Barley sagte zu einem möglichen EU-Beitritt der Ukraine, bis dahin werde es "noch ein Weilchen dauern". Es sei zwar "legitim", dass etwa der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in dieser Hinsicht Druck ausübe, aber die Ukraine müsse für eine Mitgliedschaft in der EU anspruchsvolle politische, wirtschaftliche und juristische Kriterien erfüllen. So weit sei das Land noch lange nicht.
Es sei "ganz wichtig, dass man realistisch zu den Ukrainerinnen und Ukrainern ist", sagte Barley. Zum einen würden die EU-Staaten die Ukraine "unterstützen mit allem, was wir können und haben - vor allem auch finanziell und wirtschaftlich". Sie halte es jedoch "wirklich für ausgeschlossen", dass Kiew nur aus Solidarität oder Mitgefühl angesichts des russischen Angriffskriegs verfrüht aufgenommen werde.
Auch die EU müsse vor einer Erweiterung Reformen vornehmen: Insbesondere müsse das Einstimmigkeitsprinzip eingeschränkt werden, demzufolge bisher für zahlreiche politische Entscheidungen die Zustimmung sämtlicher EU-Mitgliedstaaten erforderlich ist.
Der ukrainische Botschafter in Deutschland Makeiev begrüßte unterdessen das Treffen von EU-Spitzenvertretern mit der ukrainischen Führung in Kiew als klares Signal für den Willen der EU, die Ukraine aufzunehmen. "Die Botschaft dieses Tages ist eindeutig: Die Ukraine wird EU-Mitglied werden", sagte Makeiev dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Samstagausgabe). Sein Land werde "alles dafür tun, den Beitrittsprozess so schnell wie möglich abzuschließen".
Die Ukraine ist seit dem vergangenen Jahr offiziell EU-Beitrittskandidat und fordert einen schnellen Beitritt, möglichst schon innerhalb der nächsten zwei Jahre. An dem Spitzentreffen in Kiew hatten am Freitag von EU-Seite unter anderem Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel teilgenommen. Sie lobten die "beträchtlichen Anstrengungen" der Ukraine hinsichtlich ihrer Bewerbung um die Mitgliedschaft. Konkrete Zusagen zum Zeitpunkt der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen gab es aber weiterhin nicht.
Makeiev versicherte, die Ukraine werde alle Kriterien erfüllen, erwarte jedoch von der EU noch mehr Dynamik. "Viele EU-Mitgliedstaaten haben begriffen, dass man im Fall der Ukraine die politische Zurückhaltung aufgeben und zu schnelleren Entscheidungen kommen muss."
Die Devise der Ukraine mit Blick auf den EU-Beitritt laute: "Nicht verzögern, sondern integrieren". Kiew sei bereits "nahe an einer Wirtschafts- und Zollunion" mit den EU-Staaten. Gleiches gelte für den erleichterten Zugang von Ukrainerinnen und Ukrainern zum europäischen Arbeitsmarkt. "Das zeigt doch, dass es geht."