Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat im Falle einer Einnahme der heftig umkämpften Stadt Bachmut durch die russische Armee vor "freier Bahn" für weitere Eroberungen Russlands in der Ostukraine gewarnt. "Uns ist klar, dass sie nach Bachmut noch weiter gehen könnten", sagte Selenskyj in einem Interview mit dem US-Fernsehsender CNN.
Russland brauche "zumindest einen kleinen Sieg", so Selenskyj – "selbst wenn es alles in Bachmut ruiniert und alle Zivilisten dort tötet". Wenn die Angreifer in der Lage seien, ihre "kleine Flagge" in Bachmut zu hissen, würde dies dazu beitragen, "ihre Gesellschaft zu mobilisieren, um die Vorstellung zu erzeugen, dass sie eine so mächtige Armee sind", meinte der Präsident. Im Gegensatz dazu sei Bachmut für die Ukraine von strategischer Bedeutung. Fiele die Stadt, hätten die russischen Truppen "freie Bahn in andere ukrainische Städte, in Richtung Donezk".
Selenskyj zur Lage in Bachmut: Müssen "alles in unserer Macht Stehende tun"
In dem CNN-Interview mit dem bekannten TV-Moderator Wolf Blitzer, das am Mittwoch ausgestrahlt werden soll, erklärte Selenskyj, die ukrainischen Streitkräfte seien entschlossen, Bachmut zu halten. "Alle sagen, dass wir in Bachmut stark bleiben müssen", sagte Selenskyj mit Blick auf ein Treffen mit dem ukrainischen Generalstabschef und weiteren Armee-Führungsspitzen am Dienstag.
Blitzer sprach den Präsidenten auch auf die angebliche Skepsis einiger Mitglieder der ukrainischen Militärführung an, die befürchten, die hohen Verluste beim Kampf um Bachmut könne die geplante Frühlingsoffensive gefährden. Selenskyj entgegnete jedoch, er habe von seinen Befehlshabern "so etwas noch nie gehört". Natürlich müsste Kiew auch an das Leben seiner Soldaten denken, sagte der Oberste Befehlshaber . "Aber während wir auf Waffen und Nachschub warten und die Armee sich auf die Gegenoffensive vorbereitet, müssen wir alles in unserer Macht Stehende tun."
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Russland bezeichnet Eroberung von Bachmut als entscheidend für den Kriegsverlauf
Moskau hält unterdessen an der Eroberung von Bachmut fest. Am Dienstag hatte der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu eine Eroberung der ostukrainischen Stadt als entscheidend für den Fortgang der russischen Offensive bezeichnet. Bei einem im Fernsehen übertragenen Treffen mit Verantwortlichen seines Ministeriums hatte Schoigu erklärt, die Kontrolle über Bachmut werde "neue offensive Einsätze in der Tiefe gegen die Verteidigung der Streitkräfte der Ukraine ermöglichen".
Bachmut ist bereits seit dem vergangenen Sommer heftig umkämpft. Inzwischen ist die Stadt von russischen Truppen von drei Seiten umzingelt. Angesichts der seit Monaten andauernden erbitterten Gefechte hat die Stadt inzwischen eine hohe symbolische Bedeutung. Nach ukrainischen Angaben harren in Bachmut nur noch weniger als 4000 Zivilisten aus, während die Stadt vor Beginn des Krieges 70.000 Einwohner zählte.
Quellen: AFP; CNN