Die größte Sorge von Mieterinnen und Mietern galt zuletzt den explodierenden Energiepreisen. Heizen und Strom verteuerten sich derart, dass der Begriff "Nebenkosten" wie eine ziemliche Untertreibung klang. Aber auch die eigentlichen Hauptkosten, die Kaltmieten, stiegen im vergangenen Jahr spürbar.
Laut einer Auswertung von Immowelt sind 2022 die Angebotsmieten für Bestandswohnungen in 75 von 79 Städten gestiegen. In Berlin waren es fünf Prozent mehr, in Hamburg sieben Prozent, in Münster, Reutlingen, Potsdam und Lübeck sogar zweistellig. Dahinter steht eine Trendwende am Immobilienmarkt: Jahrelang stiegen die Immobilienpreise stärker als die Mieten. Doch mit den sprunghaft gestiegenen Zinsen können sich viele den Kauf nicht mehr leisten. In der Folge werden Mietwohnungen stärker nachgefragt, die Mieten steigen.
Wer genauer hinschaut, erkennt innerhalb des großen Trends aber noch eine zweite Entwicklung. In den teuren Städten entwickelten sich zuletzt die Mietangebote für Bestandswohnungen und für Neubauwohnungen deutlich auseinander. So zeigt das aktuelle Wohnbarometer von Immoscout24, dass bestehende Wohnungen in Metropolen im vierten Quartal 2022 kaum teurer angeboten wurden als im Vorquartal. In Berlin, Köln und Düsseldorf wurden sie sogar günstiger angeboten. Neu gebaute Mietwohnungen wurden hingegen in fast allen Metropolen deutlich teurer vermietet als zuvor.
So wurden etwa in Köln im vierten Quartal 2022 Bestandswohnungen um 2,5 Prozent günstiger angeboten als im Quartal davor, Neubauwohnungen hingegen 2,9 Prozent teurer. Auch in Berlin und Düsseldorf wurde Bestand günstiger und Neubau teurer. In Stuttgart, München und Frankfurt stiegen die Mieten für Bestandswohnungen zwar, allerdings wesentlich schwächer als die für Neubauobjekte. Nur in Hamburg lässt sich der Trend in den aktuellen Zahlen nicht beobachten.
Nettokaltmiete für 70-Quadratmeter-Wohnung in Q4 2022 (und Entwicklung ggü. Q3 2022)
Stadt | Bestand | Entwicklung Bestand | Entwicklung Neubau | |
Berlin | 802 Euro | -0,3% | 1117 Euro | +1,3% |
Düsseldorf | 772 Euro | -1,8% | 955 Euro | +2,2% |
Frankfurt | 921 Euro | +0,1% | 1096 Euro | +1,5% |
Hamburg | 900 Euro | +0,7% | 1049 Euro | +0,2% |
Köln | 818 Euro | -2,5% | 960 Euro | +2,9% |
München | 1244 Euro | +0,2% | 1496 Euro | +3,1% |
Stuttgart | 904 Euro | +2,4% | 1143 Euro | +4,2% |
Angebotsmieten; eigene Darstellung; Quelle: Immoscout
Lieber Neubau als unsanierter Bestand
Dass Neubauwohnungen sich stärker verteuern, lässt sich teilweise damit erklären, dass die Mietpreise hier unreguliert sind. Da Bestandswohnungen aber sogar teils günstiger werden, spricht viel dafür, dass diese wegen höherer Heizkosten generell an Attraktivität verlieren. "Mieter:innen scheinen aufgrund der Sorge um die steigenden Energiekosten vermehrt nach Neubauwohnungen zu suchen, die deutlich energieeffizienter sind als der oftmals unzureichend sanierte Wohnungsbestand", sagt Immoscout-Chefin Gesa Crockford. "Entsprechend steigen die Nachfrage und die Angebotsmieten im Neubau deutlich stärker als im Bestand." Diese Entwicklung sieht Immoscout nicht nur an den aufgerufenen Preisen, sondern auch an der Zahl der Anfragen über die Plattform. Deutschlandweit lässt sich dieser Trend laut Immoscout aber nicht beobachten, er gilt nur für die teuren Metropolen.
Generell spielen die Energiepreise in der Kalkulation der Mieter aber natürlich eine immer größere Rolle. Der Anteil der Nebenkosten an der Gesamtmiete stieg laut Immoscout im vergangenen Jahr trotz steigender Mieten von 16,8 auf 18,3 Prozent. Experten fürchten, dass sich die Situation auf dem Mietmarkt weiter zuspitzen könnte. Dass viele Kaufinteressenten wegen der verschlechterten Finanzierungsbedingungen und hohen Preise doch mieten statt kaufen, ist dabei nur ein Faktor. Auch der Neubau von Wohnungen kommt infolge von Handwerkermangel und verteuerten Materialien nur schleppend voran.