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"Partnerschaft für Globale Infrastruktur" 600 Milliarden Dollar gegen China: Was hinter der G7-Infrastruktur-Initiative steckt

Zum Gipfeltreffen in Elmau: Die Staats-und Regierungschefs der G7
Die Staats- und Regierungschefs der G7 in Elmau
© Jonathan Ernst / AFP
Die großen Industrienationen wollen Chinas "Neue Seidenstraße" kontern und ärmeren Ländern Geld für Infrastruktur bieten. 600 Milliarden Dollar kündigen die G7-Staaten an. Angesichts der Summen, die Peking locker macht, wirkt der Betrag bescheiden.

Die G7-Staaten wollen in den nächsten Jahren 600 Milliarden Dollar "mobilisieren", um den Bau von Infrastrukturprojekte in ärmeren Ländern zu unterstützen. Mit dieser Summe, die eher durch private Investitionen als durch staatliche Kredite zusammenkommen soll, wollen die führenden Industrienationen vor allem afrikanische Länder aus dem Griff Chinas herauskaufen. Allein die USA wollen 200 Milliarden Dollar aufbringen, heißt es in einer Erklärung der US-Regierung anlässlich des G7-Gipfels auf Schloss Elmau.

"Demokratie bester Weg für Entwicklung" 

Die EU ist nach Angaben von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit 300 Milliarden Dollar dabei. Die G7-Initiative, genannt "Partnerschaft für Globale Infrastruktur", soll zeigen, dass "Demokratien den besten Weg für Entwicklung ermöglichen", sagte von der Leyen. Die Investitionen sollten auf "demokratischen Werten" beruhen: "Transparenz, Inklusivität, Nachhaltigkeit". Laut eines hochrangigen US-Regierungsvertreters hätten viele Empfängerländer chinesischer Investitionen "inzwischen realisiert, dass sie höher verschuldet sind, dass ihre Wirtschaftsleistung nicht nennenswert gestiegen ist und dass diese so genannten Investitionen nicht die Bevölkerung erreicht haben", wie er in Elmau sagte.

Seit rund zehn Jahren ist die Regierung in Peking dabei, mit der "Neuen Seidenstraße" (englisch "Belt and Road Initiative") weltweit seinen Einfluss auszudehnen. Rund eine Billion Dollar wird dabei in den Ausbau von Infrastruktur für Handelsrouten wie Häfen, Bahnstrecken, Brücken fließen. In 60 Ländern ist China dabei aktiv, vor allem in Asien aber auch im Osten Afrikas und Europa. Einige Bahnrouten enden etwa in Duisburg und Hamburg. Kritiker werfen der Volksrepublik aber vor, mit ihren gigantischen Investitionen Abhängigkeiten zu schaffen und dabei eigene Interessen zu verfolgen – etwa die Sicherung von Handelswegen sowie den Zugang zu Rohstoffen – und nicht die Interessen der Empfängerländer.

Hafen gebaut und an China abgetreten

Beispiel Sri Lanka: 2008 hatte der Inselstaat begonnen, einen mit chinesischem Geld finanzierten Hafen zu bauen – im Heimatort des damaligem Präsidenten Mahinda Rajapaksa. Die Anlage war nie rentabel, weshalb das Land seine Schulden bei der chinesischen Exim-Bank nicht mehr bedienen konnte. Die Finanziers aus Fernost erhielten stattdessen für 99 Jahre die Nutzungsrechte an dem elf Quadratkilometer großen Areal. Die hinter dem Deal stehende staatliche Firma "China Merchants Port Holdings" betreibt mittlerweile 50 Terminals weltweit. Kritiker fürchten, dass Peking seine Häfen auch militärisch nutzen könnte.

Wie Sri Lanka ergeht es vielen Staaten, selbst europäische sind in die Schuldenfalle getappt, wie etwa Montenegro. Andere Länder versuchen sich daher aus dem Griff Chinas zu befreien und kündigen gemeinsamen Projekte zumindest zeitweise auf, Malaysia zum Beispiel. Die Details der Kredite, mit denen die chinesischen Geldgeber die Empfänger "unterstützen", sind meist geheim, offiziell stellt die Pekinger Regierung auch keine Bedingungen. Eine Studie für das nordmazedonische Institut für Demokratie "Societas Civilis" kam vergangenes Jahr zu dem Schluss, dass das "korrosive Kapital" aus China demokratisch etablierte Institutionen und die Marktwirtschaft in dem Land bedrohe.

Die großen Industrienationen versuchen nun erst den Entwicklungsländern gegen diese Vereinnahmung ein Angebot zu machen. Für die Länder der G7 sei es "noch nicht zu spät", hier dagegenzuhalten, sagte der US-Regierungsvertreter in Elmau. Neben Afrika, sollen auch Länder in Südost- und Zentralasien sowie in Mittelamerika von der Initiative profitieren. Doch wie genau sehen die Pläne dafür aus? Die Vereinigten Staaten haben bereits einige konkrete Pläne angekündigt. Darunter ist beispielsweise ein Solarenergie-Projekt in Angola, eine internationale Produktionsstätte für Impfstoffe im Senegal, Telekom-Untersee-Leitungen zwischen Ostasien und Europa sowie die Entwicklung von Mini-Atomreaktoren in Rumänien.

Die "Partnerschaft für globale Infrastruktur" war bereits auf dem vergangenen G7-Gipfel in Cornwall angekündigt worden. Im Dezember 2021 hatte daraufhin die EU-Kommission ihre "Global Gateway "-Initiative vorgestellt. Sie galt als größtes außenpolitisches Manöver Europas, nun wird es Teil eines globalen Projekts – bereits getroffene Abmachungen werden einfach übernommen. Wie etwa die 150-Milliarden-Euro-Investition, die Ursula von der Leyen im Februar dem Nachbarkontinent Afrika zugesagt hatte. Manche Staatschefs reagierten damals allerdings eher reserviert auf die Ankündigung der EU. Senegals Präsident Macky Sall etwa sagte, es sei auch an der Zeit, dass die früheren Kolonialmächte dem Kontinent etwas zurückgäben.

Kommt doch nur wieder China zum Zug?

Auch der Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft ist noch unsicher, was aus den Ankündigungen werden wird. Ihm sei es unklar, ob neues Geld mobilisiert werde oder nur Mittel bestehender Initiativen mit einem neuen Label versehen würden, sagte Chef Christoph Kannengießer der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Zudem befürchtet er, dass die "üblichen Finanzierungsstrukturen" wieder nur chinesische oder andere Akteure in Ausschreibungen bevorzugen würden.

Quellen: DPA, AFP, Weißes Haus, NTV, Merics, DVZ, "Frankfurter Allgemeine Zeitung"

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