Im goldgeschmückten Georgssaal des Kremlpalasts unterzeichnete Wladimir Putin Verträge, nach denen sich nach seiner Darstellung die Menschen im Osten der Ukraine seit Jahren, gar Jahrzehnten, gesehnt hätten: Mit einem Federstrich verordnete er den Beitritt der besetzten Regionen Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson zur Russischen Föderation. Ungeachtet der offenkundig gefälschten Referenden in diesen Gebieten, ungeachtet der fehlenden Kontrolle über diese Gebiete, ungeachtet der obersten russischen Gesetzgebung selbst. Denn diese sieht die Möglichkeit einer Annektierung fremder Territorien nur mit Zustimmung der Staatsmacht, der diese Territorien unterstehen, vor. Im Fall der ukrainischen Gebiete wäre es die Regierung in Kiew, die der Annexion zustimmen müsste.
Nach einer einstündigen Show im Kreml, bei der Putin den versammelten Abgeordneten und Senatoren eine eigenwillige Geschichtslektion erteilte, begann die Show vor seinen Toren. Auf dem Roten Platz trieb die Staatsmacht eine Zuschauermenge zusammen: Angestellte staatlicher Organisationen, Studenten staatlicher Universitäten und bezahlte Statisten, die für 600 bis 900 Rubel Russland-Fahnen schwenkten und Lobgesänge auf die Annexion anstimmten.
In eigenen Bussen wurden sie ins Zentrum der russischen Stadt gebracht. Studenten wurden sogar aus anderen Städtchen nach Moskau gebracht. Für ihre Teilnahme an der Putin-Sjow bekamen sie die Anrechnung schwieriger Kurse, extra Credits oder vorlesungsfreie Tage versprochen. Das Video zeigt die Ansammlung der Busse auf den zentralen Straßen Moskaus, die für die Veranstaltung gesperrt worden waren.
Der Auftritt von Wladimir Putin
Es sei ein "grandioses Konzert" gewesen, schwärmte das russische Staatsfernsehen im Anschluss. Der Höhepunkt der Inszenierung: Am späten Abend präsentierte sich Wladimir Putin selbst dem Publikum. "Russland öffnet nicht nur die Türen seiner Heimat für unsere Brüder und Schwestern. Russland öffnet sein Herz. Willkommen zu Hause", erklärte der Kreml-Chef, nachdem er eine kurze Fassung dessen lieferte, was er vorher im Georgssaal erzählt hatte. Nach einer kurzen peinlichen Pause stimmten die bestellten Zuschauer im Chor "Russland"-Rufe an.
Neben Putin auf der Bühne standen bewegungslos die vier Vertreter der Gebiete Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson, die zuvor ihre Unterschriften auf die Annexions-Verträge setzten. Bei der Aufstellung wurde dabei ein großer Fehler korrigiert, der den Regisseuren der Show im Kreml unterlaufen war. Den größten der Repräsentanten der ukrainischen Gebiete stellte man nicht mehr neben Putin. Achtet der doch penibel darauf, dass seine geringe Größe nicht ins Auge fällt.