In dem Streit geht es um die Frage, welche Vorhaben im Haushalt 2024 angesichts knapper Kassen Priorität haben. SPD-Generalsekretär Kühnert vermied es zwar, direkt eine Ausnahme von der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse zu fordern, sprach aber mit Blick auf den Ukraine-Krieg von einer besonderen Lage, auf die der Staat reagieren müsse.
"Wenn wir das auflisten, was wir machen wollen als Koalition und untereinander schreiben und auf der anderen Seite sehen, was wir vereinbart haben, dass wir die haushälterischen Spielregeln des Grundgesetzes einhalten - Schuldenbremse - dann kommt beides nicht zusammen und das werden wir auflösen müssen", sagte Kühnert den Sendern RTL und ntv.
Mit Blick auf die Debatte über mögliche Steuererhöhungen sagte Kühnert: "Im Koalitionsvertrag sind keine vereinbart, aber im Koalitionsvertrag war auch nicht vereinbart, dass es einen Krieg in Europa gibt, auf den wir reagieren müssen und ich glaube Politik muss sich immer auch reaktionsfähig zeigen."
FDP-Generalsekretär Djir-Sarai wies am Sonntagabend im ARD-"Bericht aus Berlin" Forderung nach höheren Staatseinnahmen zurück. Es stehe jetzt im Vordergrund, den Wirtschaftsstandort Deutschland fit für die Zukunft zu machen. "Egal, worüber wir reden – am Ende des Tages muss klar sein: Steuererhöhungen wird es nicht geben." Bestimmte Projekte der Koalition müssten noch einmal priorisiert werden.
SPD-Chef Klingbeil sagte den Sendern RTL und ntv mit Blick auf die Forderung von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) nach mehr Geld für die Bundeswehr: "Meine Unterstützung hat das." Pistorius hatte deutlich gemacht, dass die Bundeswehr ungeachtet des 100-Milliarden-Euro-Sondervermögens mehr Geld benötigt, um Lücken zu schließen und Lieferungen an die Ukraine auszugleichen.
Klingbeils Ko-Parteivorsitzende Saskia Esken äußerte sich skeptisch zu den Plänen von Pistorius, den Verteidigungsetat um weitere zehn Milliarden Euro jährlich zu erhöhen. Das sei "eine Menge Geld", sagte Esken der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom Montag. Zugleich warb sie für ein mindestens 50 Milliarden Euro schweres Sondervermögen für Bildung und für eine Vermögensabgabe für besonders Reiche, um mit den Einnahmen gegen Kinderarmut vorzugehen.
Pistorius selbst trat Darstellungen über Meinungsverschiedenheiten in der SPD entgegen. Esken habe recht, wenn sie sagte, dass verschiedene Politikfelder "in die Abwägung mit einbezogen werden müssen", sagte er während eines Truppenbesuchs in Munster. Er selbst habe mit seinem Vorstoß klar machen wollen, "worum es geht und was nötig ist".
Grünen-Chef Omid Nouripour sagte mit Blick auf eine weitere Erhöhung des Verteidigungsetats, derartige Debatten "brauchen wir derzeit nicht zu führen". Vorrangig sei "die Frage der Strukturen" bei der Bundeswehr. Die Frage der sozialen Gerechtigkeit dürfe bei den Haushaltsprioritäten "nicht unter die Räder kommen", betonte der Grünen-Chef und nannte die Bekämpfung der Kinderarmut. Das dafür nötige zentrale Element einer Kindergrundsicherung "muss so schnell wie möglich kommen".
Es sei "normal", dass beim Thema Haushalt "um jeden Cent gerungen wird". Nouripour zeigte sich überzeugt, dass die Ampel-Koalition "zu einer guten Lösung kommen" werde.
Strikt gegen eine Erhöhung des Wehretats wandte sich Linken-Bundesgeschäftsführer Tobias Bank. Er forderte stattdessen "ein Sondervermögen gegen die soziale Schieflage".
cha/bk