Von den 1,14 Millionen neu Registrierten kamen nach Angaben aus Wiesbaden 1,01 Millionen aus der Ukraine. Darüber hinaus waren zum Stichtag 31. Dezember 2022 noch 2,1 Millionen Geflohene aus anderen Ländern im Ausländerzentralregister verzeichnet - vor allem aus Syrien (674.000 Menschen), Afghanistan (286.000), Irak (211.000) und der Türkei (101.000).
Zusammengenommen stellten diese fünf Herkunftsländer fast drei Viertel der Schutzsuchenden in Deutschland. Der Zuwachs im vergangenen Jahr war der höchste seit Beginn der Statistik im Jahr 2007.
Der steigende Zuzug stellt vor allem die Kommunen vor Probleme: Sie beklagen seit Monaten wachsende Schwierigkeiten etwa bei der Unterbringung der Flüchtlinge.
CDU-Chef Friedrich Merz verlangte eine Begrenzung der irregulären Zuwanderung. Mit 30.000 rund Asylanträgen pro Monat liege Deutschland "aktuell weit über dem Richtwert" der früheren Bundesregierung von 200.000 pro Jahr, sagte Merz der "Bild". Die Grenzen der Belastbarkeit seien in vielen Kommunen bereits überschritten. Der CDU-Chef warf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) "Gleichgültigkeit" im Umgang mit dem Problem vor.
Für den Abend hatte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu einem "Kommunalgipfel" über die Asyl- und Flüchtlingspolitik geladen. Mit Landräten, Oberbürgermeistern und Bürgermeistern wollte sie über "wirksame Maßnahmen zur Steuerung und Begrenzung von irregulärer Migration" beraten.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) stellte die Sozialleistungen an Asylbewerber infrage. "Deutschland zahlt im europäischen Vergleich die höchsten Sozialleistungen an Asylbewerber", sagte der CSU-Politiker der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Das ist ein Anziehungseffekt, über den man reden muss."
Auch aus der Koalition wurde die Forderung nach einer Begrenzung des Zuzugs laut. In einem Positionspapier, das AFP vorlag, warnt die FDP-Bundestagsfraktion: "Die hohen Flüchtlingszahlen und die in weiten Teilen erschöpften Aufnahmekapazitäten vor Ort bringen die Kommunen an ihre Leistungsgrenze." Die angespannte Lage in den Kommunen drohe die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz für Einwanderung insgesamt zu schmälern.
Die FDP-Fraktion schlägt in dem Papier der Innenexperten Konstantin Kuhle und Stephan Thomae eine Reihe von Maßnahmen vor: so etwa die Prüfung von Asylanträgen in Drittstaaten, die Verlängerung des Ausreisegewahrsams auf 28 Tage sowie mehr Kompetenzen für die Bundespolizei bei den Rückführungen abgelehnter Asylbewerber.
Das Wiesbadener Statistikamt gab am Donnerstag noch weitere Details zu den Schutzsuchenden aus der Ukraine bekannt. Ein Drittel von ihnen waren Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Knapp zwei Drittel waren Menschen im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 64 Jahren. Mit 64 Prozent waren zudem knapp zwei Drittel Mädchen und Frauen - ein deutlicher Unterschied im Vergleich zur Gesamtheit der Schutzsuchenden, von denen nur knapp die Hälfte weiblich war.
Gemessen an der Bevölkerung der Bundesländer lebten demnach die meisten Geflüchteten in den Stadtstaaten Bremen (6,3 Prozent der Bevölkerung) sowie Hamburg und Berlin mit jeweils 4,8 Prozent. Am niedrigsten waren die Anteile in Bayern und Brandenburg mit 2,8 Prozent, gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern mit 2,9 Prozent.
Schutzsuchende sind Ausländerinnen und Ausländer, die sich aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen in Deutschland aufhalten. Laut Statistikamt verfügte zum Jahresende 2022 mit rund 2,25 Millionen der Großteil der Schutzsuchenden über einen anerkannten Schutzstatus.
570.000 Menschen, darunter 271.000 aus der Ukraine, waren Ende 2022 mit einem offenen Schutzstatus registriert - über ihr Schutzgesuch war noch nicht rechtskräftig entschieden worden. Und 255.000 waren ausreisepflichtig, weil ihr Schutzstatus abgelehnt wurde.
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