"Aufgrund eines erhöhten Passagieraufkommens kann es zu längeren Wartezeiten in verschiedenen Bereichen am Flughafen in Hamburg kommen", heißt es in einer E-Mail, die diese Tage Passagiere der Lufthansa mit dem Startflughafen Hamburg erhalten. "Aus diesem Grunde möchten wir Sie bitten frühzeitig vor Ihrem Abflug am Flughafen einzutreffen." Konkrete Zeitangaben, wie viele Stunden vor Abflug die Fluggäste am Check-in erscheinen sollen, werden nicht genannt.
Seit Himmelfahrt und Pfingsten wird wieder kräftig gereist. Doch die Luftfahrtbranche trifft der Boom von Urlaubsreisen per Jet wie unerwartet: Bei der Infrastruktur klemmt es an allen Ecken und Enden, am Boden und in der Luft. Lange Schlangen an den Schaltern bei der Gepäckabgabe, vor der Sicherheitskontrolle und verpasste Flüge sind die Folge. Michael Eggenschwiler, Vorsitzender der Geschäftsführung am Hamburg Airport, drückt die prekäre Lage diplomatisch aus: "Wir können nicht ausschließen, dass es auch mal zu Verzögerungen und Unregelmäßigkeiten kommen kann." Mit anderen Worten: Die kommenden Wochen werden für Flugreisende an vielen deutschen Flughäfen zur Geduldsprobe.
Lufthansa-Flüge im Juli zu Hunderten gestrichen
Der hausgemachte Personalmangel bei den Flughafendienstleistern hat zur Folge, dass trotz steigender Nachfrage das Angebot reduziert wird. So hat Lufthansa auf Nachfrage von DPA angekündigt, dass sie allein im Ferienmonat Juli 900 Flüge von und zu ihren Drehkreuzen in Frankfurt und München streichen wird. Betroffen sind Inlands- und Europaflüge an den Verkehrstagen Freitag, Samstag und Sonntag. Das entspricht einer Reduzierung des Angebots an Wochenenden um fünf Prozent.

Probleme bei der Personalplanung
Um Engpässe zu Spitzenzeiten abzufedern, dünnt auch der Billiglieger Eurowings den Flugplan "um mehrere hundert Flüge" aus. Von Flugstreichungen betroffene Passagiere werden kontaktiert und auf alternative Verbindungen umgebucht.
Ebenso muss die zu Lufthansa Gruppe gehörige Fluglinie Swiss laut der "Neuen Zürcher Zeitung" wegen Personalmangels ihr Flugprogramm reduzieren. San Francisco wird ab Zürich weniger angeflogen. Die Wien-Verbindungen werden von der Schwestergesellschaft Austrian Airlines übernommen, und die Flüge zwischen Nürnberg und Zürich sollen von Juli bis Oktober ganz entfallen. Swiss hatte in der Corona-Krise 1700 Stellen abgebaut – rund ein Fünftel der Belegschaft. Nun sollen beim Kabinenpersonal Kolleginnen und Kollegen der Lufthansa einspringen.
"Über alle Standorte hinweg fehlen den Dienstleistern, die an der Abfertigung der Passagiere beteiligt sind, rund 20 Prozent Bodenpersonal im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit", fasst Ralph Beisel, der Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbandes ADV, die Lage zusammen. Neueinstellungen sind langwierig, da allein die Sicherheitsüberprüfung der Bewerber bei den Behörden sechs Wochen in Anspruch nehmen kann.
Die Kluft zwischen Nachfrage und Angebot betrifft nicht nur Airlines in Europa. American Airlines sucht inzwischen an die 2000 Pilotinnen und Piloten, nachdem sie in den vergangenen zwei Jahren zu viele in Frühpensionierung geschickt hatte. Durch den Mangel bleiben zurzeit ungefähr hundert Flugzeuge, die vor allem zu den Regionalflotten gehören, am Boden.
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