Mehr als jedes fünfte direkt betroffene Unternehmen will als Reaktion auf die Mindestlohnerhöhung am 1. Januar Jobs abbauen. Konkret sagten dies 21,7 Prozent in der aktuellen Konjunkturumfrage des Ifo-Instituts, wie die Münchner Wirtschaftsforscher mitteilen. Allerdings sind nur 37 Prozent direkt betroffen. Unter ihnen wollen zudem viele Betriebe auf Investitionen verzichten und Preise anheben. Der Mindestlohn steigt zum Jahreswechsel um 1,08 Euro auf 13,90 Euro pro Stunde.
"Die anstehende Mindestlohnerhöhung zum Jahreswechsel stellt einen bedeutenden Lohnkostenanstieg für die betroffenen Unternehmen dar", sagt Ifo-Forscher Sebastian Link. "Die Reaktionen der Unternehmen zeigen, dass die Anhebung des Mindestlohns in der aktuellen Phase der wirtschaftlichen Schwäche besonders schädlich ist."
2022 waren die Reaktionen milder
Auffallend ist, dass die Reaktionen der Unternehmen deutlich schärfer ausfallen, als bei der letzten großen Mindestlohnerhöhung 2022. Damals war es sogar um 1,55 auf 12 Euro nach oben gegangen. Jetzt planten sie aber häufiger mit Stellenabbau und Investitionskürzungen, betont Link.
Vor der Erhöhung 2022 hatten nur 10,6 Prozent der betroffenen Unternehmen einen Stellenabbau geplant. Eine Senkung der Investitionen steht aktuell bei 27,7 Prozent der betroffenen Unternehmen an, damals nur bei 15 Prozent an. In Bezug auf mögliche Preisanhebungen sind die Reaktionen diesmal allerdings etwas geringer. Aktuell planen dies 49,7 Prozent, damals waren es 54,8.
Trotz der angekündigten Reaktionen sehen viele betroffene Firmen negative Auswirkungen: So erwarten 51 Prozent von ihnen, eine sinkende Profitabilität und 36,7 Prozent eine sinkende Wettbewerbsfähigkeit.
Gastgewerbe und Einzelhandel am häufigsten betroffen
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Als direkt betroffen gelten Unternehmen, wenn sie aktuell Mitarbeiter mit einem Stundenlohn unter dem künftigen Mindestlohn von 13,90 Euro je Stunde haben. Das ist besonders oft im Gastgewerbe mit 77 Prozent, dem Einzelhandel mit 71 Prozent sowie in der Textil- und der Nahrungsmittelindustrie mit 62 und 59 Prozent der Fall. In vielen anderen Branchen sind es weniger als 40 Prozent der Unternehmen, in Maschinenbau und am Bau sogar weniger als 20 Prozent. Am Bau macht sich der dort geltende höhere Branchenmindestlohn bemerkbar.
Der Anteil der von der Mindestlohnerhöhung betroffenen Arbeitsverhältnisse ist sehr viel geringer: Bei den betroffenen Firmen sind es 15,5 Prozent der Jobs. Über alle Unternehmen - also inklusive der nicht betroffenen - nur 5,8 Prozent. Der mit Abstand höchsten Anteil findet sich im Gastgewerbe. Dort ist es mit 23,9 Prozent fast jedes vierte Arbeitsverhältnis - über alle Betriebe gerechnet.
DGB kritisiert Arbeitgeber und Ifo
Deutliche Kritik kam vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB): "Der höhere Mindestlohn von 13,90 Euro wurde gemeinsam mit der Arbeitgeberseite in der Mindestlohnkommission beschlossen", sagte Vorstandsmitglied Stefan Körzell. "Anstatt permanent sozialpartnerschaftliche Verabredungen infrage zu stellen, sollten die Unternehmen jetzt konstruktiv an Umsetzungsfragen arbeiten."
Auch das Ifo selbst nahm Körzell aufs Korn: Schon vor Einführung des Mindestlohns habe es den Verlust von einer Million Arbeitsplätzen prognostiziert. Stattdessen sei die Beschäftigung nach der Einführung gestiegen. "Wir kennen die alte Leier seit zehn Jahren: Auch frühere Mindestlohnerhöhungen wurden von Arbeitgeberseite mit düsteren Prognosen begleitet, die in der Realität nicht eingetroffen sind."