Es ist 3.07 Uhr. Eben klingelte mein Telefon. Zum hundertsten Mal heute Nacht. Aber es war keiner unserer Reporter. Sondern meine Tochter. Sie war mitten in der Nacht aufgewacht. Das macht sie sonst nie. Wir konnten nur kurz sprechen. Auf die Frage: "Papa, was machst du denn jetzt noch bei der Arbeit?", habe ich sie angelogen. Das mache ich sonst nie. Doch die Grausamkeit dessen, was in Paris passiert ist, möchte ich ihr einfach nur ersparen. Meine Tochter ist vier Jahre alt.
Aber wir können uns den Blick auf die grausame Realität nicht ersparen. Wir müssen ihr in die Augen schauen. Denn dieser feige Anschlag galt uns allen. Unserer Welt, unseren Werten, unserer Freiheit.
Ein Fußballspiel, ein Restaurant, ein Konzert. Die feigen Attentäter haben sich die Anschlagsorte ganz genau ausgesucht. Niemand soll sich mehr sicher fühlen.
Sie wollen unsere Gesellschaft vergiften. Und das Gift fängt schon an zu wirken. Hetzautoren, Spinner und auch sogenannte Intellektuelle kommen bereits aus ihren Löchern. Fordern härtere Grenzkontrollen, beschimpfen Angela Merkel ob ihrer Flüchtlingspolitik, versehen ihre debilen Posts mit Smileys. Und verbreiten so das Gift der Attentäter weiter. Werden so zu ihren Handlangern.
Jeder hat Angst. Und das auch zu recht. Trotzdem müssen wir weiterleben. Weiter Menschen willkommen heißen. Weiter mutig sein. Weiter zu Konzerten, ins Restaurant und ins Einkaufszentrum gehen.
Wir müssen weiter Menschen bleiben.
Sonst haben die gewonnen – und wir alles verloren.