Was macht eigentlich Beate Zschäpe? Seit dem 8. November sitzt sie hinter Gittern, seit dem 13. November im Kölner Untersuchungsgefängnis Ossendorf. Sie hat einen Fernseher und eine Kaffeemaschine in ihrer Einzelzelle, kann die gegen sie vorliegenden Ermittlungsergebnisse in Dutzenden von Aktenordnern studieren. Einmal am Tag hat sie eine Stunde Ausgang. Allein, damit ihr niemand etwas antun kann - aus Rache für die rassistisch und staatsverachtend motivierte Serie von zehn Morden an Migranten und einer deutschen Polizistin, an der Zschäpe offenbar beteiligt war.
Seit ihrer Festnahme in Jena schweigt Zschäpe gegenüber den Behörden. Auch ihren beiden Anwälten hat sie einen Maulkorb verpasst. Im Sommer will der Generalbundesanwalt Anklage gegen sie und weitere Mittäter erheben und im Herbst könnte sie vor Gericht stehen, wahrscheinlich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf. Das Bild der einzigen Überlebenden des Terror-Trios "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) bekommt zunehmend mehr Konturen.
Ein Porträt im neuen stern räumt endgültig auf mit dem Klischee vom "Muttchen" im Hintergrund, das ihren beiden mordenden und raubenden Ex-Partnern Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt den Rücken freihält, sie bekocht und im Campingurlaub - dort ist es bezeugt - ihre Klamotten wäscht. Im Gegenteil sprechen nach Informationen des stern immer mehr Indizien dafür, dass Zschäpe eine Nazi-Anhängerin durch und durch ist. Eine Überzeugungstäterin, die in alle Morde und Bankraube des NSU-Trios eingeweiht war.
Unschuldiges Treffen mit den Eltern
Neue Details steuert auch eine monothematische Ausgabe des ARD-Politikmagazins Panorama über den "Terror des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU)" bei, die heute um 21.45 Uhr in der ARD ausgestrahlt wird. Besonders bewegend sind die Interviewausschnitte mit den Eltern von Uwe Böhnhardt, die einen neuen Einblick in das doppelte Spiel der Beate Zschäpe erlauben.
Die Verabredung des - wie sich später herausstellte - letzten Treffens der Eltern Böhnhardt mit ihrem untergetauchten Sohn Uwe und seinen Komplizen Uwe Mundlos und Beate Zschäpe könnte nicht unschuldiger sein: "Als wir uns 2002 getroffen haben, da hat Beate vorher am Telefon gebeten, dass ich ihr Rezepte mitbringe, und zwar Rezepte von Kuchen und Plätzchen", erinnert sich Brigitte Böhnhardt in dem ARD-Interview. Die Fassade der perfekten Schwiegertochter wahrte Zschäpe auch in diesen hoch emotionalen Situationen. Anscheinend äußerst kaltblütig. Die Eltern schöpften keinen Verdacht, dass ihr Sohn und seine "Freunde" Nazi-Mörder waren - wussten aber natürlich, dass das Trio seit 1998 wegen eines Sprengstofffundes per Haftbefehl gesucht wurde und untergetaucht war. Den endgültigen Abschied beschreibt Frau Böhnhardt in der Sendung so: "Wenn ich mir überlege, zu diesem Zeitpunkt sollen sie schon vier Menschen getötet haben - ich kann das nicht fassen."
Gefangen in einer Welt voller Vorurteile
Am unheimlichsten erscheint im Rückblick allerdings eine angeblich geplante Rückkehr des Trios in die Legalität im Jahr 2000: "Unser Sohn und Beate Zschäpe haben gesagt, sie würden sich stellen. Aber der Uwe Mundlos war nicht bereit", erinnert sich Brigitte Böhnhardt heute. Eine halbstündige Fassung des Interviews mit den Eltern von Uwe Böhnhardt sendet die ARD heute um Mitternacht.
So stark Beate Zschäpe bis zum bitteren Ende war - stark genug, um sich aus der fatalen Umklammerung mit den Jugendfreunden zu lösen, war sie offenbar nicht. Stattdessen Nibelungentreue zu ihrer Ersatzfamilie. Warum dann nach dem gescheiterten Ausstiegsversuch die zehnfache Mordserie entweder überhaupt erst begann oder sich sieben Jahre lang fortsetzte, kann wohl nur verstehen, wer so wie Beate Zschäpe in einer dunklen, miefigen Welt voller Vorurteile, Hass und Mordlust lebt.
Es sind noch sehr viele Fragen offen. Beantworten kann sie nur Beate Zschäpe.
"Panorama", ARD, Donnerstagabend ab 21.45 Uhr, und "Das kann man nicht verzeihen", ARD, Donnerstagabend ab 0.00 Uhr.