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Bizarre Bilderserie Nordkoreas Diktator präsentiert der Welt seine Tochter. Das lässt Experten aufhorchen

Bizarre Bilderserie: Nordkoreas Diktator präsentiert der Welt seine Tochter. Das lässt Experten aufhorchen
Sehen Sie im Video: Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un bringt Tochter mit zum Raketentest.




STORY: Ein Raketentest als Familienausflug - Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un hat der Weltöffentlichkeit erstmals seine Tochter präsentiert. Koreanische Staatsmedien zeigten am Samstag Fotos der beiden, die laut Berichten der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA beim Start einer Interkontinentalrakete am Freitag aufgenommen wurden. Auch Kims Frau war bei dem Termin dabei. Den international kritisierten Test wertete Kim als Beleg dafür, dass sein Land jede atomare Bedrohung abwehren könne. Kim habe erklärt, ausländische Mächte zwängen Nordkorea, die nukleare Abschreckung auszubauen, berichtete KCNA. Jeder Angriff auf Nordkorea werde zur Zerstörung der Angreifer führen. Kim rief demnach dazu auf, weitere strategische Waffen zu entwickeln und den Einsatz von Atomwaffen zu trainieren. Yang Moo-Jin, Professor für Nordkorea-Studien in der südkoreanischen Hauptstadt Soul erklärte, der Test habe einen fehlgeschlagenen Start vom 3. November wettmachen sollen. "Er sollte zeigen, dass die Rakete Hwasong-17 technisch verbessert wurde. Auch militärstrategisch sollte er beweisen, dass die Führung mit Blick auf die erweiterte Abschreckungspolitik von Südkorea, den USA und Japan keine leeren Worte, sondern echte Taten folgen lassen würde." Auch die Vater-Tochter-Bilder sollen nach Einschätzung des Politikwissenschaftlers Kims Machtanspruch untermauern. "Es sah so aus, als wolle er seine Familie als gut und stabil darstellen und sich selbst als Anführer für normale Menschen zeigen. Gleichzeitig wurde sie als Mitglied der sogenannten "Paektu-Blutlinie" dargestellt, die nicht durch andere ersetzt werden kann. Ich denke, all das war in diesen Szenen beabsichtigt." Die Rakete flog am Freitag gut 1.000 Kilometer weit und stürzte knapp 200 Kilometer vor der Küste Japans ins Meer. Laut Japans Verteidigungsminister Yasukazu Hamada könnte sie bis zu 15.000 km weit fliegen, genug, um das Festland der Vereinigten Staaten zu erreichen. Südkoreanische und US-amerikanische Einheiten starteten als Reaktion auf den Test am Freitag eine gemeinsame Militärübung in der Luft. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat den Test für seine Sitzung am kommenden Montag auf die Tagesordnung gesetzt.
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Hand in Hand zeigt sich Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un mit seiner Tochter, es ist das erste Mal, dass sie überhaupt in Erscheinung tritt. Warum gerade jetzt – und warum so?

Nordkorea schießt weiter um sich. Die selbsterklärte Atommacht feuerte am Freitag eine Interkontinentalrakete (ICBM) "neuen Typs" ab, nach Pjöngjangs gewohnt schriller Propaganda wähnt sich das weithin isolierte Land damit in Besitz der "weltweit stärksten strategischen Waffe" und eines weiteren Mittels, um "auf totale Konfrontation mit uneingeschränkter Konfrontation" antworten zu können.

Der Test, der sich in die aggressive Waffenschau der vergangenen Wochen einreiht, wurde von Machthaber Kim Jong Un beaufsichtigt und sei erfolgreich gewesen. Die Streitkräfte hätten nun eine weiteres Mittel zur Hand, um "jede atomare Bedrohung abzuschrecken", wurde Kim zitiert. 

Angesichts der pausenlosen Provokationen und des anhaltenden Dauerfeuers war die eigentliche Überraschung die Anwesenheit von Kims Tochter, die zuvor noch nie öffentlich gesehen wurde. Nicht einmal ihre Existenz hatte die nordkoreanische Seite bisher bestätigt. 

Die staatliche Nachrichtenagentur KCNA veröffentlichte am Samstag eine bizarre Bilderserie, die den Diktator "zusammen mit seiner geliebten Tochter und Frau" im Rahmen des Raketentests zeigen sollen. 

Kim Jong Un, Machthaber von Nordkorea, in Begleitung seiner Tochter 
Kim Jong Un, Machthaber von Nordkorea, in Begleitung seiner Tochter 
© -/KCNA / DPA

Das jugendlich wirkende Mädchen trug auf den Fotos eine weiße Winterjacke und rote Schuhe, eine Aufnahme zeigt sie und ihren Vater Hand in Hand vor dem Fahrzeug mit der Startvorrichtung, von der die "Monsterrakete" – wie der Marschflugkörper in südkoreanischen Medien bezeichnet wurde – abgeschossen werden sollte.

Kim Jong Un und seine Tochter betrachten eine Rakete
Kim Jong Un und seine Tochter betrachten eine Rakete
© -/KCNA / DPA

Angaben über das Alter oder den Namen des Mädchens blieb die Staatspropaganda schuldig. Das Land ist von der Außenwelt weithin abgeschottet, folglich fallen die Informationen über Nordkoreas Herrscherfamilie spärlich aus. Südkoreas Geheimdienste gehen allerdings davon aus, dass Kim und seine Frau Ri Sol Ju drei Kinder haben: einen Sohn, eine Tochter und ein weiteres Kind, dessen Geschlecht unbekannt ist. 

Von links: Kim Jong Un, seine Tochter und seine Frau Ri Sol Ju
Von links: Kim Jong Un, seine Tochter und seine Frau Ri Sol Ju
© -/kcna / DPA

Auch innerhalb Nordkoreas ist wenig über die Kim-Dynastie bekannt. Im November 2012 war Kim Jong Uns offenbar schwangere Frau zwar im Staatsfernsehen zu sehen, möglicherweise mit der nun präsentierten Tochter, darüber hinaus wurden jedoch keine offiziellen Informationen über das Mädchen bekannt. 

Hand in Hand: Kim Jong Un und seine Tochter
Hand in Hand: Kim Jong Un und seine Tochter
© -/KCNA / DPA

Im Jahr 2013 sagte der ehemalige US-Basketballstar Dennis Rodman, der Kim als einen "Freund fürs Leben" bezeichnete, dass er seine Tochter – damals ein Baby – bei einem Besuch in Pjöngjang auf dem Arm gehalten habe. Seinerzeit sagte er in einem Interview mit dem britischen "Guardian", dass ihr Name Ju-ae sei.

Dass Kim seine Tochter nun im Rahmen einer Waffenschau der Weltöffentlichkeit präsentierte, und letztlich auch dem nordkoreanischen Volk, könnte Beobachtern zufolge daher als Botschaft nach innen wie außen angelegt sein, dass er den Ausbau des Nuklearprogramms als Generationenaufgabe betrachtet – und als Vermächtnis auch von Ju-ae verantwortet werden soll.

Nordkoreas Machthaber und sein "Vermächtnis"

"Das ist der erste öffentliche Anlass, bei dem wir Kim Jong Uns Tochter gesehen haben", zitierte Reuters den Nordkorea-Experten Michael Madden von der US-Denkfabrik Stimson Center. "Es ist von großer Bedeutung und zeugt von einem gewissen Grad an Selbstbewusstsein Kim Jong Uns, dass er sie auf diese Weise an die Öffentlichkeit bringt." 

Jenny Town von 38 North, einer Forschungsinstitution in Washington, die sich mit Nordkorea befasst, liest aus dem Setting und den dazu veröffentlichten Bildern gewissermaßen eine langfristige Staffelübergabe. Es wirke so, als wolle Kim "ein Vermächtnis weitergeben", sagte sie der Nachrichtenagentur. "Diese Optik vermittelt das Gefühl, dass sie (die Tochter) jetzt auch ein Teil des Vermächtnisses ist." 

Nordkorea werde seine Nuklearstreitkräfte "auf lange Sicht behalten", schlussfolgert Antik Panda, Nuklearexpertin bei der US-Denkfabrik Carnegie Endowment for International Peace, aus den Bildern. Sie betrachtet Kims Entscheidung, seine Tochter beim Raketenstart zu präsentieren, als möglichen Hinweis darauf, dass der Diktator sein Nuklearprogramm als Mehrgenerationenanstrengung ansehe, sagte sie zur "New York Times"

Kims eigener erster Auftritt in den nordkoreanischen Staatsmedien erfolgte 2010, kurz nachdem er zum Nachfolger seines Vaters Kim Jong Il ernannt worden war, der im darauf folgenden Jahr verstarb. Das erste offizielle Foto, das die Staatspropaganda seinerzeit veröffentlichte, zeigte Kim mit seinem Vater und einer Reihe hochrangiger Parteifunktionäre. 

Nach Ansicht von Beobachtern sollten die Fotos auch seine Familienverbundenheit demonstrieren. Über interne Diskussionen in dem abgeschotteten Land über eine mögliche Nachfolge Kims ist jedoch nichts bekannt. Im vergangenen Jahr hatte Südkoreas Geheimdienst mitgeteilt, Kims jüngere und einflussreiche Schwester Kim Yo Jong sei mittlerweile anscheinend die "De-facto-Führerin Nummer zwei".

Kim, der nach südkoreanischen Angaben 38 Jahre alt ist, wurde nach dem Tod seines Vaters Kim Jong Il Ende 2011 zum "obersten Führer"der Streitkräfte, der Partei und des Staats ausgerufen. Die Kim-Dynastie ist bereits seit mehr als 70 Jahren in dem verarmten, aber hochgerüsteten Staat an der Macht.

Quellen:  "The New York Times", Reuters, "The Guardian"CNN, Sky News, "Business Insider", Deutsche Welle, mit Material der Nachrichtenagentur DPA

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