VG-Wort Pixel

Für 250 Millionen Euro – bis jetzt "Offenbarungseid" – Deutschland exportiert so viele Waffen in die Türkei wie seit 15 Jahren nicht mehr

Rüstungsexporte in die Türkei: U-Boote der Klasse 214
Laut Wirtschaftsministerium geht es um "Ware ausschließlich für den maritimen Bereich" für die Türkei. Es ist wahrscheinlich, dass um Material für sechs U-Boote der Klasse 214 geht (hier ein Exemplar für die griechische Marine)
© GDK / Wikipedia Creative Commons
Wegen der Syrien-Offensive hat die Bundesregierung die Waffenlieferungen an die Türkei teilweise gestoppt. Trotzdem könnte der Nato-Partner in diesem Jahr wieder die Nummer eins unter den Empfängern deutscher Rüstungsgüter werden.

Die Türkei hat in den ersten acht Monaten dieses Jahres Kriegswaffen für 250,4 Millionen Euro aus Deutschland erhalten. Das ist bereits jetzt der höchste Jahreswert seit 2005, obwohl noch vier Monate bis zum Jahresende fehlen. Die neuen Exportzahlen gehen aus der Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der stellvertretenden Linksfraktionschefin Sevim Dagdelen hervor, die der Nachrichtenagentur DPA vorliegt.

Bereits im vergangenen Jahr machten die Lieferungen an die Türkei mit 242,8 Millionen Euro fast ein Drittel aller deutschen Kriegswaffenexporte (770,8 Millionen Euro) aus. Damit war die Türkei klar die Nummer eins unter den Empfängerländern deutscher Rüstungsgüter. Das könnte trotz eines teilweisen Rüstungsexportstopps wegen der Syrien-Offensive auch in diesem Jahr wieder der Fall sein.

Auch 2019 Waffenexporte in die Türkei genehmigt

Bei den gelieferten Waffen handelt es sich laut Wirtschaftsministerium um "Ware ausschließlich für den maritimen Bereich". Es ist wahrscheinlich, dass es zum großen Teil um Material für sechs U-Boote der Klasse 214 geht, die in der Türkei unter maßgeblicher Beteiligung des deutschen Konzerns Thyssenkrupp Marine Systems gebaut werden. Die Bundesregierung hatte die Lieferung von Bauteilen bereits 2009 genehmigt und den Export mit einer sogenannten Hermes-Bürgschaft in Höhe von 2,49 Milliarden Euro abgesichert. Inzwischen werden solche Bürgschaften für Kriegswaffenexporte in die Türkei nicht mehr erteilt.

Stern Logo

Auch bei den neuen Exportgenehmigungen der Bundesregierung für die Türkei gibt es in diesem Jahr erstmals seit drei Jahren wieder eine Steigerung – und zwar eine deutliche. Bis zum 9. Oktober gab die Bundesregierung grünes Licht für Rüstungslieferungen im Wert von 28,5 Millionen Euro. Das ist bereits mehr als doppelt so viel wie im ganzen Jahr 2018 mit 12,9 Millionen Euro. Die Zahl der Einzelgenehmigungen hat sich sogar von 58 im gesamten Jahr 2018 auf 182 in den ersten neuneinhalb Monaten dieses Jahres mehr als verdreifacht. 2016 waren noch Rüstungsgüter für 84 Millionen Euro genehmigt worden.

Bundesaußenminister Heiko Maas hatte am Samstag bekanntgegeben, dass wegen der türkischen Militäroffensive in Nordsyrien gegen die Kurdenmiliz YPG keine Lieferungen von Rüstungsgütern mehr an den Nato-Partner genehmigt werden, die in dem Konflikt genutzt werden können. Andere Waffenexporte werden aber weiterhin erlaubt. Auch bereits genehmigte Geschäfte sind von dem Lieferstopp nicht betroffen.

"Großer Schwindel" in der Rüstungspolitik

Auch in den letzten vier Monaten des Jahres dürften also weiter Rüstungsgüter aus Deutschland an den Nato-Partner geliefert werden. Nach Zahlen des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri zählte Deutschland in den vergangenen zehn Jahren zu den fünf wichtigsten Waffenlieferanten der Türkei nach den USA, Südkorea, Italien und Spanien.

Dagdelen nannte die neuen Zahlen einen "Offenbarungseid" der Bundesregierung. Sie belegten "in erschreckender Weise die skrupellose Hochrüstung der Türkei", sagte sie. "So entlarvt sich das ganze Gerede von einer restriktiven Rüstungsexportpolitik selbst als großer Schwindel."

wue DPA

Mehr zum Thema

Newsticker