Der schwere Kreuzer "Blücher" war das modernste Schiff der deutschen Kriegsmarine. Es wurde am 20. September 1939 in Dienst gestellt und erst am 30. März 1940 wurden die Erprobungsfahrten abgeschlossen. Doch schon am 9. April sank der schwere Kreuzer, abgeschossen wie eine Ente, ohne auch nur einen Schuss aus den 20-cm-Kanonen seiner Haupttürme abgefeuert zu haben.
Invasion Norwegens im Zweiten Weltkrieg
Die "Blücher" führte einen Konvoi von deutschen Schiffen an. Die Flotte sollte als Teil des Unternehmens "Weserübung" die Hauptstadt des bis dahin neutralen Norwegens im Handstreich einnehmen. Aber sie hatten nicht mit einem alten Offizier gerechnet. Der 65-jährige Oberst Birger Kristian Eriksen kommandierte die Festung Oscarsborg auf der Insel Håøya im Oslofjord. Sie wurde im Jahr 1836 erbaut und war eigentlich hoffnungslos veraltet. Ihre Geschütze vom Kaliber 28 Zentimeter waren damals 47 Jahre alt und die Torpedobatterien ähnlich antiquiert. Die Kanonen trugen die biblischen Namen Moses, Aron und Josva.
Mit der Festung rechneten weder die Deutschen noch die norwegische Regierung. Eriksen hatte keine Verbindung zu Oberkommando; als ihn Nachrichten erreichten, dass unbekannte Kriegsschiffe den Oslofjord hinauffuhren. Die deutsche Invasionsflotte war vor der Einfahrt in den Fjord von einem Wachboot entdeckt worden.
Rekruten und uralte Kanonen in Oslo
Das alte Fort hatte im eigentlichen Sinn keine kampfkräftige Besatzung. Hier wurden Rekruten ausgebildet, der Großteil von Eriksens Soldaten war vor einer Woche eingezogen worden. Diese jungen Männer besetzten zwei der gewaltigen Geschütze - Aaron und Moses. Eriksens blieb bei den großen 28-cm-Kanonen. Er wusste, dass die alten Kanonen von 1893 kaum mehr als einen Schuss abfeuern konnten. Sie waren offen aufgebaut, schon vor dem ersten Weltkrieg war das veraltetet.
Dann erfasste ein Scheinwerfer den schweren Kreuzer um 4 Uhr 20. Ohne Befehl von oben, ohne Kenntnis der politischen Lage und ohne zu wissen, wer sich näherte, beschloss Eriksen, die Hauptstadt zu verteidigen. "Entweder werde ich vor ein Kriegsgericht gestellt oder ich werde ein Kriegsheld sein, Feuer!" Zwei Schuss seiner Kanonen trafen die "Blücher" auf etwa 1200 Meter Entfernung. Das Schiff geriet in Brand und trieb in dem nur 500 Meter breiten Fjord näher an die alte Festung heran. Direkt in den Schussbereich der Torpedo-Batterien. Zwei 40 Jahre alte Torpedos schlugen dann in die "Blücher" ein.
Tod im Eiswasser
Innerhalb von zwei Stunden sank das brennende Schiff. Neben den 1400 Mann der Besatzung waren 800 Soldaten an Bord, darunter auch Gestapobeamte und Eisenbahnspezialisten für die geplante Besetzung von Oslo. Fast 1000 Mann starben, bei vielen setzte das Herz durch das eiskalten Wasser des Fjordes aus. Der Maschinengefreite Alexander Dietzsch überlebte den Untergang. "Wir krochen über Leichen an Deck – solche Anblicke vergisst man nie." Danach rutschte er die Bordwand des gekenterten Schiffes hinab. "Das eiskalte Wasser traf mich wie ein Schlag."
Fehler in der Planung
Eriksen hisste am Abend nach einem langen Bombardement durch die Luftwaffe die weiße Fahne. Er hatte seine Aufgabe erfüllt und den deutschen Verband entscheidende Stunden aufgehalten. Wie konnte es zu dem Desaster kommen? Offenbar hatten die Deutschen nicht mit Widerstand aus der Museumsfestung gerechnet, denn dass man an ihr nicht vorbeikam war offensichtlich. Kommandosoldaten hätten die Batterien zuvor ausschalten müssen.
Offenbar waren der deutschen Führung ihre Erfolge zu Kopf gestiegen. Dänemark ergab sich sofort, als die deutsche Luftwaffe über Kopenhagen ihre Überlegenheit demonstrierten. Während der Besetzung Dänemarks fielen 17 dänische und 20 deutsche Soldaten. Doch Norwegen war anders. Der Widerstand der Festung ermöglichte es den König, die Regierung und den Staatsschatz aus Oslo zu evakuieren. Mit Hilfe britischer Truppen verteidigten die Norweger zäh ihre Heimat. Und auch nach dem Ende der Kämpfe setzte die Widerstandsbewegung den Deutschen zu. Oberst Eriksen schied im November 1940 wie geplant altersbedingt aus dem Dienst aus.