Ob feste oder lose, Zahnspangen gehören zum Erscheinungsbild vieler Kinder und Jugendlicher und versprechen gerade Zähne. Kieferorthopädie ist ein Milliardengeschäft. Aber bringen die Maßen gesundheitlich etwas? Eine vom Bundesgesundheitsministerium in Auftrag gegebene Studie erhebt nun deutliche Zweifel am medizinischen Nutzen der kieferorthopädischen Behandlungen.
Langfristige Daten über Zahnspangen fehlen
Bis heute könne keine einzige Studie beweisen, "ob und welche langfristigen Auswirkungen die kieferorthopädischen Therapien auf die Mundgesundheit" hätten, heißt es in einem Schreiben des Ministeriums an den Bundestag, das der "Bild"-Zeitung vom Donnerstag vorlag. In Deutschland erhält rund jeder zweite Jugendliche eine kieferorthopädische Behandlung wie beispielsweise eine Zahnspange. Die Kosten für die Krankenkassen belaufen sich auf mehr als 1,1 Milliarden Euro pro Jahr.
Bereits im vergangenen April hatte der Bundesrechnungshof Missstände bei kieferorthopädischen Behandlungen kritisiert. Deren medizinischer Nutzen sei nur unzureichend erforscht. Zudem fehlten bundesweite Daten, zum Beispiel über Art, Dauer und Erfolg der Behandlung oder der zugrunde liegenden Diagnosen, kritisierten damals die Rechnungsprüfer. Die von Gesundheitsminister Jens Spahn daraufhin in Auftrag gegebene Studie des Berliner Forschungs-Instituts IGES bestätigt demnach die Zweifel.
"Keine staatliche Aufgabe" - Krankenkassen sind gefordert
Derzeit gebe es "keine ausreichende Evidenz für den patientenrelevanten Nutzen kieferorthopädischer Leistungen". Die Forscher stellen daher infrage, "ob die Ausgaben in der kieferorthopädischen Versorgung den Kriterien der Wirtschaftlichkeit genügen". Die Bundesregierung sieht nun die Krankenkassen am Zug.
Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) müsse den Nutzen der Behandlungen bewerten. So etwas sei "keine staatliche Aufgabe", schreibt das Gesundheitsministerium. Das Ministerium plant zugleich ein Expertengespräch zum Nutzen kieferorthopädischer Behandlungen.