Slowiansk

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Kurz den Krieg vergessen und eine kühle Erfrischung genießen. Im östlichen Donezk in der Ukraine gehen junge Männer am Rande der Stadt Slowiansk baden.
Ukraine-Russland-Krieg: Ein Soldat der Ukraine sitzt in Kramatorsk auf einem Panzer

Wichtige Donbass-Stadt "Dann nützt die Festung nichts mehr": stern-Experte über die Schwachpunkte im Kampf um Kramatorsk

Sehen Sie im Video: "Dann nützt die Festung nichts mehr" – stern-Experte über die Schwachpunkte im Kampf um Kramatorsk.














Gernot Kramper (stern) Und wenn diese Kette reißt, dann nützt dir die Festung nicht mehr so viel. Und dann müssen die Ukrainer sich irgendwie bewegen, wenn sie in eine bedrohliche Situation kommen. Die Städte werden beobachtet und überall, wo man auch mit Drohnen, das haben die Russen ja auch, ist ja nicht so, dass die keine Drohnen hätten, wo man Bewegung sieht, wo man Positionen sieht, da werden die angegriffen.


Hendrik Holdmann (stern) Nach den wichtigen Städten Lyssytschanksk und Sjewjerodonezk nimmt Russland und auch die Donbass-Großstadt Kramatorsk in den Fokus. Die Ukraine hat Kramatorsk zu einer gigantischen Festung ausgebaut. Wie wichtig wird die Schlacht um die 500.000 Einwohner Stadt?


Gernot Kramper (stern) Die Position von Kramatorsk ist eine gut zu verteidigende Position, weil das ist eine Linie von Städten. Kramatorsk ist eine der größten. Slowijansk ist bekannt, aber kleiner. Weil die Ukrainer sind eben auch so Meister darin, die Fläche mit Beton zu zu kleben. Und das sind nicht ist nicht unbedingt eine Stadt und dann ist einfach ganz viel grün, sondern das sind in Vororte, Industriegebiete, so wie man das hier bei uns auch so ein bisschen kennt. Und das heißt, es ist praktisch eine Linie, eine Perle urbaner Bebauung mit städtischen Zentren. Und die lässt sich in diesen Kriegen relativ, jedenfalls besser, verteidigen, auch weil Zivilisten da drin sind und andere Dinge und viele Gebäude sind, als würde das jetzt nur Steppe sein oder oder Felder oder so etwas. Insofern bietet sich das sehr an und es ist schwer anzunehmen, dass die Russen da frontal durchkommen werden. Aber erst mal müssen sie an die Städte herankommen. Aber man darf ja nicht vergessen, dass von Norden oberhalb von Slowijansk drücken die Russen ja auch. Und die Briten nehmen ja an, dass ihr eigentliches Ziel eventuell doch eine kühnere Operation ist. Also praktisch nicht immer nur mit einem Hammer gegen die Frontlinie, bis da was herrausbröckelt, sondern dass sie diese Städtelinie abzweigen, abschneiden. Ob das passiert, ist schwierig zu sehen. Aber die Ukrainer sind ja auch etwas schlauer geworden und ziehen sich aus sehr schwierigen Lagen zurück und lassen sich nicht unbedingt einkesseln. Der Nachteil bei der ganzen städtischen Kette ist natürlich die ganze Städtchen-Kette, die ich vorhin beschrieben habe, ist natürlich nur so stark wie der schwächste Punkt. Und das ist jetzt nicht Kramatorsk oder Artemisk, also die im Südlichen da liegen, sondern das sind kleinere Städte, die dazwischen sind. Und wenn diese Kette reißt, dann ist nützt dir die Festung nicht mehr so viel, also so, dass du in diese Stadt nicht reinkommst, weil hinter dieser urbanen Linie ist praktisch offenes Gelände. Da hört es dann auch irgendwann mal auf, dass die Ukraine das ganze Land oder in Festungen und Verteidigungsanlagen verwandelt haben. Ich würde erwarten, dass die Russen frontal nach wie vor Druck machen auf diese Linie. Aber nur mit nicht-entschlossenen Angriffen, sondern nur, um Kräfte zu binden und ukrainische Truppen abzunutzen und gleichzeitig versuchen, vor allem Slowijansk zu erreichen und hinter diese Linie zu kommen. Und müssen die Ukrainer sich irgendwie bewegen, wenn sie in eine bedrohliche Situation kommen. Ja, das hat man ja hier in Mariupol gesehen. Wenn so eine Stadt erst einmal eingeschlossen ist, dann kann man da lange Widerstand leisten. Und das ist dann auch heroisch, alles sehr heroisch. Aber man bedroht den Gegner nicht mehr, weil man sehr schnell die Fähigkeit verliert, selber in Bewegung zu kommen und den Gegner unter Druck zu setzen. Und man wird da letzten Endes zusammengeschossen und sitzt da. Na klar, in diesen Anlagen, die es aus der Sowjetzeit noch gibt, hält man das lange aus. Meistens so lange, bis man kein Verbandsmaterial mehr hat und man nichts mehr zu trinken, nichts mehr zu essen hat. So stark diese Städte ausgebaut sind, ein Einschluss ist extrem schwierig, es sei denn, es gelingt relativ zeitnah, sie wieder zu entsetzen. Aber insofern würde ich mein Augenmerk nicht auf den stärksten Punkt dieser Linie setzen.


Hendrik Holdmann (stern) Macht es aus militär taktischer Sicht Sinn, diese Stadt Kramatorsk mit massivem Artilleriebeschuss und Raketen anzugreifen und gar nicht reinzumarschieren?


Gernot Kramper (stern) Klar, das macht sie ja immer Sinn. Das muss man ja so sagen. Das ist ja diese Art von Kriegsführung. Wenn es der Ukraine nicht gelingt, die russische Artillerie abzustellen, mit diesen Mehrfachraketenwerfern oder den Munitionsnachschub abzustellen oder dass der sich erschöpft aus irgendwelchen gründen, was ja im moment alles nicht abzusehen ist – wurde ja schon immer gesagt, dass die Russen gar nicht so viel Munition, gar nicht so viel Marschflugkörper und so haben – und man sieht, dass sie improvisieren, aber dass sie irgendwo auf dem Boden sind, ist ja nicht zu erkennen. Dann ist ja genau das der Punkt. Diese Städte werden beobachtet. Nun gibt es Strong-Points, die man praktisch mit Artillerie nicht angreifen kann. Aber die Russen setzen ja auch 500-Kilo-thermobarische-Bomben ein, die drücken auf Bunker ein. Dann nützt irgendwann auch nicht mehr, dass der Bunker vier Meter Beton ab, weil die diese Bomben dann einfach alle Zugänge oben zu drücken. Dann sitzt du eben in zehn Meter Tiefe in einer Kammer und über dir ist nurr noch Geröll. Das ist eigentlich die Idee dieser Kriege, die Städte werden beobachtet und überall, wo man auch mit Drohnen, das haben die Russen ja auch. Ist ja nicht so, dass die keine Drohnen hätten, wo man Bewegung sieht, wo man Positionen sieht, da werden die angegriffen. Ja und klar, da gibt es dann eben sehr viel Zerstörung. Das hat man in Mariupol und woanders gesehen. Das ist ein riesen Apartmenthaus, so wie man das in der Sowjetunion da gerne gebaut hat, und dann ist oben ist ein Scharfschütze oder eine Position mit Anti-Panzer-Raketen, das sind dann fünf Mann oder sowas und dann wird das ganze Haus plattgemacht. Solange es an Munition keinen Mangel hat bei den Russen, funktioniert das eben, weil man kontinuierlich den Gegner militärisch abnutzt. Aber das heißt ja nichts anderes. Dass irgendeine Kompanie, die mal 180 Mann hatte, den 160 hat am nächsten Tag 150, dann vielleicht nur mal drei, dass es aber immer weniger werden und ist immer schwerer Verletzte und Tote gibt.