Im Fall des ermordeten italienischen Doktoranden Giulio Regeni hat die ägyptische Justiz die Forderung Italiens nach Einsicht in hunderttausende Telefondaten als "verfassungswidrig" zurückgewiesen. "Diese Forderung verstößt gegen die Verfassung und könnte eine Straftat darstellen", sagte der stellvertretende Staatsanwalt Mostafa Suleiman bei einer Pressekonferenz in Kairo. Italien beklagt seit Wochen einen Mangel an Fortschritten bei den Ermittlungen.
Telefondaten gehen in die Millionen
Laut Suleiman hatten die italienischen Ermittler vergangene Woche Zugang zu den Verbindungsdaten aller Nutzer aus der Gegend gefordert, wo Regeni wohnte, wo er verschwand und wo seine Leiche gefunden wurde. Dies könnte eine Million Verbindungsdaten bedeuten, sagte der Vize-Staatsanwalt. Außerdem hätten die Ermittler Zugang zu Aufnahmen von Überwachungskameras gefordert.
Die Regierung in Rom hatte zuletzt erklärt, ihren Botschafter aus Kairo abberufen zu haben, um gegen den Mangel an Fortschritten bei den Ermittlungen zum Mord an dem Doktoranden zu protestieren. Ägyptens Außenminister Sameh Schukri telefonierte am Samstag mit seinem italienischen Kollegen Paolo Gentiloni, um ihm die Bemühungen in dem Fall darzulegen, wie sein Ministerium mitteilte.
Der 28-jährige Doktorand Regeni, der an der Universität Cambridge zum sensiblen Thema der Gewerkschaftsbewegung in Ägypten forschte, war am 25. Januar in Kairo verschwunden - dem fünften Jahrestag des Aufstands gegen Präsident Husni Mubarak. Zehn Tage später war seine Leiche mit schweren Folterspuren in einem Graben am Rande einer Straße gefunden worden.
Ägypten weist alle Vorwürfe zurück
Auch wenn Ägypten dies entschieden bestreitet, besteht der Verdacht, dass Regeni von einem Sicherheitsdienst verschleppt und zu Tode gefoltert wurde. Italien hat die von Ägypten vorgebrachten Erklärungen zurückgewiesen, wonach Regeni bei einem Verkehrsunfall starb oder von Kriminellen getötet wurde, und fordert mit Nachdruck die Identifizierung und Bestrafung der wahren Verantwortlichen.