Eine Kleinstadt mit bunt angestrichen Holz- und Fachwerkbauten, Rosensträuchern, soliden Gründerzeithäusern, verwinkelten Kopfsteinpflastergassen und einer ausgedehnten Fußgängerzone: Ystad wirkt solide, wie viele andere Orten in Schweden, weil das Land von zwei Weltkriegen verschont wurde. Städtebauliche Schandflecken aus den 50er und 60er Jahren sind eher selten.
Doch hinter der Fassade des heilen Stadtbildes existiert auch eine andere Welt: die des Verbrechens, wenn auch nur in den Köpfen vieler Besucher. Denn dem Schriftsteller Henning Mankell dient Ystad in seinen Büchern als zentraler Tatort. Hier schiebt Polizeikommissar Kurt Wallander seinen Dienst. In den Verfilmungen seiner Krimis wurde Ystad auch zur Kulisse: 44 Wallander-Filme wurden in Skåne gedreht, eine Tatsache, die Krimileser und Fernsehzuschauer gerade aus dem deutschsprachigen Europa hierher verschlägt. Inzwischen wurden seine Werke in mehr als 40 Sprachen übersetzt und sind mehr als 40 Millionen Bücher verkauft.
Die Fans knipsen ihre Selfies vor der grünen Tür des Hauses mit der Nummer 11c in der eigentlich unspektakulären Mariagatan. In den Filmen wohnt hier die Hauptfigur. In Wallanders Lieblingscafé, der Fridolfs Konditori, gibt es Zimtschnecken und "Wallanderbakelse", giftig-blaue und völlig überzuckerte Punschschnitten.
Wallander ist einfach menschlich und nahbar
Im Continental du Sud, einem modernisierten Hotel von 1829 und das beste am Platz, tafelte der Kommissar gerne und dort spielt das Buch "Mittsommermord". "Hinten rechts in der Fensterecke steht sein Tisch", erzählt mir die Bedienung. In den Büchern speiste er dort häufiger mit einer Tochter Linda. Alle Straßennamen in den Büchern existieren auch in der Wirklichkeit.
Was macht Wallander so populär? Dabei ist er kein schillernder Sherlock, eher ein griesgrämiger Anti-Held und nur selten gut drauf. Vielleicht finden sich viele von uns in seinen Eigenschaften wieder: Er kann nicht gut schlafen, treibt keinen Sport, macht häufig Überstunden und schlürft gerne mal einen Whisky. "Er sehnt sich manchmal fort von all dem Elend, wie wir alle es ab und zu tun", sagte Mankell über seinen Protagonisten. Wallander ist einfach menschlich und nahbar.
Henning Mankell, der Autor der zwölfteiligen Romanreihe, verstarb 2015 an einem Krebsleiden im Alter von 67 Jahren. In dritter Ehe war er mit Eva Bergman verheiratet, der zweiten Tochter des schwedischen Regisseurs Ingmar Bergman.