Derzeit entscheidet sich womöglich nicht nur die Zukunft der Ukraine, sondern auch die von Präsident Selenskyj. Dessen Karriere ist wundersame Wendungen gewohnt.
Die Korruptionsaffäre im Energiesektor der Ukraine weitet sich weiter aus: Nach den Rücktritten von Energieministerin Switlana Grintschuk und ihrem Vorgänger, Justizminister Herman Haluschtschenko, ist am Mittwoch auch ein Spitzenbeamter des staatlichen Energiebetreibers freigestellt worden. Die Regierung habe beschlossen, den Vizepräsidenten von Energoatom "mit sofortiger Wirkung" zu suspendieren, teilte Regierungschefin Julia Swyrydenko mit. Während die Behörden mehrere Festnahmen in dem Fall meldeten, wurden Rufe nach einem Rücktritt der Regierung laut.
Die Lage um das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja, das von russischen Truppen besetzt ist, soll sich zuspitzen. Russland evakuiert offenbar Mitarbeiter und stationiert Waffen auf dem Gelände. Der ukrainische Betreiber warnt vor unabsehbaren Folgen.
Der Atomkonzern Enerhoatom wirft den russischen Truppen im besetzten AKW Saporischschja die Verschleppung und Folterung von Kraftwerksmitarbeitern vor.
STORY: Nach der Beschädigung einer Hochspannungsleitung des russisch besetzten Kernkraftwerks Saporischschja durch Artilleriebeschuss hat der ukrainische Betreiber einen der Reaktoren vom Netz genommen. Während der Energieversorger Energoatom russische Truppen für den Beschuss am Freitag verantwortlich machte, wiesen Russland und die örtliche, von Russland eingesetzte Stadtverwaltung dem ukrainische Militär die Verantwortung zu. Es sei keine Radioaktvität ausgetreten, teilte Energoatom mit. Nach dem Beschuss des Atomkraftwerks hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Sanktionen gegen Russlands Nuklearindustrie gefordert. Denn wer atomare Bedrohungen für andere Völker schaffe, sei definitiv nicht in der Lage, Nukleartechnologie sicher einzusetzen, sagte Selenskyj in einer Videoansprache in der Nacht. Konkret forderte er etwa Strafmaßnahmen gegen den russischen Staatskonzern Rosatom. Das Atomkraftwerk Saporischschja war im März von der russischen Armee besetzt worden, wird aber weiterhin von dem ukrainischen Staatskonzern Energoatom und dessen Belegschaft betrieben. Die Ukraine und die USA beschuldigen Russland, das Kernkraftwerk als Schutzschild zu missbrauchen.