Nach den tödlichen Schüssen auf Regierungsgegner in Kiew hat die inhaftierte Oppositionsführerin Julia Timoschenko die Ukrainer zum Aufstand gegen Präsident Viktor Janukowitsch aufgerufen. "Das Blut der Helden der Ukraine klebt an den Händen von Janukowitsch", sagte die Ex-Regierungschefin am Mittwoch.
Die 53-Jährige forderte die Sicherheitskräfte auf, zu den Demonstranten überzulaufen: "Belastet Eure Seelen nicht mit dem Blut von Ukrainern". Die wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilte Politikerin betonte, die internationale Gemeinschaft müsse eine "zweite große Front" gegen die "Diktatur" eröffnen.
Nachrichtenagentur meldet fünf Todesopfer
Bei gewaltsamen Zusammenstößen zwischen proeuropäischen Oppositionellen und der Polizei in Kiew sollen mittlerweile fünf Menschen getötet und 300 Verletzt worden sein. Das berichtet die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf Ärzte. Die Generalstaatsanwaltschaft bestätigte lediglich, dass zwei Männer erschossen wurden. Nach Angaben von Regierungsgegnern starb ein dritter Demonstrant nach einem Sturz aus rund 13 Metern Höhe auf der Flucht vor der Polizei. Medien zufolge soll er zuvor Brandsätze auf Beamte geworfen haben.
EU-Kommissionschef José Manuel Barroso kündigte an, die EU werde "mögliche Maßnahmen" und "Konsequenzen" für ihre Beziehungen zur Ukraine prüfen. "Wir schicken sehr klare Botschaften an die Regierung der Ukraine, nicht diesen Weg einzuschlagen, auf den Weg der demokratischen Reformen, des Pluralismus, der Demokratie zurückzukehren."
Russland verwahrte sich daraufhin gegen eine "Einmischung" des Westens in den Konflikt. "Die rechtmäßige Staatsführung der Ukraine ist einer Einmischung von außen in ihre inneren Angelegenheiten ausgesetzt", kritisierte der russische Vize-Außenminister Grigori Karasin. Zugleich erhob er Vorwürfe gegen die ukrainischen Regierungsgegner. "Der extremistische Teil der Opposition verletzt auf rüde Weise die Verfassung des Landes", sagte Karasin.
Schärfere Gesetze in Kraft
Die Proteste der Opposition dauern seit Ende November an. Die Demonstranten kritisierten die Entscheidung von Janukowitsch, ein über Jahre ausgehandeltes Assoziierungsabkommen mit der EU nicht zu unterzeichnen. Der Präsident handelte dabei mutmaßlich auf Druck Russlands, das ihm anschließend einen Milliardenkredit und einen Preisnachlass bei Gaslieferungen gewährte.
Am Mittwoch traten weitreichende Einschränkungen der Pressefreiheit und des Versammlungsrechts in Kraft. Die Polizei kann jetzt Demonstranten von der Stelle weg verhaften.