Der "Zusammenhalt innerhalb unserer Bündnisse und Allianzen" sei vom ersten Kriegstag an "unser höchstes Gut" gewesen, sagte Scholz. "Was unserer Geschlossenheit hingegen schadet, ist ein öffentlicher Überbietungswettbewerb nach dem Motto: Kampfpanzer, U-Boote, Flugzeuge - wer fordert mehr?", warnte er. "Was schadet sind markige innenpolitische Statements und Kritik an Partnern und Verbündeten auf offener Bühne."
Deutschland werde sich daran nicht beteiligen, sagte Scholz. "Denn jede Dissonanz, jede Spekulation über mögliche Interessensunterschiede nutzt einzig und allein Putin und seiner Propaganda."
Bei der Entscheidung zur Lieferung von Kampfpanzern habe Scholz "bis zuletzt gebremst und gezögert", sagte CDU-Chef Merz. Die Auslieferung werde nun noch "einige Wochen, wenn nicht gar Monate" dauern. Die Instandsetzung der Panzer beginne erst "einige Tage, bevor wir mit der nächsten Offensive der russischen Streitkräfte rechnen müssen." Er hoffe, "dass wir nicht eines Tages aus der Rückschau sagen müssen: Das war zu wenig und das war zu spät."
Die Zeitenwende, die Scholz in Reaktion auf den russischen Überfall auf die Ukraine ausgerufen habe, "findet nur auf dem Papier statt", kritisierte Merz weiter. Aus dem 100 Milliarden Euro umfassenden Sondervermögen für die Bundeswehr sei "praktisch keine Bestellung und keine Ausschreibung veröffentlicht worden", sagte er. Dies gelte gerade auch für die dringend von der Ukraine gebrauchte Munition.
"Ihr anfängliches Zögern ehrt Sie", sagte hingegen AfD-Fraktionschefin Alice Weidel an Scholz gerichtet. "Am Ende haben Sie sich aber doch von den Kriegstreibern diesseits und jenseits des Atlantiks nötigen lassen, Deutschland faktisch zur Kriegspartei zu machen." Deutschland sei nun eine "Zielscheibe" Russlands und die Sorge vor einem Atomkrieg "real".
Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali warf dem Kanzler eine zu große Fokussierung auf Waffenlieferungen vor. "Die Waffen müssen endlich schweigen", sagte sie. "Entgegen aller Vernunft halten Sie daran fest, dass Russland mit militärischen Mitteln besiegt werden soll."
Zu dem EU-Sondergipfel am Donnerstag und Freitag wird auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in Brüssel erwartet. Scholz betonte, die EU werde ihr Treffen dazu nutzen, um in der Ukraine-Politik ihre "Positionen abzugleichen und den weiteren Kurs abzustecken". Schon jetzt sei klar, dass die EU ihre Sanktionen gegen Russland zum Jahrestag des Kriegsbeginns am 24. Februar "noch einmal verschärfen" werde.
Beim Gipfel werde die EU darüber hinaus "das Versprechen bekräftigen, das der Europäische Rat den Ukrainerinnen und Ukrainern im Juni vergangenen Jahres gegeben haben: Die Ukraine gehört zu Europa, ihre Zukunft liegt in der Europäischen Union", sagte Scholz. "Und dieses Versprechen gilt."