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Bundesgerichtshof verhandelt über Strafe für IS-Rückkehrerin Jennifer W.

Bundesgerichtshof verhandelt über Fall Jennifer W.
Bundesgerichtshof verhandelt über Fall Jennifer W.
© AFP
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich am Donnerstag mit einer Straftat befasst, die deutsche Gerichte nur selten behandeln - Versklavung. Über den Fall der deutschen IS-Rückkehrerin Jennifer W. verhandelte der dritte Strafsenat in Karlsruhe. Die Anhängerin der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) soll im Irak tatenlos dabei zugesehen haben, wie ihr Mann ein fünfjähriges jesidisches Mädchen in sengender Sonne festband. Das Kind starb. (Az. 3 StR 246/22)

Der Fall wurde zunächst vor dem Oberlandesgericht (OLG) München verhandelt. Er erregte nicht nur wegen seiner Grausamkeit großes Aufsehen, sondern auch, weil es der bundesweit erste Prozess gegen eine IS-Rückkehrerin war. Das OLG verurteilte die inzwischen 31 Jahre alte, aus Niedersachsen stammende W. im Oktober 2021 zu insgesamt zehn Jahren Haft. Sie wurde unter anderem wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie wegen Beihilfe zum versuchten Mord und zum versuchten Kriegsverbrechen schuldig gesprochen.

Das OLG sah als erwiesen an, dass W. zusammen mit ihrem Mann Taha A.-J. Mitte 2015 im Irak für etwa anderthalb Monate eine jesidische Frau und deren Tochter als Sklavinnen gehalten hatte. Der Mann habe die Frau - teils auf Wunsch von W. - häufig misshandelt. Eines Tages fesselte er das Kind mit den Armen an ein Fenstergitter im Hof und ließ es dort so lange hängen, bis es nicht mehr zu retten war. Er wurde Ende 2021 in Frankfurt am Main unter anderem wegen Völkermords zu lebenslanger Haft verurteilt, der BGH bestätigte dieses Urteil.

Im Fall von W. zogen sowohl sie selbst als auch die Bundesanwaltschaft vor den BGH. Die Anklagevertreter wenden sich dabei nur gegen die Strafe. Ihrer Meinung nach ist das Oberlandesgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass es sich um einen minderschweren Fall von Versklavung mit Todesfolge handle.

Es gebe bei Sklaverei gar keinen Durchschnitt oder Regelfall, somit habe das Münchner Gericht nicht einfach einen minderschweren Fall annehmen dürfen, argumentierte ihr Vertreter in Karlsruhe. Die Anwältin der früheren Sklavin wies darauf hin, dass W. selbst der Jesidin Anweisungen gegeben und sie grausam behandelt habe. So habe sie die Mutter etwa mit vorgehaltener Pistole davon abgehalten, um ihr totes Kind zu weinen.

Die Verteidigung von W. wiederum sagte, dass W. die Herrschaftsgewalt nur ausgeübt habe, wenn ihr Mann nicht da gewesen sei. Es sei kein Präzedenzfall notwendig, um hier von einem minderschweren Fall auszugehen.

Der Bundesgerichtshof überprüft das OLG-Urteil auf Rechtsfehler, er erhebt selbst keine neuen Beweise. Der Vorsitzende Richter Jürgen Schäfer machte deutlich, dass vor allem die Tatgerichte - wie hier das OLG - für die Strafzumessung zuständig seien. Es komme hier nicht darauf an, ob der BGH selbst einen minderschweren Fall angenommen hätte - sondern nur auf mögliche Rechtsfehler des Münchner Gerichts.

Über die Revision von W. selbst wurde am Donnerstag nicht verhandelt. Das ist bei Revisionen der Angeklagten nicht vorgeschrieben. Eine Entscheidung will der BGH am 9. März verkünden.

AFP

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