Frau Merkel, wie viele deutsche Soldaten wären im Irak bis heute ums Leben gekommen, wenn die Union die Bundestagswahl vor zwei Jahren gewonnen hätte?
Was die aktive Beteiligung anbelangt, wäre die Lage genau so, wie sie heute ist. Kein Mensch hat erwartet, dass Deutschland Soldaten in den Irak schickt - auch die Amerikaner nicht.
Wie klingt folgender Satz in Ihren Ohren: "Es ist der Irak, der uns alle mit seinen Massenvernichtungswaffen bedroht"?
Das war die Einschätzung der Weltgemeinschaft. Bedrohungen muss man begegnen, deshalb gab es 17 UN-Resolutionen.
Der Satz stammt von Ihnen, aus dem Februar 2003. Und heute weiß man, dass es diese Bedrohung nicht gab. Sie haben in der Irak-Politik die deutsche Bevölkerung getäuscht.
Nein, denn dass von Saddam Hussein eine Bedrohung ausging, hat keiner bezweifelt. Alle Nato-Mitglieder haben die UN-Resolution 1441 akzeptiert. Nun hat man bis heute keine Massenvernichtungswaffen gefunden, aber man wusste nicht, ob es welche gibt. Entsprechend der Resolution 1441 musste der Irak mit den UN kooperieren. Auch Chefinspekteur Hans Blix hat immer wieder betont, dass der Verbleib der Massenvernichtungswaffen, die Saddam Hussein unbestritten auch gegen die Kurden eingesetzt hat, nicht geklärt ist. Und Saddam Hussein war nicht gewillt, mit den UN zu kooperieren.
Inzwischen ist klar, dass viele der von den Amerikanern vorgelegten angeblichen Beweise über Massenvernichtungswaffen im Irak schlicht falsch waren. Sind Sie enttäuscht darüber, von Ihren amerikanischen Freunden an der Nase herumgeführt worden zu sein?
Noch einmal: Ich habe mich auf die Seite derer gestellt - und das war die gesamte Weltgemeinschaft -, die der Meinung waren, dass die 17 UN-Resolutionen gegen die Bedrohung durch Saddam Hussein ernst zu nehmen sind. Es war nötig, Druck auf ihn auszuüben. Dabei sind in Europa schwere Fehler geschehen - auch durch das Verhalten des Bundeskanzlers, der sich einseitig festgelegt und damit den Druck vermindert hat. Unsere Frage war, ob Sie von der US-Regierung enttäuscht sind. Ich habe immer gesagt: Auch eine Supermacht kann nicht alles allein lösen. Deshalb haben wir uns immer dafür ausgesprochen, in den UN eine gemeinsame Haltung zu finden. Ansonsten sehe ich, dass manche der Einschätzungen, was in der Nachkriegszeit passieren würde, zu optimistisch waren.
War der Irak-Krieg also ein Fehler?
Krieg ist immer auch das Versagen von Diplomatie. Viele Seiten haben dazu beigetragen. Durch die Uneinigkeit der Europäer, an der die Bundesregierung einen großen Anteil hatte, ist nicht alles getan worden, um im Sinne der UN-Resolution den Druck auf Saddam aufrechtzuerhalten.
Das sieht die Mehrheit der deutschen Bevölkerung ganz anders. Da ist Gerhard Schröder der Friedenskanzler, und Sie sind die Kriegstreiberin.
Als Politikerin muss ich meiner Überzeugung folgen. Und auch bei kritischer Prüfung bleibe ich dabei: Europa darf nie beiseite stehen, sondern muss sich in Einigkeit aktiv an der Weltpolitik beteiligen.
Wenn die Nato im Juni einen gemeinsamen Einsatz im Irak befürworten würde, wären Sie dann auch dafür, deutsche Soldaten zu schicken?
Wenn die Nato auf Basis einer UN-Resolution den Einsatz von Truppen beschließen würde, sollte Deutschland das nicht blockieren. Eine Beteiligung deutscher Truppen im Irak sehe ich allerdings schon aus Kapazitätsgründen nicht. Aber vordringlich ist, dass es möglichst schnell zu einer UN-Resolution kommt, wie es im Irak weitergehen soll.
Nach der verlorenen Bundestagswahl 2002 haben Sie gesagt, dass Edmund Stoiber im Fall von vorgezogenen Neuwahlen der Kanzlerkandidat der Union wäre. Gilt das noch?
Es gilt, dass die Entscheidung über die Frage, wer Kanzlerkandidat der Union wird, sehr schnell gefällt werden kann.
Das ist aber etwas ganz anderes.
Das ist das, was gilt.
Also gilt etwas Neues.
Es gilt das, was gilt.
Viele CDU-Größen sagen, die K-Frage sei faktisch entschieden - es laufe auf Sie zu.
Ich glaube, dass es richtig ist, diese Entscheidung dann zu fällen, wenn sie ansteht. Allerdings ist es auch richtig, CDU und CSU die Gewissheit zu geben, dass diese Entscheidung dann schnell getroffen werden kann. Diesen Zustand haben wir erreicht.
Erörtern Sie diese Personalfrage auch mit CSU-Chef Edmund Stoiber?
Wir reden über alle Themen, die anstehen. Daraus erwächst das Vertrauen, alle anstehenden Fragen vernünftig zu lösen.
Das klingt nach friedvoller Einigkeit. In den vergangenen Monaten hatte man aber eher den Eindruck, als seien die zunehmenden Auseinandersetzungen zwischen CDU und CSU mehr Zwist zwischen Fremden als Gespräch zwischen Schwestern.
Sicher gibt es Punkte, an denen die Diskussionen etwas strittiger sind. Wir sind eben zwei Parteien und nicht eine. Ich finde es wichtig, dass diese Diskussionen jetzt in der Oppositionszeit stattfinden. Ein großes Manko der Bundesregierung besteht darin, dass sie in ihrer Oppositionszeit nur auf uns geschimpft und darüber vergessen hat, offene Fragen unter sich zu klären. Deshalb sind heute über 80 Millionen Menschen das Experimentierfeld unausgestandener Konflikte. Wir wollen neue Antworten finden. Dass darüber auch öffentlich kontrovers diskutiert wird, halte ich für hinnehmbar, wenn auch nicht jeden Tag erfreulich.
Ihr Vize Friedrich Merz sieht das dramatischer. Er sprach davon, dass sich Merkel und Stoiber "paralysieren".
Die Diskussionen sind sehr beherrschbar und haben zwischen Edmund Stoiber und mir ein hohes Maß an freundschaftlichem Charakter. Im Grunde gibt es nur beim Thema Gesundheit verschiedene Meinungen.
Und beim Steuer-Hickhack...
...nein...
...und der Abschaffung der Pendlerpauschale - es gibt eine ganze Menge ungeklärter Punkte. Das Spiel ist immer das gleiche: Sie verkünden ein Reformkonzept, dann sagt die CSU: So aber nicht, und dann werden Ihre Positionen zerrieben.
Heute steht jeder verantwortliche Politiker vor der Frage: Wie viel Veränderung kann ich den Bürgern vermitteln? Diese Frage steht für die CSU bei der Pendlerpauschale mehr im Vordergrund, und deshalb will sie sie behalten. Für die CDU aber ist in großen Teilen der Wunsch nach einem einfachen Steuersystem wichtiger. Das sind Details. Was wir brauchen, ist ein überschaubares und ordnungspolitisch klares Konzept, darin sind wir uns zwischen CDU und CSU einig. Wir dürfen den Menschen nicht vormachen, dass die notwendige gesellschaftliche Umgestaltung nur in homöopathischen Dosen möglich ist. Der Weg von der Industrie- zur Wissensgesellschaft ist ein Quantensprung. Darauf müssen wir reagieren.
Sie haben dazu einen "Masterplan" angekündigt. Wie soll der aussehen?
Wir müssen völlig neue Antworten finden in den Bereichen Arbeitsmarkt, Steuern, soziale Sicherung, aber auch Bildung. Ich nenne Ihnen drei Beispiele: Auf die Globalisierung und den damit wachsenden Wettbewerb müssen wir mit mehr Flexibilität für Unternehmer antworten. Dafür brauchen wir verstärkt betriebliche Bündnisse für Arbeit, und zwar auf einer gesetzlich verankerten Basis. Um einfache Beschäftigung im Land zu halten, müssen wir bereit sein, sie mit Lohnkostenzuschüssen zu subventionieren. Bisher gab es die, die Arbeit hatten, und die, die 100 Prozent Hilfe bekamen. In Zukunft wird es verstärkt eine Kombination von Lohnsubventionen mit Eigenerwerbstätigkeit geben. Und, drittens, gegen die alternde Gesellschaft müssen wir mehr für die Familien tun, dazu zählt auch eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir müssen mit dem noch immer vorhandenen Vorurteil aufräumen, dass berufstätige Mütter Rabenmütter sind.
Das sind Pläne für die Zukunft. Wenn es konkret wird, kneifen Sie gern mal. Sie hatten gemeinsam mit der rot-grünen Regierung im Bundesrat beschlossen, dass Anfang 2005 Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammengelegt werden sollen. Nun wollen Sie dieses "Arbeitslosengeld II" nicht mehr mittragen. Warum nicht?
Wir streiten uns um die Frage, wer das Arbeitslosengeld II auszahlt. Wir möchten auch den Kommunen dafür die Möglichkeit eröffnen. Dazu braucht es eine Grundgesetzänderung, und die verweigert die SPD. Der Vorschlag von Wirtschaftsminister Clement würde bedeuten, dass man das kommunale Sozialamt zum verlängerten Arm der Bundesagentur für Arbeit macht. Das lehnen wir ab.
Die FDP bringt diese Woche einen Antrag im Bundestag ein, das Gesetz um ein Jahr auf 2006 zu verschieben. Werden Sie sich dem anschließen?
Wir werden unsere eigenen Entscheidungen fällen. Aber wir werden keiner Lösung zustimmen, von der die Fachleute sagen, das wird zum 1. Januar nicht klappen. Dann hätten wir die Maut im Quadrat - nur dass es nicht um Lastwagen geht, sondern um Menschen. Das werden wir nicht mitmachen. Eine Lösung wird momentan aber unwahrscheinlicher.
Welche Zumutungen kämen auf die Menschen zu, wenn Sie Kanzlerin würden?
Ob die von uns geplanten Veränderungen gleich Zumutungen sind, kommt auf die Perspektive an. Natürlich ist das Arbeitslosengeld II - egal, wann es kommt - für denjenigen, der heute Arbeitslosenhilfe bekommt, zunächst mal schwer. Denn er hat dann weniger Geld, das muss man ehrlich sagen. Aus der Zumutung wird aber eine Chance, wenn es gelingt, die Beschäftigungsaussichten zu steigern. Oder: Wäre es eine Zumutung, wenn der über 50-Jährige keinen Kündigungsschutz mehr hätte, dadurch aber die Chance für alle 50-Jährigen stiege, wieder Arbeit zu finden?
An solche Versprechen glaubt nur keiner mehr. Dafür sind die Bürger viel zu oft enttäuscht worden.
Das ist richtig. Es ist ein großes Problem, dass die Reformen der Bundesregierung in viel zu kleinen Dosen kommen. So haben die Menschen den Eindruck, dass die Operationen unentwegt Schmerzen verursachen und der Heilungszustand niemals erreicht wird. Deshalb wollen wir nach der Bundestagswahl in einem Zukunftsgesetzespaket alle fälligen Entscheidungen zügig auf einmal abarbeiten. Anschließend muss man den Reformen dann Zeit geben. In Deutschland ist das Gesetz ja noch nicht verabschiedet, da fragt man schon, wo die Wirkung bleibt. Man muss den Menschen sagen, dass die Wirkung manchmal zwei, drei, vier Jahre braucht. Das gehört zur Ehrlichkeit.
Wer wird 2006 Ihr Koalitionspartner? Die FDP steckt in einem schweren Formtief.
Die FDP ist jedenfalls unser natürlicher Partner.
Können die Grünen auch eine Option sein?
Ich sehe die Grünen nicht als Option. Beim Streit um die Zuwanderung haben wir wieder Szenen erlebt, die die Wahrscheinlichkeit nicht groß erscheinen lassen, dass sie ein Partner sein können. Wir setzen auf die FDP.
Sie erscheinen in letzter Zeit als kühl wägende Taktikerin der Macht. Wie wollen Sie so die Herzen der Menschen erreichen?
Wissen Sie, ich finde das inzwischen schon komisch. Erst war ich die "Königin der Herzen" und hatte nichts im Kopf. Dann bin ich die kühle Strategin, die sich nicht für die Sache interessiert. Dann wieder bin ich die harte Sachentscheiderin, die ihre Sache aber nicht vermitteln kann, weil ihr die Herzensbildung abgeht. Zu bestimmten Zeiten werden eben Teile meiner Wesenszüge überdimensioniert dargestellt. Die abgerundete Beurteilung meiner Persönlichkeit müssen wir wohl in die Historie verschieben.
Ihr Vize Friedrich Merz sieht das dramatischer. Er sprach davon, dass sich Merkel und Stoiber "paralysieren".
Die Diskussionen sind sehr beherrschbar und haben zwischen Edmund Stoiber und mir ein hohes Maß an freundschaftlichem Charakter. Im Grunde gibt es nur beim Thema Gesundheit verschiedene Meinungen.
Und beim Steuer-Hickhack...
...nein...
...und der Abschaffung der Pendlerpauschale - es gibt eine ganze Menge ungeklärter Punkte. Das Spiel ist immer das gleiche: Sie verkünden ein Reformkonzept, dann sagt die CSU: So aber nicht, und dann werden Ihre Positionen zerrieben.
Heute steht jeder verantwortliche Politiker vor der Frage: Wie viel Veränderung kann ich den Bürgern vermitteln? Diese Frage steht für die CSU bei der Pendlerpauschale mehr im Vordergrund, und deshalb will sie sie behalten. Für die CDU aber ist in großen Teilen der Wunsch nach einem einfachen Steuersystem wichtiger. Das sind Details. Was wir brauchen, ist ein überschaubares und ordnungspolitisch klares Konzept, darin sind wir uns zwischen CDU und CSU einig. Wir dürfen den Menschen nicht vormachen, dass die notwendige gesellschaftliche Umgestaltung nur in homöopathischen Dosen möglich ist. Der Weg von der Industrie- zur Wissensgesellschaft ist ein Quantensprung. Darauf müssen wir reagieren.
Sie haben dazu einen "Masterplan" angekündigt. Wie soll der aussehen?
Wir müssen völlig neue Antworten finden in den Bereichen Arbeitsmarkt, Steuern, soziale Sicherung, aber auch Bildung. Ich nenne Ihnen drei Beispiele: Auf die Globalisierung und den damit wachsenden Wettbewerb müssen wir mit mehr Flexibilität für Unternehmer antworten. Dafür brauchen wir verstärkt betriebliche Bündnisse für Arbeit, und zwar auf einer gesetzlich verankerten Basis. Um einfache Beschäftigung im Land zu halten, müssen wir bereit sein, sie mit Lohnkostenzuschüssen zu subventionieren. Bisher gab es die, die Arbeit hatten, und die, die 100 Prozent Hilfe bekamen. In Zukunft wird es verstärkt eine Kombination von Lohnsubventionen mit Eigenerwerbstätigkeit geben. Und, drittens, gegen die alternde Gesellschaft müssen wir mehr für die Familien tun, dazu zählt auch eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir müssen mit dem noch immer vorhandenen Vorurteil aufräumen, dass berufstätige Mütter Rabenmütter sind.
Das sind Pläne für die Zukunft. Wenn es konkret wird, kneifen Sie gern mal. Sie hatten gemeinsam mit der rot-grünen Regierung im Bundesrat beschlossen, dass Anfang 2005 Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammengelegt werden sollen. Nun wollen Sie dieses "Arbeitslosengeld II" nicht mehr mittragen. Warum nicht?
Wir streiten uns um die Frage, wer das Arbeitslosengeld II auszahlt. Wir möchten auch den Kommunen dafür die Möglichkeit eröffnen. Dazu braucht es eine Grundgesetzänderung, und die verweigert die SPD. Der Vorschlag von Wirtschaftsminister Clement würde bedeuten, dass man das kommunale Sozialamt zum verlängerten Arm der Bundesagentur für Arbeit macht. Das lehnen wir ab.
Die FDP bringt diese Woche einen Antrag im Bundestag ein, das Gesetz um ein Jahr auf 2006 zu verschieben. Werden Sie sich dem anschließen?
Wir werden unsere eigenen Entscheidungen fällen. Aber wir werden keiner Lösung zustimmen, von der die Fachleute sagen, das wird zum 1. Januar nicht klappen. Dann hätten wir die Maut im Quadrat - nur dass es nicht um Lastwagen geht, sondern um Menschen. Das werden wir nicht mitmachen. Eine Lösung wird momentan aber unwahrscheinlicher.
Welche Zumutungen kämen auf die Menschen zu, wenn Sie Kanzlerin würden?
Ob die von uns geplanten Veränderungen gleich Zumutungen sind, kommt auf die Perspektive an. Natürlich ist das Arbeitslosengeld II - egal, wann es kommt - für denjenigen, der heute Arbeitslosenhilfe bekommt, zunächst mal schwer. Denn er hat dann weniger Geld, das muss man ehrlich sagen. Aus der Zumutung wird aber eine Chance, wenn es gelingt, die Beschäftigungsaussichten zu steigern. Oder: Wäre es eine Zumutung, wenn der über 50-Jährige keinen Kündigungsschutz mehr hätte, dadurch aber die Chance für alle 50-Jährigen stiege, wieder Arbeit zu finden?
An solche Versprechen glaubt nur keiner mehr. Dafür sind die Bürger viel zu oft enttäuscht worden.
Das ist richtig. Es ist ein großes Problem, dass die Reformen der Bundesregierung in viel zu kleinen Dosen kommen. So haben die Menschen den Eindruck, dass die Operationen unentwegt Schmerzen verursachen und der Heilungszustand niemals erreicht wird. Deshalb wollen wir nach der Bundestagswahl in einem Zukunftsgesetzespaket alle fälligen Entscheidungen zügig auf einmal abarbeiten. Anschließend muss man den Reformen dann Zeit geben. In Deutschland ist das Gesetz ja noch nicht verabschiedet, da fragt man schon, wo die Wirkung bleibt. Man muss den Menschen sagen, dass die Wirkung manchmal zwei, drei, vier Jahre braucht. Das gehört zur Ehrlichkeit.
Wer wird 2006 Ihr Koalitionspartner? Die FDP steckt in einem schweren Formtief.
Die FDP ist jedenfalls unser natürlicher Partner.
Können die Grünen auch eine Option sein?
Ich sehe die Grünen nicht als Option. Beim Streit um die Zuwanderung haben wir wieder Szenen erlebt, die die Wahrscheinlichkeit nicht groß erscheinen lassen, dass sie ein Partner sein können. Wir setzen auf die FDP.
Sie erscheinen in letzter Zeit als kühl wägende Taktikerin der Macht. Wie wollen Sie so die Herzen der Menschen erreichen?
Wissen Sie, ich finde das inzwischen schon komisch. Erst war ich die "Königin der Herzen" und hatte nichts im Kopf. Dann bin ich die kühle Strategin, die sich nicht für die Sache interessiert. Dann wieder bin ich die harte Sachentscheiderin, die ihre Sache aber nicht vermitteln kann, weil ihr die Herzensbildung abgeht. Zu bestimmten Zeiten werden eben Teile meiner Wesenszüge überdimensioniert dargestellt. Die abgerundete Beurteilung meiner Persönlichkeit müssen wir wohl in die Historie verschieben.
Wie sehen Sie sich selbst?
Als einen neugierigen Menschen, der sich seit Jahren über die Frage der neuen sozialen Marktwirtschaft Gedanken macht - nicht aus Daffke, sondern weil es mich wirklich bewegt. Ich gehöre zu den Menschen, die erlebt haben, wie ein ineffizient geführtes System zusammenbrach. Ich will nicht die DDR mit der Bundesrepublik vergleichen, aber mir ist sehr klar, dass es keinen Rechtsanspruch auf Wohlstand gibt, sondern dass ihn sich jede Generation erarbeiten muss.
Sind Sie ein politisches Alphatier?
Um meine Ziele zu erreichen, setze ich die mir vom Herrgott gegebene Fähigkeit des logischen Denkens ein. Und zumindest denen, die mich kennen, erscheine ich hinreichend emotional. Ab und zu schwappt die Freude, die ich an der Arbeit habe, sogar über. Also bin ich ganz zufrieden mit mir. Jetzt, wo ich bald die 50 erreiche, habe ich mich weitgehend mit den mir mitgegebenen Fähigkeiten abgefunden. Früher wollte ich Eiskunstläuferin werden. Das lag mir nun gerade besonders wenig. Früher wollte ich immer Dinge tun, die ich nicht konnte. Das ist heute sicher anders.
Sehen Sie Vorteile darin, als Frau gegen Schröder anzutreten?
Als Frau muss man öfter neue Pfade betreten. Es gibt nur wenig Erfahrungen mit "herrschaftlichem" Verhalten von Politikerinnen. Das ist sicher manchmal anders als bei Männern. Darin kann eine Gefährdung liegen, aber auch die Faszination des Unbekannten. Sicher ist: Frauen werden nicht deshalb gewählt, weil noch nie eine Frau vorher gewählt wurde. Wenn Frauen gewählt werden, müssen sie das Spektrum genauso umfassend ausfüllen wie Männer. Das wiederum bestärkt mich in meinem Satz: Frauen sind auch Menschen.
Interview: Andreas Petzold/ Franziska Reich/ Frank Thomsen