Der Sohn eines Polizisten aus dem niederbayerischen Marktl am Inn wollte angeblich schon als kleiner Junge Kardinal werden, weil er vom prächtigen Ornat des früheren Münchner Erzbischofs Michael Faulhaber begeistert war. Nach dem Gymnasium in Traunstein trat Ratzinger ins Priesterseminar ein. Nach dem Seminar folgte von 1946 an das Studium der Theologie und Philosophie in München und Freising. 1951 wurde er zum Priester geweiht, mit nur 30 Jahren habilitierte er und wurde Dogmatik-Professor an der Freisinger Hochschule. Danach lehrte er in Bonn und Münster.
Einen "Kulturschock" erlitt Ratzinger, der noch auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil im Gefolge des Kölner Kardinals Joseph Frings durchaus fortschrittliche Positionen vertrat, während der Studentenbegung in Tübingen. "Er ist über behandelt worden. Im Umgang mit Konflikten war er nicht versiert", erinnert sich ein damaliger Kollege. Ratzinger ging im Streit, wechselte nach Regensburg. 1977 wird er dann von Papst Paul VI. zum Erzbischof von München und Freising berufen, wenig später zum Kardinal.
Der neue Papst Johannes Paul II. ernannte Ratzinger dann 1981 zum Präfekten der Glaubenskongregation, der Institution, die früher einmal für die Inquisition verantwortlich war. Der Posten war dem kühlen Denker wie auf den Leib geschrieben. Ob Verdammung künstlicher Geburtenregelung, Verbot weiblicher Priester oder Befreiungstheologie in Lateinamerika: Das oberste Urteil im Vatikan trug stets auch die Handschrift des Deutschen. Mit den Jahren wurde deutlich, dass kein anderer so gut wie Ratzinger das Vermächtnis des polnischen Papstes weiterführen könnte. Damit war der Weg des Bayern auf den Papstthron zumindest vorgezeichnet.
Abtreibung
Um eine indirekte Mitwirkung der Kirche an Abtreibungen auszuschließen, setzte sich Ratzinger erfolgreich für einen Ausstieg aus der Schwangerenkonfliktberatung ein.
Aufklärung und Moderne
Ratzinger ist skeptisch gegenüber dem Freiheitsdenken der Moderne und warnt vor einem Abgleiten in einen zügellosen Liberalismus.
Befreiungstheologie
Der lateinamerikanischen Befreiungstheologie warf Ratzinger eine marxistische Gesinnung vor; Theologen wie Leonardo Boff wurden gemaßregelt.
Bibel
Der katholische Glaube orientiert sich nicht nur an der Heiligen Schrift, sondern auch an der kirchlichen Tradition. An diesem Unterschied zur reformatorischen Theologie hält Ratzinger fest.
Frauen
Zum Priesteramt sollen weiterhin nur Männer zugelassen werden. Den Feminismus lehnt Ratzinger ab.
Kirchenlehrer
Ratzingers theologische Vorbilder sind platonisch geprägte Kirchenlehrer wie Augustinus und Bonaventura, weniger der aristotelisch gesinnte Kirchenlehrer Thomas von Aquin.
Kollegialität
Ratzinger wandte sich zuletzt gegen einen übersteigerten römischen Zentralismus und sprach sich für mehr Mitsprache der Bischöfe und Ortskirchen aus.
Krieg und Frieden
Mit der Wahl seines Papstnamens Benedikt XVI. knüpft Ratzinger an die pazifistische Tradition von Benedikt XV. an, der sich während des Ersten Weltkriegs um Frieden bemühte.
Laien
Trotz des zunehmenden Priestermangels sollen Laien nicht predigen oder Messfeiern leiten dürfen
Liturgie
Ratzinger schätzt die alte lateinisch-römische Messform, die nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil durch volkssprachliche Gottesdienste ersetzt wurde.
Ökumene
Ratzinger betont den Vorrang der katholischen Kirche vor anderen christlichen Kirchen und lehnt gemeinsame Eucharistiefeiern ab.
Pille und Kondom
Ratzinger lehnt künstliche Empfängnisverhütung ab und hält eheliche Treue für den besten Schutz vor Aids.
Scheidung
Ratzinger ist gegen eine Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion.
Unfehlbarkeit
In Glaubens- und Sittenfrage ist der Papst unfehlbar - an diesem Lehrsatz des Ersten Vatikanischen Konzils hält Ratzinger fest.
Wissenschaft
Ratzinger betont den Vorrang des römischen Lehramts vor der Freiheit der Theologie.
Zölibat
An der vorgeschriebenen Ehelosigkeit von Priestern will Ratzinger nicht rütteln.