Die Sicherheitsexpertin Claudia Major hat sich für die Aufnahme russischer Deserteure ausgesprochen. Major sagte am Dienstag im stern-Podcast "Ukraine – die Lage", Russland verfolge einen "menschenverachtenden Ansatz auch gegenüber den eigenen Leuten". Kaum ausgebildete Rekruten würden an die Front geschickt, wo die russische Führung hohe Verluste unter ihnen in Kauf nähme.
Sie sehe die Fragen, die mit der Aufnahme von Kriegsdienstverweigerern verbunden seien – von Sicherheitsfragen bis hin zu denkbaren Spannungen zwischen ukrainischen und russischen Flüchtlingen und dem Einwand der Balten und Polen, dass Deserteure keine Dissidenten seien.
Claudia Major: "Unsere Regel ist, Menschen zu helfen, die in Not sind"
Die Leiterin der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik der Stiftung Wissenschaft und Politik betonte aber zugleich: "Ich würde im Endeffekt dafür plädieren, sie aufzunehmen, weil wir unseren eigenen Regeln treu bleiben müssen. Unsere Regel ist, Menschen zu helfen, die in Not sind." Sie maße sich zudem nicht an, darüber zu richten, ob Männer, die sich jetzt dem Kriegsdienst entziehen, nicht früher Widerstand hätten leisten können.
Major sagte weiter, der Krieg komme durch die Mobilisierung in den Mittelschichten der großen Städte an. Nun werde man sehen, ob der Unmut über die Einberufungen dazu führe, dass sich die Machtbalance in Russland verändere. Scharf kritisierte Major erneut die Scheinreferenden in den ostukrainischen Gebieten, die Russland voraussichtlich innerhalb weniger Tage annektieren wird. "Das ist ein absoluter Tabubruch", sagte sie zu den Grenzverschiebungen, die auch noch mit nuklearen Drohungen einhergingen.
Hinweis der Redaktion: Sicherheitsexpertin Claudia Major ist in dieser Folge die Vertretung für Carlo Masala.