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Brasiliens neuer Präsident weckt Hoffnung auf Neustart beim Klimaschutz

Brasiliens neuer Präsident Lula da Silva
Brasiliens neuer Präsident Lula da Silva
© AFP
Die Amtseinführung von Brasiliens linksgerichtetem Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva weckt international die Hoffnung, mit dem Schutz des Amazonas-Regenwaldes den Kampf gegen die Klimakrise verstärken zu können. Die Bundesregierung sagte Lula am Montag Millionenhilfen für den Regenwald-Schutz zu. Unmittelbar nach seiner Amtseinführung in Brasília mit Gästen wie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier reaktivierte der Nachfolger des rechtsradikalen Staatschefs Jair Bolsonaro den Amazonas-Schutzfonds.

Der deutsche Entwicklungs-Staatssekretär Niels Annen (SPD) lobte, Lula sei ein "kraftvoller Neustart" beim Klimaschutz geglückt. Die wie Annen und Steinmeier ebenfalls nach Brasilien gereiste Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) betonte, die "Frage, ob die Klimakatastrophe zu stoppen ist, wird sich unter anderem am Amazonas-Regenwald und zwar in den nächsten zehn Jahren entscheiden".

Steinmeier, Lemke und Annen wollten am Montag den an Regenwald reichen brasilianischen Bundesstaat Amazonas besuchen. Dort wollten sie die Klima-Messstation Amazon Tall Tower Observatory, ein deutsch-brasilianisches Forschungsprojekt, besichtigen. Danach stand ein Besuch des Monitoringzentrums des Bundesstaats Amazonas zur Überwachung der Entwaldung auf dem Programm.

Als eine seiner ersten Amtshandlungen setzte Lula die Steuerungsgremien des 2008 gegründeten Amazonas-Schutzfonds per Dekret wieder ein und reaktivierte den Entwaldungsbekämpfungsplan. Das Bundesentwicklungsministerium gab daraufhin 35 Millionen Euro für den Amazonas-Schutzfonds frei. Steinmeier erklärte in Brasília, die Bundesrepublik stehe bereit, Lula "bei seinen ambitionierten Plänen zum Schutz des Regenwaldes bestmöglich zu unterstützen". 

Lulas hatte am Sonntag während seiner Vereidigungszeremonie vor dem brasilianischen Kongress versprochen, die Spaltungen in Brasilien zu überwinden. Sein Vorgänger Bolsonaro boykottierte jedoch die Zeremonie; er war zwei Tage zuvor in den US-Bundesstaat Florida abgereist. 

Lula sprach von einer "verheerenden" Bilanz seines Vorgängers. Dieser habe das Gesundheits- und das Bildungssystem ebenso geschwächt wie Wissenschaft und Kultur. Den Umweltschutz habe er "zerstört". Der neue Staatschef versprach, die unter Bolsonaro vorangetriebene Abholzung des Amazonas-Regenwaldes zu stoppen. Brasilien brauche keine Abholzung zugunsten der Landwirtschaft, sagte der 77-Jährige. 

Lulas Amtseinführung war ein großes Spektakel, zu dem sich zehntausende Anhänger des Linkspolitikers unter sengender Sonne versammelten und bei dem bekannte brasilianische Musiker auftraten. Als der 77-Jährige in Begleitung seiner Frau Rosangela "Janja" da Silva sowie des neuen Vizepräsidenten Geraldo Alckmin im traditionellen Rolls-Royce-Cabrio vorbeifuhr, brandete lauter Jubel auf. 

"Ich werde für 215 Millionen Brasilianer regieren und nicht nur für diejenigen, die mich gewählt haben", rief Lula später der Menschenmenge zu. Er werde den Hunger bekämpfen, "das schlimmste aller Verbrechen", sowie "alle Formen der Ungleichheit", sagte Lula, der von der Hitze und den Zeremonien sichtlich erschöpft war und teils mit den Tränen kämpfte. 

Begleitet wurde die Amtseinführung von einem massiven Polizeiaufgebot, nachdem ein Bolsonaro-Anhänger an Heiligabend einen Anschlagsversuch mit einer Autobombe verübt hatte. Für Lula ist es die dritte Amtszeit - er war bereits von 2003 bis 2010 Präsident des größten lateinamerikanischen Landes. Zwischen 2018 und 2019 saß er nach einem hochumstrittenen Prozess wegen Korruptionsvorwürfen mehr als anderthalb Jahre im Gefängnis. 

Das Idol der lateinamerikanischen Linken hatte sich am 30. Oktober in der Stichwahl mit hauchdünnem Vorsprung gegen Bolsonaro durchgesetzt. Durch seine Abreise in die USA weigerte sich Bolsonaro in einem seit dem Ende der Militärdiktatur 1985 beispiellosen Vorgang, Lula die traditionelle Schärpe des Staatsoberhaupts umzuhängen. Dies übernahm stattdessen eine Gruppe von Bürgern, unter ihnen der international bekannte Häuptling des indigenen Kayapo-Volkes, Raoni Metuktire, der seit langem für den Erhalt des Amazonas-Regenwaldes kämpft.

Lula ernannte 34 Minister, 14 mehr als unter der Vorgängerregierung und darunter elf Frauen, so viele wie noch nie in Brasilien. Auch unterzeichnete er mehrere Dekrete, welche den unter Bolsonaro erleichterten Zugang zum Waffenbesitz rückgängig machten.

AFP

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