Die Voruntersuchungen gegen Wikileaks-Gründer Julian Assange in Schweden wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung werden niedergelegt. Das teilte die stellvertretende Direktorin der schwedischen Strafverfolgung, Eva-Marie Persson, am Dienstag mit. Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft könne jedoch angefochten werden.
Im Sommer fanden neue Anhörungen statt, aber die Beweise reichten nicht aus, sagte Persson auf einer Pressekonferenz. Laut dem schwedischen Sender SVT führte sie weiter aus, dass Assange und die Klägerseite in einigen Teilen konsistente und in anderen völlig unterschiedliche Informationen gegeben hätten: "Die Klägerin ist glaubwürdig und ihre Informationen sind zuverlässig. Aber die unterstützenden Beweise reichen nicht aus", sagte Eva-Marie Persson. Dies liege daran, dass die Beweise "geschwächt" seien. "Es ist neun Jahre her. Die Zeit spielt dabei eine Rolle. Die mündlichen Aussagen haben sich im Laufe der Zeit abgeschwächt. Die Erinnerung verblasst aus natürlichen Gründen", sagte Persson.

Assange sitzt in Londoner Gefängnis
Der 48 Jahre alte Assange befindet sich derzeit in einem Gefängnis in London, nachdem er im April dieses Jahres von der britischen Polizei festgenommen wurde. Die ecuadorianische Botschaft, in die er 2012 geflohen war, hatte sein politisches Asyl zurückgezogen und die Polizei aufgefordert, Assange zu verhaften. Nach der Festnahme, beschloss die schwedische Staatsanwaltschaft die 2017 abgeschlossene Vergewaltigungsuntersuchung neu aufzurollen.
Im Mai 2019 hatte die schwedische Staatsanwaltschaft ihre Voruntersuchungen aber wiederaufgenommen und Haftbefehl beantragt, was das zuständige Gericht in Uppsala aber im Juni ablehnte. Die Strafverfolgung hatte darauf verzichtet, gegen die Ablehnung des Haftbefehls in Berufung zu gehen.
Auslieferung in die USA noch nicht vom Tisch
Gegen Assange lag ein europäischer Haftbefehl wegen Vergewaltigungsvorwürfen in Schweden vor. Er befürchtete, zunächst nach Skandinavien und schließlich an die USA ausgeliefert zu werden. Diese Option ist nun ausgeschlossen. Eine mögliche Auslieferung an die USA ist aber noch nicht vom Tisch, weil die US-Justiz einen Auslieferungsantrag gestellt hat, der von den Briten zugelassen wurde. Die Verhandlung zu dem Auslieferungsgesuch beginnt am 25. Februar 2020.Washington will Assange wegen des Vorwurfs vor Gericht stellen, der Whistleblowerin Chelsea Manning geholfen zu haben, geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan zu veröffentlichen.
In Großbritannien war Assange im April zu 50 Wochen Gefängnis verurteilt worden, weil er mit der Flucht in die Botschaft gegen Kautionsauflagen verstoßen hatte. Dagegen hatten seine Anwälte zunächst Berufung eingelegt, diese dann aber im Juli fallengelassen.
Assange war in Schweden vorgeworfen worden, im August 2010 eine Frau vergewaltigt zu haben. Er hat das stets bestritten. Andere Vorwürfe sind mittlerweile verjährt. Die schwedischen Ermittlungen waren 2017 schon einmal eingestellt worden, weil es nicht gelungen war, die Vorwürfe ausreichend zu untersuchen. Die Schuldfrage konnte damals nicht geklärt werden.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes hieß es, Assange sei 2010 in die ecuadorianische Botschaft geflohen. Tatsächlich war es 2012.