Mit dem Blick auf die Uhr hast du schon verloren. Leichter Schlaf. Wach werden, auf den Wecker schauen und wissen: Jetzt muss ich direkt wieder einpennen, sonst fehlt mir das! Was soll das nur für ein Tag werden! Infolgedessen wird natürlich überhaupt nicht mehr geschlafen. Man taumelt wie der Boxer Axel Schulz in Runde zwölf völlig übernächtigt durch den Tag und ist insgesamt in einer Verfassung, in der man kaum fähig ist, sich unfallfrei die Unterhose anzuziehen.
Und sich mit einem Albino-Kaninchen die Augenfarbe zu teilen ist auch keine Freude. Ein bisschen Schlaf muss sein.
Unerfreulicherweise fehlt der mir hier in Australien gerade ganz gewaltig. 18 Nachtschichten am Stück in Kombination mit zehn Stunden Zeitverschiebung sind per se keine Wonne für den Biorhythmus.
Schlafentzug ist Folter
Wenn du dann morgens um fünf nach Hause kommst, musst du ruhen, um wenigstens sechs Stunden Regeneration zu kriegen. In der Unterkunft hingegen warten regelmäßig neue Überraschungen. Ein lauter Müllwagen gegenüber. Lautes und kontaktfreudiges Reinigungspersonal, das plötzlich wie ein Swat-Team im Schlafzimmer steht. Eine gigantische Poolpumpe direkt gegenüber von meinem Zimmer, die so laut ist, als würde dir jemand dauerhaft ein Staubsaugerrohr ans Ohr halten.
Schlafentzug ist Folter. Du bist nicht mehr ganz Herr deiner Sinne, die Zurechnungsfähigkeit ist eingeschränkt, die Koordination leidet. Ich war nach acht Bier geistig schon bedeutend griffiger als dieser Tage. Derweil denke ich an die bedauernswerten Hamster, die an kleine Kinder verschenkt werden. Bei ihnen müssen sie zur Belustigung in Holzwolle herumwühlen oder in ihrem komischen Nager-Peloton, dem Rad, laufen. Das sieht drollig aus, ist aber für die kleinen Kerle die pure Qual, weil die Viecher nachtaktiv sind und am Tage eigentlich ruhen sollten. Kein Wunder also, dass der pelzige Freund nur zwei Jahre alt wird. Womöglich hätte er sonst die Lebenserwartung einer Galapagos-Schildkröte.
Das insomnische Dasein ist brutal. Ich stehe auf – und bin exakt so kaputt wie vor den wenigen Stunden, als ich mich hingelegt habe. In der Schädelhülle hingegen, da, wo einst das Gehirn war, schwappt träge ein zerebraler Pudding von links und rechts an die Innenwände.
Womöglich schläft Olaf Scholz gerade mit offenen Augen
Ein Zustand wie beim bedauernswerten Habeck, als der in der tollen Doku von Markus Feldenkirchen reichlich zerstrubbelt zugab, sein Müsli nur mehr mit Wasser zu sich zu nehmen, weil er heillos übernächtigt vergessen hatte, Milch zu besorgen. Und so soll man dann Insolvenz erklären ...
Schlaflosigkeit macht aus dem strukturierten Menschen einen wahllos zusammengeworfenen Haufen einzelner Teile. In diesem Stadium geistiger Umnachtung operieren überschichtete Ärzte arglose Patienten. Schweinetransport-Fahrer landen sekundenschlafbedingt im Graben.
Wie können wir eigentlich erwarten, dass Politiker nüchtern und sachlich sich keine Gasumlage ausdenken, wenn sie ihren letzten ausgeschlafenen Tag in den Neunzigern hatten, nach der Einweihung eines Krötentunnels in ihrem Kreisverband. Müssen wir da nicht ein wenig milder sein?
Vielleicht ist Olaf Scholz auch gar nicht stumm und zögerlich. Womöglich schläft er gerade nur mit offenen Augen. Da werd ich fast ein wenig neidisch. Liebe Grüße aus dem Hamsterrad der Fernsehunterhaltung!