Erstmals ist es gelungen, von einem Opfer des Vesuv Ausbruchs im Jahr 79 n. Chr. zu sequenzieren. Die DNA wurde zwei Personen entnommen, die im "Haus des Handwerkers", dem "Casa del Fabbro", gefunden worden sind. Aus der Form und Struktur der Skelette schloss man, dass eines der Opfer ein etwa 35 bis 40 Jahre alter Mann war. Die anderen Überreste stammen von einer Frau von über 50 Jahren.
Dem Team um Gabriele Scorrano von der Universität Rom konnte die DNA von beiden Toten extrahieren, aber nur das Genom der männlichen Überreste konnten sie vollständig sequenzieren, da die DNA der Frau Lücken hatte. Die Forscher schreiben, die DNA blieb so lange erhalten, weil die geschmolzenen Materialien des Ausbruchs Sauerstoff und Wasser ferngehalten haben. Anders als die Nachbarstadt Herculaneum, wurde Pompeji von einer über 500 Grad heißen pyroklastischen Hitzewelle heimgesucht. Das ist eine Art "Zunge" aus extrem heißen Gasen, die aus dem Vulkan hervorbricht. Vor ihr gibt es kein Entkommen, weil sie sich mit etwa 700 km/h ausbreitet. Wer von ihr erreicht wurde, starb sofort an dem Hitzeschock.
Sofortiger Tod
Die untersuchten Toten lehnten beide auf einem Triclinium – einer niedrigen Couch – in der Ecke des Esszimmers. Der Tod ereilte sie, noch bevor sie aufstehen konnten. In Herculaneum dauerte es lange, bis Lava und Gestein die Stadt erreichte. Wer früh floh, oder zufällig abreiste, entkam dem Inferno. Später hatten die Menschen Zeit zum Ufer und zum Hafen zu fliehen. Dort versuchte der Befehlshaber der römischen Flotte, der Gelehrte Plinius der Ältere, die Unglücklichen zu evakuieren. Erst vor Kurzem hatte man den "letzten Flüchtling" an der Strandmauer und einen Offizier der Prätorianer untersucht, der am Strand starb. Um seinen Männern ein Beispiel zu geben, ging der dicke und kränkliche Plinius selbst an Land, auch er fand den Tod.
Mann aus Italien
Die DNA des Mannes weist sowohl Ähnlichkeiten mit modernen Italienern wie auch anderen Personen auf, die während der römischen Kaiserzeit in Italien lebten. Weitere Hinweise deuten darauf hin, dass der Mann aus Sardinien stammte. "Unsere Ergebnisse zeigen die Möglichkeit, alte DNA aus menschlichen Überresten aus Pompeji zu gewinnen, und sie liefern so weitere Einblicke in die genetische Geschichte und das Leben der Bevölkerung", schrieb das Team. Vor dem verheerenden Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 n. Chr. war Pompeji eine blühende Stadt mit bis zu 20.000 Einwohnern. Von der Besiedlung her gesehen war sie allerdings keine typische Stadt. Wie auch Herculaneum handelte es sich um eine Sommerfrische der reichen Oberschicht, die hier dem drückenden Klima der Urbs Rom entfloh und auch den zeitweise strengen Sittengesetzen der Hauptstadt.
Krankheit der feuchten Städte
Die Analyse des Genoms zeigte, dass der Mann zum Zeitpunkt seines Todes an Tuberkulose litt – die Forscher entdeckten DNA-Sequenzen des Tuberkulose-Erregers. "Dass die Tuberkulose in der römischen Kaiserzeit endemisch war, ist bereits durch Schriften und antike Beschreibungen bekannt", so die Forscher. Die zunehmende Bevölkerungsdichte in den eng bebauten Städten des Reiches begünstigte die Ausbreitung der Tuberkulose in ganz Italien. Das "Haus des Handwerkers" gehört zu den bescheidenen Behausungen der Stadt. Doch gerade in ihm blieben eine Vielzahl von Gegenständen erhalten, die einen Einblick in das Leben der einfachen Römer erlauben. An der Außenmauer des Hauses fand sich zudem ein Liebes-Graffiti: „Secundus grüßt seine Prima, wo immer sie sein mag: Ich bitte dich, meine Herrin, liebe mich!“
Quelle: Scientific Reports