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Rüstungskonzern Panzerbauer Rheinmetall wegen Türkei-Projekt unter Druck

Ein Prototyp des türkischen Kampfpanzers Altay: Rheinmetall will beim Bau dabei sein
Rheinmetall will beim Bau türkischer Kampfpanzer dabei sein
© Burhan Ozbilici/AP
Politiker von SPD und Grünen drohen dem Rüstungskonzern wegen der geplanten Panzerfabrik in der Türkei mit Konsequenzen: "Rheinmetall verspielt seine Reputation", sagt der SPD-Abgeordnete Arnold.

Trotz aller Kritik hält Rheinmetall daran fest: Der Düsseldorfer Rüstungskonzern treibt unbeirrt das Vorhaben voran, mit lokalen Partnern in der Türkei die Produktion von Panzern aufzunehmen. "An dem Projekt wird weiter gearbeitet", bekräftigte jetzt ein Sprecher des Unternehmens. Wie der stern zusammen mit dem Recherchezentrum Correctiv und der türkischen Exilredaktion Özgürüz Anfang März publik machte, hatte Rheinmetall bereits Ende vergangenen Jahres zusammen mit der türkischen Firma BMC und der malaysischen Holding Etika Strategi in Ankara das Gemeinschaftsunternehmen RBSS gegründet. Mit ihm wollen sich die Partner für die Produktion von Kampfpanzern in der Türkei bewerben.

Bei Rheinmetall meint man das Ernst – trotz der zunehmend düsteren Lage für Menschenrechte und Demokratie in der Türkei. Die Pläne zur Gründung der Gemeinschaftsfirma RBSS "reichen einen längeren Zeitraum zurück und sind – unabhängig von aktuellen politischen Konstellationen – sehr langfristig angelegt", sagte der Rheinmetall-Sprecher.

Doch zugleich steigt der Druck auf das Unternehmen – jetzt sogar aus der Regierungspartei SPD. "Rheinmetall verspielt gerade mit seiner Geschäftspolitik seine Reputation in der Politik", sagte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Arnold, dem stern. Es sei zwar schwer für die deutsche Politik, das Vorhaben zu verhindern - wenn Rheinmetall weder Rüstungsgüter exportiert noch Blaupausen, sondern nur Experten entsendet, die das Wissen in ihren Köpfen mitbringen. Zur Not müsse man aber darüber nachdenken, wie man rechtliche Wege finde, auch hier einzugreifen: "Rheinmetall provoziert das", sagte der SPD-Politiker.

Jedenfalls habe die Bundesregierung sehr wohl Hebel, um Einfluss zu nehmen, glaubt Arnold: "Natürlich ist die Vergabe ein Mittel, um Rüstung in die gewünschte Richtung zu lenken."

Einflussmöglichkeiten über die Bundeswehr?

Anders gesagt: Die Bundesregierung könnte den Konzern abstrafen, in dem man ihm weniger Aufträge aus dem Etat der Bundeswehr gewährt. Sie ist bei dem Düsseldorfer Konzern Großkunde – und nach den Angaben von Rheinmetall selbst stehen bis zur Sommerpause noch 15 größere Beschaffungsentscheidungen an, bei denen das Düsseldorfer Unternehmen beteiligt ist. Das betreffe "mögliche Auftragseingänge" von rund zwei Milliarden Euro, sagt Rheinmetall.

Selbst  wenn es das Vergaberecht nicht zulässt, Unternehmen einfach so aus politischen Gründen abzustrafen, hätte die Bundesregierung sehr wohl Einflussmöglichkeiten, glaubt auch der Grünen-Verteidigungsexperte Tobias Lindner: "Dann können sie bei Rheinmetall nicht einfach erwarten, großzügig von Bundesmitteln für Forschung und Entwicklung zu profitieren."

"Nicht alles, was man kann, sollte man auch machen", sagt Lindner an die Adresse des Unternehmens: "Auf Dauer müssen sie sich bei Rheinmetall überlegen, was ihnen wichtiger ist. Wollen sie bevorzugter Lieferant in Deutschland sein oder wollen sie im Ausland Geschäfte machen?"

Verflechtungen mit der Politik

In Berlin wundern sich einige, wie ungerührt Rheinmetall-Chef Armin Papperger seine Türkei-Pläne vorantreibt. Und das, obwohl der Düsseldorfer Konzern in besonderer Weise mit der Politik verflochten ist. Oder gerade deswegen? Anfang 2015 jedenfalls heuerte dort der frühere FDP-Minister Dirk Niebel als Lobbyist an. Seitdem hilft der Freidemokrat dort "beim Ausbau der globalen Regierungsbeziehungen". Am Freitag wurde publik, dass demnächst der frühere CDU-Verteidigungsminister und Noch-Bundestagsabgeordnete Franz-Josef Jung in den Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft einziehen soll. Und dann ist da der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Henning Otte. Ihm wird Rheinmetall nicht ganz gleichgültig sein. Immerhin liegt in der Gemeinde Unterlüß in Ottes Wahlkreis Celle eines der größten inländischen Werke des Konzerns – sowie ein 5500 Hektar großes Erprobungsgelände für Waffen, Munition und auch Panzer.

Auf Anfrage des stern wollte sich Otte jetzt nicht zu den Rheinmetall-Plänen in der Türkei äußern. Umso deutlicher hatten das in den vergangenen Wochen Politiker der Oppositionsparteien getan. Rheinmetall dürfe "jetzt keine Panzerfabrik in der Türkei bauen", forderte etwa die Vizepräsidentin des Bundestages, Claudia Roth (Grüne). Und die Linken-Vorsitzende Katja Kipping hatte wegen der Pläne für die Rheinmetall-Fabrik bereits vor einigen Tagen verlangt, die Bundesregierung müsse "ihre lukrative Industriepartnerschaft mit dem Waffenkonzern beenden".

Rheinmetall hat bisher immer versichert, man handele im Einklang mit den Vorstellungen der Bundesregierung. "In der Bewertung der Situation in Kundenländern" folge das Unternehmen "der Beurteilung der Bundesregierung", hatte ein Sprecher erklärt. Regierungssprecher Steffen Seibert wiederum vermied jede öffentliche Kritik an dem Projekt. Er bezeichnete die in der Türkei geplante Panzerfabrik als "eine unternehmerische Entscheidung", die er "für die Bundesregierung nicht zu kommentieren habe".

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