Die IOC-Exekutive habe den Weltverbänden und Veranstaltern internationaler Sportereignisse empfohlen, dass die betroffenen Athleten nur einzeln und unter neutraler Flagge antreten dürften und strikter Neutralität verpflichtet sein müssten, sagte Bach. Mannschaften beider Länder seien ebenso ausgeschlossen wie Athletinnen und Athleten, die dem Militär oder nationalen Sicherheitsbehörden angehörten oder den russischen Angriffskrieg in der Ukraine "aktiv unterstützen".
Die Sanktionen gegen "die Verantwortlichen für den Krieg, die Staaten Russland und Belarus sowie deren Regierungen", müssten bestehen bleiben, bekräftigte Bach - das bedeutet, dass sie keine internationalen Sportveranstaltungen auf ihrem Territorium abhalten dürfen. Außerdem dürften "bei keinen Sportveranstaltungen oder -treffen Flaggen, Hymnen, Farben oder andere Erkennungsmerkmale dieser Länder gezeigt werden". Ebensowenig dürften deren "Regierungsvertreter oder Funktionäre" dazu eingeladen oder akkreditiert werden.
Über eine mögliche Teilnahme der betroffenen Athleten an den Olympischen Sommerspielen im kommenden Jahr in Paris sowie an den Winterspielen 2026 in Mailand und Cortina d'Ampezzo werde das IOC "zu gegebener Zeit" und nach "freiem Ermessen" entscheiden, sagte Bach weiter. Das Gremium habe es für nicht angebracht gehalten, einen Zeitrahmen zu nennen: "Niemand weiß, was morgen oder in neun Monaten passiert".
Bundesinnenministerin und Sportministerin Nancy Faeser (SPD) sprach in einer ersten Reaktion auf die Entscheidung des IOC von einem "Schlag ins Gesicht der ukrainischen Sportlerinnen und Sportler". "Der internationale Sport muss den brutalen russischen Angriffskrieg in aller Klarheit verurteilen", forderte Faeser. Das gehe nur mit einem "kompletten Ausschluss russischer und belarussischer Athletinnen und Athleten".
Olympische Spiele fänden nicht "im luftleeren Raum" statt, kritisierte die Ministerin weiter. "Wer den Kriegstreiber Russland internationale Wettbewerbe für seine Propaganda nutzen lässt, der schadet der olympischen Idee von Frieden und Völkerverständigung."
Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sprach auf Twitter von einer "Verhöhnung der über 220 toten ukrainischen Trainer, Athletinnen und Athleten". Polens Vize-Außenminister Piotr Wawrzyk erklärte, "nach all den täglichen Bombardierungen ziviler Ziele" in der Ukraine durch russische Soldaten sei der Dienstag ein "Tag der Schande" für das IOC.
Der frühere ukrainische Olympiasieger Wladimir Klitschko warf Bach vor, den "Interessen Russlands" zu dienen. Die Entscheidung des IOC "verseucht den olympischen Geist und ist wie dieser Krieg: Unsinn", schrieb Klitschko auf Twitter. Dagegen wertete der ukrainische Sportminister Wadym Hutzajt den IOC-Beschluss als diplomatischen Teilerfolg: "Wir haben es geschafft, dass die Entscheidung über die Zulassung von Russen und Belarussen zu den Olympischen Spiele 2024 verschoben wird", schrieb Hutzajt bei Facebook.
Der Präsident des russischen Olympischen Komitees, Stanislaw Posdnjakow, sagte, die Kriterien des IOC für eine Rückkehr der Athleten seien "inakzeptabel": "Das ist Diskriminierung auf der Grundlage der Nationalität".
Noch am Montag hatten mehr als 300 aktive und frühere Fechterinnen und Fechter Bach aufgerufen, die Suspendierungen der russischen und belarussischen Athleten aufrechtzuerhalten. Die Verpflichtung der Athleten zur "Neutralität" wiesen sie als unrealistisch zurück: Die Sportler "wurden und werden für Putins Propaganda instrumentalisiert", erklärten sie. Zuvor hatte ihr eigener Weltverband den Bann bereits gekippt.