Das Chanukka-Fest hatte am Sonntagabend begonnen und dauert bis zum 26. Dezember. Das jährlich stattfindende Lichterfest erinnert an die Wiedereinweihung des zweiten Tempels in Jerusalem im Jahr 164 vor Christus.
Scholz wurde in der Heinz-Galinski-Schule in Berlin-Charlottenburg unter anderem von Schülerinnen und Schülern sowie dem Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, begrüßt. Der Bundeskanzler entzündete eine Kerze am Chanukka-Leuchter.
In einer Ansprache bezeichnete Scholz es als "großes Wunder", dass es heute in Deutschland "wieder ein blühendes jüdisches Leben" gebe - nachdem Deutsche "unvorstellbar großes Leid" über die jüdische Gemeinschaft gebracht hatten. Er lobte zudem das Engagement der jüdischen Gemeinde bei der Aufnahme von jüdischen Flüchtlingen aus der Ukraine.
Im Anschluss an die Chanukka-Feier beantwortete Scholz in kleinem Rahmen die Fragen einiger Schülerinnen und Schüler und besuchte die Willkommensklasse der Schule für geflüchtete Kinder aus der Ukraine. Der Zentralratsvorsitzende Schuster äußerte sich erfreut über den Besuch zum Beginn des Chanukka-Festes: "Man konnte den großen Respekt des Bundeskanzlers für die jüdische Tradition, Geschichte und Gegenwart spüren," sagte er.
Das Chanukka-Fest stehe "für den unbedingten Überlebenswillen und die Widerstandskraft unserer Religion und unserer Kultur, allen Widrigkeiten zum Trotz", führte Schuster aus. "Das lehrt uns auch: Jüdisches Leben gehört zu Deutschland. Das gilt gerade in schwierigen Zeiten, in denen Antisemitismus bis in die gesellschaftliche Mitte vordringt."
Steinmeier empfing für die Chanukka-Feier in seinem Amtssitz Nachfahren der Kieler Rabbinerfamilie Posner. Die Frau des Rabbiners Arthur Posner, Rahel Posner, hatte 1931 den Chanukka-Leuchter der Familie auf der Fensterbank fotografiert; im Hintergrund des Fotos ist eine Hakenkreuzflagge zu sehen. Das Bild wurde weltberühmt. Bei der Feier im Schloss Bellevue wurde genau dieser historische Leuchter verwendet. Steinmeier bezeichnete das als "Geschenk".
"Wie hätten wir uns erträumen können, dass nach dem Menschheitsverbrechen der Shoah, der geplanten Auslöschung jüdischer Existenz, jemals wieder jüdisches Leben hier bei uns blühen würde?", sagte Steinmeier laut vorab verbreitetem Redetext. "Aber es ist, zu unserem großen Glück, so gekommen."
Steinmeier beklagte, "dass der Antisemitismus wächst und sich wieder offener zeigt, dass judenfeindliche Verschwörungsmythen sich mitunter bis in die Mitte der Gesellschaft verbreiten, dass Jüdinnen und Juden beleidigt und angegriffen werden". Hiergegen müssten "wir alle, jede Einzelne und jeder Einzelne, immer wieder Haltung zeigen", forderte der Bundespräsident. "Und auch unser Staat, unsere Behörden müssen wachsam sein - und unerbittlich in der Verfolgung von Straftaten."