Donezk-Front

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Ukraine-Krieg: Ein ukrainischer Soldat hält ein Funkgerät zur Kommunikation

Durchbrüche der Ukraine Panzer, Raketenwerfer, Haubitze? stern-Experte: "Kommunikation entscheidet den Krieg"

Sehen Sie im Video: Ukrainer überrennen russische Stellungen – stern-Experte erklärt, wie Kommunikation die Front verschiebt.
















Gernot Kramper (stern) Das hört sich immer so unspektakulär an, aber das entscheidet diesen Krieg wirklich. Was bedeutet das eigentlich? Dass sie den Russen im Feld an Kommunikation massiv überlegen sind. Dann haben sie aber doch ein oder zwei Schwachstellen gefunden und das haben sie massiv ausnutzen können.


Hendrik Holdmann (stern) Die ukrainische Offensive im Nordosten des Landes geht weiter voran. Im Internet kursieren Videos, die zeigen, mit was für einer Geschwindigkeit die ukrainische Armee vorprescht. Teilweise mit Geländewagen, mit dem sie hinter die feindlichen Linien vordringen. Welche Rolle spielen denn eigentlich Beweglichkeit und Kommunikation in diesem Krieg?


Gernot Kramper (stern) Es ist so, dass die Ukraine an verschiedenen Stellen Angriffe gemacht haben. An verschiedenen Stellen sind diese Angriffe ja auch abgewiesen worden, obwohl die Russen da wirklich nur drittrangige Truppen in dem Moment hatten. Die sind also nicht überall durchgekommen. Dann haben sie aber doch ein oder zwei schwache Stellen gefunden und das haben sie massiv ausnutzen können. Das ist eben der große Unterschied zur russischen Kriegsführung im Moment, die ja irgendwann im Donbass auch die Ukraine zurückdrängen, aber dann gewissermaßen nur von einem Dorf, maximal ins nächste Dorf, also vier Kilometer vordringen. Die Ukrainer sind massiv durchgestoßen und ins Hinterland vorgedrungen. Was bedeutet das eigentlich? Dass sie den Russen im Feld an Kommunikation massiv überlegen sind, dass sie in der Lage sind, auch kleine Soldaten-Gruppen in der Tiefe des Raumes kommunikativ einzubinden. Man hat auch gesehen, dass sie elektronische Schlachtfelder benutzen auf Bataillons-Ebene, sogar wenn russische Generäle mit Bleistiften und Karten herumhantieren. Das hört sich immer so unspektakulär an, aber das entscheidet diesen Krieg wirklich. Weil das im Kern ja bedeutet, dass die Russen zum Teil überhaupt nicht wissen, wo die Gegner sind, auch keine Verbindung zu ihren eigenen Linien mehr haben, während die Ukrainer, obwohl ihre Truppen in gewisser Weise zerstreut sind, in der Tiefe des Raumes, sich verteilen, genau wissen, wo die sind und auch Kameras einbinden können. Bilder, Lage-Informationen, dass das alles gesammelt werden kann. Das wird über Systeme wie Starlink am Ende zusammengebunden und ist aber natürlich – im Wesentlichen ist das ja alles US-Technik – um es jetzt mal so auf den Punkt zu bringen Wir gucken immer so auf Werfer. Das liegt an den Journalisten. So ein Raketensystem oder ein Panzer oder der Gepard – das ist alles so anfassbar. Und so Technik: ja, das ist so ein Bildschirm, wie ich ihn auf dem Schreibtisch habe. Und dann sind da so Kästen bei. Also das ist halt schwer greifbar, aber das ist in der Tat extrem kriegsentscheidend. Ich würde nicht davon ausgehen, dass alle ukrainischen Truppen so ausgestattet sind, aber die guten Angriffs-Truppen sind das eben und dafür ist ist man in der Lage in der Tiefe des Raumes so zu operieren. Wobei auch hinzukommt, dass hinter den russischen Linien eben auch wenig kampfkräftige Verbände gewesen sind. Das funktioniert natürlich mit so kleinen Gruppen nicht unbedingt, wenn die jetzt auf eine gepanzerte Brigade stoßen. Da nützt die Kommunikation natürlich irgendwann auch nichts mehr. Aber was bedeutet das? Die stoßen durch. Das sind vielleicht nur 40, 50 Mann, sehen irgendwie in eine gegnerische Stellung irgendwo im Wald oder einem Dorf und können das innerhalb weniger Minuten diese Position dieser Stellung zurückgeben, an ihr Bataillon und an ein Feuer-Leitsystem. Und wenn das dann noch in der Reichweite dieser HIMARS-Werfer ist, was es wohl in der Regel sein wird, dann kann diese Position innerhalb von fünf Minuten unter Feuer genommen werden und das wird bei den Russen so nicht funktionieren. Also wenn ein General dabei ist mit Bleistift und einer Papierkarte zu arbeiten, dann wird die andere Kommunikation auch auf diesem Level sein. Und da reden wir dann nicht von Minuten, sondern bei unvorhergesehenen Situationen eher von Stunden der Reaktionszeit. Und das entscheidet diese Kriege ganz massiv. Und das ist eben auch ein wesentlicher Punkt, wie die Amerikaner Einfluss auf diesen Krieg nehmen oder wir Einfluss auf diesen Krieg nehmen, weil die Waffenlieferungen von denen vorher gesprochen wurde: panzer, Panzerhaubitzen  – das war eine Riesen-Aufregung drum. Aber dieses elektronische Kleinzeug, über das wird gar nicht diskutiert, und das fließt natürlich massiv in die Ukraine und hilft ihr auch.