Die Bewerber für den diesjährigen Turner-Preis machen dem umstrittenen Ruf der vielbeachteten Kunstauszeichnung wieder einmal alle Ehre: Ein Paar aufblasbarer Sex-Puppen beim Oral-Verkehr, verfaulende Äpfel und Vasen mit schockierender Wirkung gelten als die aussichtsreichsten Exponate für 2003.
Die Londoner Tate-Galerie präsentierte am Dienstag alle nominierten Kunstwerke der Öffentlichkeit. Jugendliche unter 16 Jahren werden vor einem Besuch der Ausstellung ausdrücklich gewarnt. Galerie-Direktor Stephen Deuchar sieht die Aufregung um den mit 20.000 Pfund (etwa 29.000 Euro) dotierten Preis jedoch gelassen: "Es ist wichtig, dass jeder über Kunst redet", sagte er. "Aber manchmal wünschen wir uns, dass die Berichterstattung etwas weniger sensationsgierig wäre, und sie sich auf das konzentrieren würde, was der Künstler sagen möchte."
Die Preisverleihungen sorgen stets für Wirbel, weil mit dem Turner-Preis meist sehr ungewöhnliche Werke britischer Künstler prämiert werden. 1998 war es etwa eine aus Elefanten-Dung geformte Maria, 1995 ein eingelegtes Schaf. Zu den Favoriten dieses Jahres zählen die Brüder Jake und Dinos Chapman, die ihrer Installation zweier Sex-Puppen den Titel "Death" (Tod) gaben. Ebenfalls große Chancen werden Grayson Perry eingeräumt. Perry präsentiert kunstvoll bemalte Vasen, deren Titel bei manchem Besucher für Entsetzen sorgen dürften. Ein Gefäß beschreibt Perry etwa mit dem Satz: "Wir haben den Körper Ihres Kindes gefunden." Das Kunstwerk von Anya Gallaccio könnte sich bis zur Bekanntgabe des Preisträgers am 7. Dezember bereits stark verändert haben: Sie zeigt verrottende Äpfel an einem Baum aus Bronze.
Namensgeber der Auszeichnung ist der Künstler JMW Turner, der zu seiner Zeit (1775 bis 1851) mit seinen Arbeiten selbst für Kontroversen sorgte.