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Soziales Netzwerk Jetzt mit neuem Starttermin, aber noch jeder Menge zu tun: Trumps Twitter-Klon "Truth Social"

Donald Trumps Truth Social
Bekommt Donald Trump sein "Truth Social" wie angekündigt bis Ende März in die App-Stores?
© Muhammad Ata / Picture Alliance
Nach seinem Aus bei Twitter und Co. baut Donald Trump sein eigenes soziales Netzwerk. Nun hat "Truth Social" ein neues Startdatum bekommen, doch es gibt offenbar Probleme. Und selbst seine eigene Frau kooperiert lieber mit der Konkurrenz.

Im Brustton unverhohlener Vorfreude berichtet Fox Business "exklusiv", dass die Server von Donald Trumps "Truth Social" hochgefahren seien und laufen würden. Das soziale Netzwerk des ehemaligen US-Präsidenten wird "wie erwartet zum Ende des Quartals betriebsfähig sein", so Fox weiter. Dass der Sender als erster die offenbar frohe Kunde überbringt, ist nicht überraschend: Denn die TV-Station ist aufs engste mit dem Trump-Universum verbandelt, die Kundschaft des geplanten Netzwerks ist auch Fox Business' Kundschaft.

Donald Trump bei allen großen Netzwerken rausgeflogen

Seit vergangenem Jahr ist der einst mächtigste Mann der Welt sozial heimatlos, nachdem er erst von Twitter und dann auch von YouTube und Facebook verbannt wurde. Grund für den Rauswurf war seine Rolle bei der Erstürmung des Kapitols in Washington am 6. Januar 2021. Damals noch im Oval Office des Weißen Hauses sitzend, hatte er seine Anhänger angestachelt, gegen die angeblich gestohlene Präsidentschaftswahl zu protestieren. Am Ende des Tages waren fünf Menschen tot und das Land entsetzt über die Attacke auf das Zentrum ihrer Demokratie.

Donald Trump streitet bis heute jede Mitverantwortung für die Ereignisse ab, seine Verbannung von den großen sozialen Netzwerken, denen er ein Großteil seiner Popularität verdankt, nannte er "Zensur" und einen "Affront" gegenüber seinen Wählern. Als Reaktion war kurzzeitig ein Wechsel zu "Gettr" im Gespräch, eine Art rechtsradikales Twitter. Nachdem er seine berüchtigten Posts für einige Zeit auf seiner eigenen Website veröffentlicht hatte, kündigte er seine eigene Plattform "Truth Social" an, die ursprünglich am 21. Februar, dem US-Präsidentengedenktag, an den Start gehen sollte.

Für seine neue Digital-Blase hat der Ex-Präsident eigens die Firma "Trump Media & Technology Group" (TMTG) gegründet und angeblich eine Milliarde Dollar Kapital eingesammelt. Laut der "Washington Post" gibt es allerdings Zweifel an der Höhe der Summe, auch die US-Börsenaufsicht SEC war auf das Unternehmen aufmerksam geworden und hatte sich nach der Identität bestimmter Investoren erkundigt. Chef von TMTG ist Devin Nunes, der früher für die Republikaner im Abgeordnetenhaus saß und als Vorsitzender des parlamentarischen Geheimdienstausschuss in der Russland-Affäre die Ermittlung gegen Trumps Wahlkampfteam leitete.

Ganz ohne Silicon Valley geht es nicht

Als besonderen Clou brüstet sich Trump damit, unabhängig von den kalifornischen Tech-Riesen zu sein. Schon lange vor seiner Verbannung von Facebook, Twitter und Co. beklagte er deren "Meinungstyrannei". Konservative Ansichten wie seine, lamentiert er häufig, würden dort keinen Platz finden oder sogar aktiv unterdrückt werden. "Truth Social" dagegen werde "gegen Big Tech zurückschlagen, so dass wir unser Recht auf freie Meinungsäußerung schützen können", wie er jüngst sagte. Das Problem: So ganz ohne Silicon Valley geht es nicht.

"Trumps Tech-Team muss sicherzustellen, dass 'Truth Social' nicht aus den App-Stores von Apple und Google geworfen wird", schreibt die Nachrichtenagentur Reuters. Denn ohne den Zugang über die beiden größten Software-Stores haben die meisten Smartphone-Besitzer keine Möglichkeit, die App herunterzuladen. Laut Reuters sei es daher die oberste Priorität von Vorstand Devin Nunes, das sogenannte "De-Platforming" zu verhindern.

Die IT-Welt ist aber mittlerweile so groß geworden, dass es auch in ihr "rechte" und "linke" Firmen gibt. Als Server- und Cloud-Dienstleister steht der in konservativen Kreisen beliebte Videodienst Rumble aus Kanada bereit. Dort sendet Trump seit bereits seinem Aus bei YouTube. Erst vor wenigen Tagen hatte Firmenchef Chris Pavlovsk den in liberalen Kreisen in Ungnade gefallenen Podcaster Joe Rogan einen Wechsel angeboten. "Wie wäre es, wenn du alle deine Sendungen zu Rumble bringen würdest – egal ob alt oder neu – keine Zensur", schrieb er an Rogan.

Melania Trump bleibt vorerst bei "Parler"

"Free Speech", also die freie Rede könnte allerdings dann doch wieder ein Problem für "Truth Social" werden. Zwar sollen die Inhalte auf der Plattform "familiengerecht" sein, dieser Anspruch aber benötigt ein enormes Ausmaß an Kontrollmechanismen. Selbst Giganten der Branche wie Facebook schaffen es kaum, all die verstörenden Videos, betrügerischen Links und Hassposts aufzuspüren und im Zweifel zu löschen. Gewalt, Sex, Beleidigungen, also etwas zu viel freie Rede war auch schon dem Dienst "Parler" nach dem Kapitol-Sturm zum Verhängnis geworden. Wegen rechter Hetzereien flog es für einige Wochen aus den großen App-Stores. Ob TMTG allerdings die nötigen Fachleute für die aufwändigen Prozesse bekommt oder bereits hat, ist völlig unklar. Der für den vergangenen November geplante, aber geplatzte Betatest und die Verschiebung des Starts auf Ende März jedenfalls macht Branchenbeobachter eher skeptisch. Aktuell sucht die Firma nach 13 IT-Spezialisten.

Vollkommen überzeugt vom Produkt ihres Mannes scheint auch Melania Trump noch nicht zu sein. Wie ihre Firma jetzt bekannt gab werde die frühere First Lady "Parler zu einer Sozialen-Medien-Heimat machen". "Als Teil einer synergetischen Beziehung wird Frau Trump exklusiv über Parler kommunizieren", heißt es in bester PR-Sprache bei dem Blogdienst. Melania Trump verkauft über "Parler" NFT (eine Art Digitalsiegel) für Kunstwerke für den guten Zweck.

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Quellen: Reuters, Fox Business, TheStreet.com, "New York Post", NTV, "Der Standard", TMTG, DonaldJTrump.com, "Washington Post"

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