Sie die stern-Besteller der Printausgaben, die jeden Donnerstag veröffentlicht werden, ab sofort auch online. Hier sind die Belletristik- und Sachbuch-Bestseller aus dem Februar 2023.
"Drei Frauen und ein falsches Leben" von Dora Heldt
Wieso, wird sich der männliche Bücherleser angesichts dieses Titels fragen: Drei Frauen? Falsches Leben? Quatsch! Das hört sich definitiv eher nach Spaß und Lust ohne Ende an! Denkste. Die Hamburgerin Dora Heldt, 1961 auf Sylt als Bärbel Schmidt und Tochter eines Bundeswehrsoldaten geboren, beschäftigt sich im dritten Band ihrer "Haus am See"-Reihe nicht mit den Wonnen polyamorer Sex-Experimente. In ihrer Fortsetzungsgeschichte dreier Freundinnen seit Kindertagen geht es um zerplatzte Lebensträume, um Pflegeheime, alleinerziehende Mütter, Verstrickungen ins Nazi-Regime und darum, dass einzig mit der Kraft der Erinnerung der Weg in die Zukunft gelingen kann. Uff. Harter Tobak. Spätestens jetzt, lieber männlicher Bücherleser, ist bei Ihnen ja wohl Schluss mit lustig, oder? Hier gibt es das Buch.
"Five Days Only. Das Scheinfasten-Kochbuch" von Barbara Becker, Franca Mangiameli
Ein Kochbuch fürs Fasten? Das klingt so einleuchtend wie Schokolade ohne Kakao. Doch das Konzept von "Fitness-Ikone" (Verlagswerbung) und Becker-Ex Barbara beruht mehr auf Ernährungstipps, die dem Körper Hunger vortäuschen, als auf Totalverzicht. Das schafft doch jeder, raunt die 56-Jährige ihren Lesern zu. Uns gefällt am besten das Ende ihres Fünftagesplans, sie nennt es "Re-Feeding". Kennen wir gut. Bei uns heißt das: "Wer geht mit in die Kantine?" Hier gibt es das Buch.
"Mein Leben in deinem" von Jojo Moyes
Wie wir alle habe auch sie ein paar harte Jahre hinter sich, sagt die Britin, nun wollte sie sich und uns mal was Lustiges gönnen. Prompt fiel ihr diese Geschichte zweier Frauen ein, deren Leben sich durch verwechselte Sporttaschen und Schuhe auf den Kopf stellt. Bei den jeweiligen Ehemännern bleibt alles beim Alten: Der eine ist ein Arsch, der andere sitzt nur auf dem Sofa. Mit den Jahren werde ihr "die Bedeutung von Frauenfreundschaften bewusster", sagt Moyes, 53. "Gehe hundert Schritte in den Schuhen eines anderen, wenn du ihn verstehen willst", sagt ein indianisches Sprichwort. Der Autor dieser Zeilen sagt: "Ich habe mich in der Morgenkonferenz umgeschaut. All die ausgetretenen Sneaker am Redaktionstisch haben jeden Gedanken an Experimente im Keim erstickt." Hier gibt es das Buch.
"Die 1-Minuten-Strategie" von Carsten Lekutat
Sechs Titel dieser Top Ten heben noch "Dieses Jahr aber wirklich"-Vorsätze aufs Tableau. Doch nun steigt einer ein, der schon vom baldigen Ausstieg der übrigen kündet: "Die 1-Minuten-Strategie". Es geht um minikleine Vorsorgetricks im Alltag, die nicht nur gesund halten, sondern auch das schlechte Gewissen bekämpfen, an den größeren Vorhaben der Listenplätze 2, 3, 5, 7 und 10 schon im Februar wieder gescheitert zu sein. Eindeutig: unser liebster Neueinstieg. Hier gibt es das Buch.
"Whitestone Hospital – Drowning Souls" von Ava Reed
Kein Jahr ist vergangen, seit Leserin Laura die Lektüre von Band 1 der Whitestone-Hospital-Reihe auf goodreads.com so kommentierte: "Der Cliffhanger am Ende war richtig mies. Ich brauche Band 2!" Nun ist er da, und endlich wird geklärt, was nach der Fahrstuhlexplosion Fürchterliches geschah. Wieder geht es um liebeshungrige Krankenschwestern und schmucke Stationsärzte, wieder ist Halligalli in der Notaufnahme und rund um die OP-Tische. Und wieder denkt man: Lieber Gott, lass mich nie vom Fahrrad stürzen und in ein notgeiles Krankenhaus eingeliefert werden! Leserin "catching_words" teilt diese Sorge offenbar nicht, auf lovelybooks.de schreibt sie: "An die fiesen Cliffhanger werden wir uns wohl gewöhnen müssen. Ich freue mich schon sehr auf Band 3!" Hier gibt es das Buch.
"Islam" von Hamed Abdel-Samad
Der Politikwissenschaftler Hamed Abdel-Samad gilt als einer der schärfsten Islamkritiker in Deutschland, nachdem er selbst einst Muslimbruder war. Was er schreibt, hat gewissermaßen doppelt Substanz und wird in seiner Wahlheimat Libanon, sagte er kürzlich, als "Aufklärungswerk" gefeiert. Wir sind uns deshalb fast ganz sicher, dass auch die vielen Käufer seiner Bücher hierzulande einfach nur nette Leute sind, die ganz besonders an Glaubensfragen interessiert sind. Nicht wahr? Hier gibt es das Buch.
"Die Liebe an miesen Tagen" von Ewald Arenz
Auf Seite 186 dieses Buches heißt es: "Ich mag, wie einfach das Schöne ist. Und wie schön das Einfache." Klingt ganz nach Manufactum, dem Warenhaus der guten Dinge, und wirft Fragen auf: War Literatur früher bedeutsamer? Existenzieller? Hätte William Faulkner eine Liebesgeschichte mit Happy End verfasst? Nein, eher hätte er sich von Ehefrau und Pfeife getrennt, eher wäre Ernest Hemingway zum Abstinenzler geworden. Dem stern sagte Arenz: "Explosive Gefühle, im Guten wie im Bösen, sind in Romanen selten geworden. Ich habe lange überlegt und mich entschieden: Ich möchte, dass die Liebe eine Chance hat." Weitere Debatten zum hoffnungsstiftenden Auftrag zeitgenössischer Literatur überlassen wir den jungen Leuten in ihren Grundkursmodulen Germanistik. Hier gibt es das Buch.
"Kirmes im Kopf" von Angelina Boerger
Lange galt AD(H)S als Mode-Diagnose. Inzwischen wissen die meisten es besser, weshalb sich nun auch mehr Erwachsene wie Angelina Boerger trauen, zu diesem Syndrom zu stehen und damit für mehr Akzeptanz zu sorgen. Sowie nebenbei, hoffen wir, auch für das Bewusstsein, wie unterschiedlich Menschen ohnehin ticken. Zum Glück! Denn, Achtung, jetzt holen wir den Dichter Maxim Gorki raus: "Bisweilen macht es Freude, einen Menschen dadurch in Erstaunen zu setzen, daß man ihm nicht ähnelt und anders denkt als er." Hier gibt es das Buch.
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